Recht und Steuern

Existenzgründung als Handelsvertreter

Wer ist Handelsvertreter?

Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig für einen anderen Unternehmer tätig ist und in dessen Namen und für dessen Rechnung Geschäfte vermittelt oder abschließt (§ 84 Abs. 1 HGB).
Der Handelsvertreter unterscheidet sich dadurch vom
  • Kaufmann (z. B. Großhändler), der im eigenen Namen und für eigene Rechnung handelt,
  • Kommissionär, der zwar ebenfalls für fremde Rechnung, aber im eigenen Namen handelt
  • angestellten Handlungsreisenden
  • Handelsmakler, der Geschäfte nur von Fall zu Fall für verschiedene Unternehmer erledig.
Als Handelsvertreter  sind Sie ständig für einen oder mehrere bestimmte Unternehmer tätig. Allerdings können die verschiedenen Vertriebswege auch kombiniert werden (z. B. Handelsvertretung und Eigengeschäft).
Als selbständiger Handelsvertreter können Sie im wesentlichen Ihre Tätigkeit frei gestalten und Ihre Arbeitszeit selbst bestimmen. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, gilt der Vermittler als Angestellter (auch „Handlungsreisender“ genannt). In diesem Falle sind sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten zu beachten. Beachten Sie bitte auch unsere Informationen zur Scheinselbständigkeit
Einen vorgeschriebenen Berufsweg gibt es für den Handelsvertreterberuf nicht. Es ist allerdings von Vorteil, wenn Sie eine kaufmännische oder eine technische Ausbildung absolviert haben sowie Kenntnisse der jeweiligen Branche vorweisen können. Grundsätzlich hat es sich als zweckmäßig erwiesen, vor der Selbständigkeit als angestellter Geschäftsreisender den Kundenbesuch und den Verkauf beim Kunden kennenzulernen.

Welche Arten der Handelsvertretertätigkeit gibt es?

Einfirmen-/Mehrfirmenvertreter

Als Einfirmenvertreter dürfen Sie nur für dieses eine Unternehmen tätig werden. In der Regel verfügt dieses Unternehmen über ein so vielfältiges Sortiment, dass Sie damit voll ausgelastet sind. Ist dies nicht der Fall, gibt es noch die Möglichkeit des Mehrfirmenvertreters. Als Mehrfirmenvertreter vertreten Sie mehrere Firmen mit verschiedenen Produkten. Um Interessenkonflikte auszuschließen, dürfen Sie in diesem Fall keine Produkte miteinander konkurrierender Unternehmen vertreten (Konkurrenzverbot).

Vermittlungsvertreter/Abschlussvertreter

Als Vermittlungsvertreter sind Sie lediglich mit der Vermittlung von Geschäften betraut, als Abschlussvertreter können Sie den Vertragsschluss im Namen des Unternehmers selbst herbeiführen.

Bezirksvertreter/Alleinvertreter

Bezirksvertreter sind Sie, wenn Ihnen ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis vom Unternehmer fest zugewiesen ist. Sie haben in diesem Fall auch dann Anspruch auf Provision, wenn ohne Ihre Mitwirkung in Ihrem Bezirk Verträge abgeschlossen werden (§ 87 Abs. 2 HGB). Alleinvertreter ist ein Bezirksvertreter, dem sein Unternehmen zusätzlich einen erhöhten Kundenschutz einräumt. Als Alleinvertreter haben Sie Anspruch darauf, dass die von Ihnen vertretene Firma in Ihrem Bezirk weder selbst noch durch andere Beauftragte tätig wird.
Hinweis: Eine derartige Alleinvertreterstellung muss sich eindeutig aus dem Vertrag mit dem Unternehmen ergeben. Allein die Bezeichnung „Generalvertreter" genügt nicht ohne weiteres.
Gemäß § 1 HGB ist jeder Gewerbetreibende Kaufmann, es sei denn, dass sein Unternehmen einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.
Für Sie als Handelsvertreter bedeutet dies, dass Sie grundsätzlich Kaufmann sind und die betreffenden Vorschriften beachten müssen, wenn Ihr Geschäft nicht einen so geringen Umfang hat, dass es kaufmännische Einrichtungen, insbesondere eine kaufmännische Buchführung, nicht erfordert. Anhaltspunkte sind die Vielfalt Ihrer Produktpalette mit etwaiger Lagerhaltung, der Umfang Ihrer Geschäftsbeziehungen, die Größe Ihres Umsatzes, die Anzahl Ihrer Beschäftigten, die Inanspruchnahme von Kredit.
Wenn Sie kein Kaufmann sind, können Sie sich jedoch gemäß § 2 HGB in das Handelsregister eintragen lassen. Dann stehen Sie einem Kaufmann im Sinne des § 1 HGB gleich.
Der sogenannte Minderkaufmann wurde durch die Gesetzesreform abgeschafft. Wenn Sie für Ihre Handelsvertretung die Rechtsform einer GmbH wählen, ist diese gemäß § 6 HGB Kaufmann kraft Rechtsform.

Vorschriften für Kaufleute

Als Kaufmann sind Sie gemäß § 29 HGB verpflichtet, Ihre Firma beim Handelsregister anzumelden. 
  • Phantasiebezeichnungen (z. B. Topsell) sind ebenso zulässig, wie Sach- und Personalfirmen (z. B. W. Hansen Handelsvertretung). Unzulässig sind allerdings Bezeichnungen wie z. B. "Sicherheit + Technik" oder "Leasingpartner". Ihnen fehlt die nötige Unterscheidungskraft, die das Unternehmen anhand der Firma individualisierbar machen soll.
  • Die Firma darf keine Angaben enthalten, die ersichtlich geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen.
  • Ihre Firma muss einen Hinweis auf die Rechtsform (z. B. GbR, GmbH, KG, OHG) oder Ihre Kaufmannseigenschaft (eingetragener Kaufmann, e. K.) enthalten.
  • Angaben auf Geschäftsbriefen, § 37 a HGB: Firma, Rechtsformzusatz, Ort Ihrer Niederlassung, Registergericht und Handelsregisternummer müssen auf Ihren Geschäftsbriefen, sofern diese an bestimmte Empfänger gerichtet sind, angegeben sein.
  • Buchführung: Sie sind zur ordnungsgemäßen Buchführung gemäß § 238 Abs. 1 HGB verpflichtet.
Wichtig: Die folgenden Vorschriften über den Handelsvertreter gelten unabhängig von der Kaufmannseigenschaft, § 84 Abs. 4 HGB.

Ihre Pflichten als Handelsvertreter

Vermittlungs- und Abschlusspflicht (§ 86 Abs.1, 1. Hs. HGB)

Sie müssen sich ständig um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften bemühen

Interessenwahrnehmungspflicht (§ 86 Abs. 1, 2. Hs. HGB)

Sie müssen immer das Interesse des von Ihnen vertretenen Unternehmens wahrnehmen, also zum Beispiel auch die Kundenbetreuung nach Abschluss des Geschäfts.

Berichtspflicht (§ 86 Abs. 2 HGB)

Sie müssen Ihre Geschäftsvermittlungen und -abschlüsse sowie etwaige Vertragsverletzungen unverzüglich dem von Ihnen vertretenen Unternehmen mitteilen.

Verschwiegenheitspflicht (§ 90 HGB)

Sie dürfen keine Betriebsgeheimnisse nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verwerten.

Wettbewerbsverbot/Konkurrenzverbot

Dieses Verbot ergibt sich aus der Pflicht zur Interessenwahrnehmung. Sie dürfen, auch wenn dies vertraglich nicht ausdrücklich geregelt ist, im Geschäftszweig Ihres vertretenen Unternehmens nicht für eine Konkurrenzfirma tätig sein. Dies gilt auch für Mehrfirmenvertreter.
Produkte von Konkurrenzfirmen dürfen Sie nur vertreiben, wenn sie nicht im Wettbewerb mit den Produkten der bereits von Ihnen vertretenen Firmen stehen. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn sie ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden, d. h. beide betroffenen Unternehmen müssen zustimmen. Verstöße gegen ein Wettbewerbsverbot können zu einer fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigen.
Achtung: Vertraglich kann darüber hinaus auch ein Erweiterungsverbot auf Substitutionsprodukte vereinbart werden, beispielsweise dürften Sie dann als Butter-Handelsvertreter nicht gleichzeitig Margarine des Konkurrenten vertreten.
Ein Wettbewerbsverbot, das sich auf die Zeit nach Vertragsbeendigung bezieht, ist regelmäßig nur wirksam, wenn eine schriftliche Vereinbarung vorliegt. Dem Handelsvertreter steht in diesem Falle eine angemessene Entschädigung zu. Das Wettbewerbsverbot kann längstens für zwei Jahre ab Vertragsbeendigung vereinbart werden. Es darf sich nur auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis beziehen.

Aufbewahrungs- und Herausgabepflichten

Weitere Pflichten können vertraglich vereinbart werden, z. B. die Pflicht zur Lagerhalterung oder zum Kundendienst.

Die Pflichten des vertretenen Unternehmens

Provisionszahlungspflicht (§ 87 Abs. 1 HGB)

Das Unternehmen muss Ihnen für jedes abgeschlossene von Ihnen vermittelte Geschäft eine Provision zahlen.

Überlassungspflicht (§ 86 a Abs. 1 HGB)

Das Unternehmen muss Ihnen alle zur Ausübung Ihrer Tätigkeit erforderlichen Unterlagen unentgeltlich überlassen.

Informationspflicht (§ 86 a Abs. 2 HGB)

Die Annahme und Ablehnung der von Ihnen vermittelten Geschäfte muss Ihnen ebenso unverzüglich mitgeteilt werden, wie die Änderungen der Produktpalette oder im Vertriebssystem und bevorstehende Betriebseinstellungen, -veräußerungen oder Fusionen. Gleiches gilt, wenn der Umfang der Geschäfte wesentlich geringer sein wird, als der Handelsvertreter es normalerweise hätte erwarten dürfen.

Allgemeine Unterstützungs- und Treuepflicht

Dem Unternehmen ist es beispielsweise verboten, in Konkurrenz zum eigenen Handelsvertreter zu treten.
Achtung: Von § 86 a Abs. 1, 2 HGB abweichende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 86 a Abs. 3 HGB).

Provision und Ausgleichsanspruch

Die übliche Vergütung des Handelsvertreters ist die Provision (§ 87 HGB). Sie ist eine Erfolgs- und keine Leistungsvergütung. Sie ist erst dann verdient, wenn das von Ihnen vertretene Unternehmen das vermittelte Geschäft ausgeführt hat.
Provisionen werden grundsätzlich nur für Geschäfte gezahlt, die auf Ihre Aktivitäten zurückzuführen sind. Hierunter fallen auch Nachbestellungen der Kunden, die Sie für das Unternehmen geworben haben. Es muss sich allerdings um Geschäfte der gleichen Art handeln.
Eine Besonderheit gilt für den Bezirksvertreter (siehe oben): Als Bezirksvertreter haben Sie einen Provisionsanspruch für alle in Ihrem Bezirk oder mit Ihrem Kundenkreis vom Unternehmer abgeschlossenen Geschäfte, selbst wenn diese ohne Ihre Mitwirkung zustande gekommen sind.
Die Provisionsvergütung ist nicht zwingend, vielmehr sind auch Sondervereinbarungen über spezielle Vergütungsformen möglich, beispielsweise ein Fixum, Entgelte für die Betreuung und Pflege von Kundenbeständen oder Gewinnbeteiligungen.
Die Provisionshöhe ist frei gestaltbar und wird vertraglich vereinbart, ansonsten gilt nach § 87 b HGB der übliche Satz. Sie ist je nach Branche und vertretenem Produkt sehr unterschiedlich.
Der Provisionsanspruch entfällt, wenn feststeht, dass der von Ihnen akquirierte Kunde das vermittelte Geschäft nicht erfüllt oder wenn der Geschäftsabschluss aus Gründen unterbleibt, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat (§ 87 a HGB).
Als Handelsvertreter haben Sie Anspruch auf eine monatliche Provisionsabrechnung (§ 87 c HGB). Dieser Zeitraum kann vertraglich auf bis zu drei Monate verlängert werden. Die Abrechnung hat spätestens bis zum Ende des nächsten Monats und schriftlich zu erfolgen. Sie muss beinhalten, in welcher Höhe Ihnen ein Provisionsanspruch zusteht, wie sich dieser zusammensetzt und wie er sich errechnet.
Im Falle der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses hat der Handelsvertreter nach §89 b HGB einen Ausgleichsanspruch gegen den Unternehmer. Hiermit soll die Schaffung eines Kundenstammes vergütet werden, die durch die bezahlten Provisionen noch nicht abgegolten ist.

Gewerbeanmeldung, Rentenversicherung

Ihr Gewerbe als Handelsvertreter müssen Sie bei Ihrem zuständigen  Ordnungsamt anzeigen. Am einfachsten ist eine elektronische Gewerbemeldung über das Wirtschaftsserviceportal NRW
Wichtig:  „Arbeitnehmerähnliche" Selbständige müssen die vollen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Ob Sie als Handelsvertreter „arbeitnehmerähnlicher" Selbständiger sind, muss im Einzelfall ermittelt werden. 

Der Handelsvertretervertrag

Grundsätzlich benötigt der Vertrag zwischen Ihnen und dem von Ihnen vertretenen Unternehmen keine besondere Form. Jeder Vertragspartner kann aber gemäß § 85 HGB verlangen, dass der Inhalt des Vertrags schriftlich festgelegt wird.
Die Übernahme eines Delkredere, bei der sich der Handelsvertreter verpflichtet, für die Erfüllung des Geschäftes dem Unternehmer einzustehen, bedarf allerdings der Schriftform (§ 86 b Abs. 1 HGB). Gleiches gilt für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes des Handelsvertreters (§ 90a Abs. 1. S.1 HGB).
Bei der Verwendung von Musterverträgen sind die Bestimmungen des "Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz)" zu beachten. Nach § 305 BGB sind u. a. Vertragsklauseln unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders eines Mustervertrages entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Die IHK Köln bietet ihren Mitgliedsunternehmen und Existenzgründenden im Bezirk der IHK Köln einen Mustervertrag an.
Ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Handelsvertretervertrag endet mit Zeitablauf. Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag kann innerhalb der Fristen des § 89 Abs. 1 HGB gekündigt werden. Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt im
  • Im ersten Vertragsjahr einen Monat,
  • im zweiten Jahr zwei Monate,
  • im dritten bis fünften Jahr drei Monate und
  • nach dem fünften Jahr sechs Monate.
Die Kündigung ist jeweils zum Monatsende zulässig, soweit keine abweichende Vereinbarung getroffen worden ist. Längere Kündigungsfristen können im Vertrag vereinbart werden, nicht aber kürzere. Bei gerechtfertigter Kündigung aus wichtigem Grund müssen die Fristen nicht eingehalten werden.

Checkliste zur Vertragsabfassung

Die nachstehende Checkliste enthält keine vorformulierten Vertragsklauseln, sondern gibt Anhaltspunkte zur Prüfung, inwieweit alle wesentlichen Vertragspunkte angesprochen sind:
  • Genaue Bezeichnung der beiden Vertragsparteien
  • Genaue Bezeichnung der Art des Handelsvertreters (z. B. Bezirksvertreter)
  • Abgrenzung des Vertreterbezirks (z.B. Hamburg)
  • Gegenstand der Vertretung (z.B. welche Produkte, welche Kunden)
  • Aufgaben und Befugnisse des Handelsvertreters (z. B. Abschlussvollmacht)
  • Pflichten des Handelsvertreters
  • Pflichten des Unternehmers
  • Provision
  • Dauer des Vertrages
  • Rückgabe von Gegenständen, Aufrechnung und Zurückbehaltung
  • Ausgleichsanspruch (z.B. Art und Weise der Berechnung)
  • Wettbewerbsabreden und -verbote
  • Abgeltung, Abtretung und Verjährung von Ansprüchen
  • Gerichtsstand und Erfüllungsort
  • Ergänzende Vertragsvereinbarungen
  • Auslandstätigkeit
  • evtl. Schiedsgerichtsvereinbarung
  • Datum und Unterschriften beider Vertragsparteien

Die Vertretung ausländischer Unternehmen

Nach Angaben der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb e. V. (CDH) vertreten mehr als 50 % aller Handelsvertretungen mindestens ein ausländisches Unternehmen in Deutschland. Wenn Sie ein ausländisches Unternehmen vertreten möchten, muss geklärt werden, welches Recht auf diesen Vertrag Anwendung finden soll. Wenn die Vertragspartner sich hierüber nicht vertraglich geeinigt haben, gilt in aller Regel das Recht des Staates, in dem der Handelsvertreter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Niederlassung hat. 
Innerhalb der europäischen Staaten ist durch die europäische Handelsvertreterrichtlinie weitgehend ein einheitlicher Schutzstandard für den Handelsvertreter gewährleistet. Die Handelsvertreterrechte der verschiedenen Staaten der EU sind aber nicht identisch. So sehen die Handelsvertreterrechte der EU-Mitgliedsstaaten durchaus unterschiedliche Regelungen etwa beim nachvertraglichen Wettbewerbsverbot oder zu der Maximalhöhe des Ausgleichsanspruchs vor.