IHK-Merkblatt (Stand: Februar 2024)

Arbeitszeugnis

1. Allgemeines

Rechtsgrundlage für die Erteilung eines Arbeitszeugnisses ist § 109 GewO (Gewerbeordnung): Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit enthalten, sogenanntes einfaches Zeugnis. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken, sogenanntes qualifiziertes Zeugnis. Anspruch auf ein Zeugnis haben auch arbeitnehmerähnliche Personen, freie Mitarbeiter und Leiharbeitnehmer. Der Zeugnisanspruch entsteht "bei Beendigung" des Arbeitsverhältnisses, also spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist. 

2. Zeugnisarten

Zu unterscheiden ist grundsätzlich zwischen einem einfachen Zeugnis, das sich lediglich auf den Nachnamen, Vornamen, Beruf und Titel des Beschäftigten, die Art und Dauer des Dienstverhältnisses erstreckt und dem qualifizierten Zeugnis. Das qualifizierte Zeugnis enthält zusätzlich zu dem Inhalt des einfachen Zeugnisses Angaben über die Leistung und das Verhalten des Beschäftigten. Darüber hinaus gibt es noch das Zwischenzeugnis. Hierfür müssen die Angestellten ein berechtigtes Interesse darlegen. 

3. Zeugnisform

Nach § 109 Absatz 1 GewO ist das Zeugnis schriftlich zu erteilen. Die elektronische Form ist in § 109 Absatz 3 GewO ausdrücklich ausgeschlossen. Weiterhin muss das Zeugnis auf Geschäftspapier (Firmenbogen) ausgestellt werden, sofern das Unternehmen Geschäftspapier besitzt und im Geschäftsverkehr auch benutzt. Unterschrieben werden muss das Zeugnis im Original - grundsätzlich vom Arbeitgeber oder einem Vertreter des Arbeitgebers.

4. Inhalt des Zeugnisses

Das Zeugnis soll ein Gesamtbild des Arbeitsverhältnisses und des Arbeitnehmers wiedergeben. Hat der Arbeitgeber bereits ein Zwischenzeugnis erteilt, dann ist er grundsätzlich an diesen Aussagen und Formulierungen gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn er dafür nicht verantwortlich war, weil er z.B. durch einen Betriebsübergang erst später in das Arbeitsverhältnis eingetreten ist. Inhaltlich müssen das Gebot der Zeugniswahrheit und der wohlwollenden Beurteilung beachtet werden. Bei den Formulierungen sollte darauf geachtet werden, dass weder verschlüsselte, widersprüchliche noch doppeldeutige Aussagen gemacht werden. Der Grundsatz der Zeugniswahrheit wird insofern ergänz durch das Verbot, das weitere berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers zu erschweren.
Für die Beurteilung der Leistung haben sich feste Formulierungen eingebürgert, die einer Notenskala entsprechen:
„sehr gut“
...stets zu unserer vollsten Zufriedenheit...
„gut“
…zu unserer vollsten Zufriedenheit...
...stets zu unserer vollen Zufriedenheit...
„befriedigend“
...zu unserer vollen Zufriedenheit...
…stets zu unserer Zufriedenheit…
„ausreichend“
...zu unserer Zufriedenheit...
„mangelhaft“
...insgesamt zu unserer Zufriedenheit...
...war bemüht zu unserer Zufriedenheit...
Für die Beurteilung des persönlichen Verhaltens hat sich folgende Formulierungspraxis entwickelt:
„sehr gute Führung“
…war stets vorbildlich…
„gute Führung“
…war vorbildlich…
„voll befriedigende Führung“
…war stets einwandfrei/korrekt…
„befriedigende Führung“
…war einwandfrei/korrekt…
„ausreichende Führung“
…war ohne Tadel…
„mangelhafte Führung“
…gab zu keiner Klage Anlass…
„unzureichende Führung“
Über ihn/sie ist uns nichts Nachteiliges bekannt geworden.
Abmahnungen, Beendigungsgründe (nur auf ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters), Einkommen, Fehlzeiten (nur, wenn sie außer Verhältnis zur tatsächlichen Arbeitsleistung stehen), fristlose Kündigung, Gesundheitszustand, Krankheiten, Straftaten, Vertragsbrüche, etc. dürfen nicht in einem Arbeitszeugnis erwähnt werden. Vielfach finden sich in Arbeitszeugnissen auch Hinweise, dass der Arbeitgeber für Nachfragen zur Arbeitsqualität des Arbeitnehmers zur Verfügung stehe. Auch solche Hinweise sind im Allgemeinen nicht zulässig und verstoßen gegen § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO.
Häufig kommt es vor, dass ausscheidende Angestellte Wünsche für die Zeugniserstellung äußern oder gar einen Zeugnisentwurf dem Arbeitgeber vorlegen. Hier gilt, dass der Arbeitgeber weder berechtigt ist, einen solchen Entwurf von dem Arbeitnehmer zu verlangen noch ist er verpflichtet, dem Zeugnisentwurf des Arbeitnehmers zu folgen. Aussteller des Zeugnisses bleibt allein der Arbeitgeber.

5. Der Aufbau des Zeugnisses

Hinsichtlich der Formulierung von qualifizierten Arbeitszeugnissen hat sich folgendes Aufbauschema entwickelt und in der Praxis durchgesetzt:
Überschrift
Zeugnis Arbeitszeugnis, Zwischenzeugnis oder Praktikumszeugnis
Einleitung
Persönliche Daten des Arbeitnehmers und Dauer des Arbeitsverhältnisses
Tätigkeitsbeschreibung
Tätigkeitsbeschreibung, Kompetenzen und Position im Unternehmen
Leistungsbeurteilung
Arbeitsbereitschaft (Motivation), Arbeitsbefähigung (Belastbarkeit, Fachkenntnisse, Weiterbildungsaktivitäten), Arbeitsweise (Arbeitsökonomie, Arbeitstempo, Durchsetzungsfähigkeit), Arbeitserfolg (Arbeitsqualität) und die Führungsleistung bei Führungskräften
Verhaltensbeurteilung
Persönliches Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen und Dritten (z.B. Lieferanten, Kunden)
Schlussformel
Eine Wunsch-, Dankes- und Bedauernsformel ist kein rechtlich notwendiger Bestandteil eines Arbeitszeugnisses. Ist ein Arbeitnehmer mit der Schlussformulierung nicht einverstanden, kann er lediglich ein Zeugnis ohne Schlussformel verlangen.
Unterschrift des Zeugnisausstellers
Ausstellungsdatum, Ort und Unterschrift und Hinweis auf die Position des Unterzeichners

6. Aushändigung des Zeugnisses

Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer sein Zeugnis selbst abholen. Es handelt sich hierbei, wie auch bei den anderen Arbeitspapieren des Arbeitnehmers, um eine Holschuld. Der Arbeitgeber muss jedoch spätestens zum letzten Tag des Ablaufs der Kündigungsfrist das Arbeitszeugnis zusammen mit den anderen Arbeitspapieren bereithalten. Andernfalls muss er dem Arbeitnehmer auf seine Gefahr und seine Kosten das Zeugnis übersenden.

7. Zeugnisberichtigungsanspruch

Hat der Arbeitgeber den Zeugnisanspruch nicht ordnungsgemäß erfüllt, kann der Arbeitnehmer ggf. einen Zeugnisberichtigungsanspruch geltend machen. Meistens geht es hier um die Streichung falscher, widersprüchlicher oder aber auch verschlüsselter Formulierungen und weniger darum, welche vom Arbeitnehmer gewünschten Formulierungen in das Arbeitszeugnis aufzunehmen sind.

8. Verwirkung des Zeugnisanspruchs

Der Zeugnisanspruch des Arbeitnehmers kann auch verwirkt sein. Eine Verwirkung kann eintreten, wenn der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses nicht innerhalb einer angemessenen Frist geltend macht und bei dem Arbeitgeber dadurch die Überzeugung entsteht, der Zeugnisanspruch werde nicht mehr geltend gemacht. Eine starre Grenze für die Verwirkung gibt es nicht, vielmehr handelt es sich hierbei immer um eine Einzelfallentscheidung. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem alten Urteil mal entschieden, dass das Zeitmoment des Verwirkungstatbestandes bereits nach 10 Monaten erfüllt sein kann. Aber auch hier ist danach zu differenzieren, welche Art des Zeugnisses verlangt wird. Ein einfaches Zeugnis, wird der Arbeitgeber in aller Regel auch noch nach einigen Monaten erstellen können.
 
Hinweis
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK - nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.