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IHK-Barometer: Was die Wirtschaft fordert

Die deutschen Unternehmen erwarten von der künftigen Bundesregierung deutlich mehr Tempo und ein besseres Umfeld für ihre erforderlichen Investitionen.
Das geht aus dem am Mittwoch, 29. September, vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) veröffentlichten
hervor. Die Ergebnisse basieren auf Antworten von rund 3.500 Betrieben aus allen Branchen und Regionen der Industrie- und Handelskammern (IHKs). „Digitalisierung, Klimaschutz und der Fachkräftemangel sind für die Unternehmen die wichtigsten Zukunftsthemen. Sie haben die Sorge, dass Deutschland hier zunehmend an Boden verliert”, fasst DIHK-Präsident Peter Adrian die Antworten zusammen.
„Unsere Wirtschaft braucht jetzt einen spürbaren Investitions-Ruck in Deutschland. Richtschnur für den neuen Koalitionsvertrag sollte deshalb sein, private und öffentliche Investitionen zu fördern. Wir müssen zügiger entscheiden können. Deutschland darf zwar weiterhin besonders gründlich sein, aber nicht langsamer als der Rest der Welt. Die Unternehmen sehen sich allzu oft durch komplexe Regulierungen, langwierige Verfahren und praxisferne Vorgaben ausgebremst.”
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Top-Thema Digitalisierung
Als wichtigstes Thema, das die künftige Bundesregierung zuerst anpacken soll, sehen die Unternehmen mit 61 Prozent: „Digitalisierung vorantreiben”. Danach rangiert „Verwaltungsleistungen verbessern und beschleunigen” (41 Prozent). „Ohne eine leistungsfähige digitale Infrastruktur und eine schnelle Verwaltung werden die Unternehmen ihre großen Zukunftsaufgaben hierzulande ebenso wie im weltweiten Wettbewerb nicht bewältigen können”, betont Adrian. „Umso dringlicher ist, dass wir jetzt Hindernisse aus dem Weg räumen.”
Zu den wichtigsten fünf Unternehmensthemen für die neue Bundesregierung gehören zudem: „Klimapolitik investitionssicher und wettbewerbsfähig gestalten” (39 Prozent), „Unternehmensbesteuerung modernisieren” (33 Prozent) sowie „Staatliche Belastung des Strompreises reduzieren” (31 Prozent). „Entlastungen bei Strompreisen und Unternehmenssteuern können dafür sorgen, dass Unternehmen wieder mehr in Menschen, Maschinen und den Klimaschutz investieren können“, so Adrian. „Das ist die Basis für eine positive Zukunft und nachhaltiges Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Deutschland.“
Standortqualität aus Unternehmenssicht verschlechtert
Die Betriebe bewerten aktuell die meisten Standortfaktoren für ihre wirtschaftliche Entwicklung deutlich schlechter als vor vier Jahren. Schlusslicht ist die Bürokratie mit einer Durchschnittsnote von 4,8 – das sind nochmals 0,5 Punkte weniger als 2017. „Gerade nach den Erfahrungen der Corona-Krise fordern die Unternehmen immer nachdrücklicher, sich nicht mehr mit unklaren Regelungen und sich wiederholenden Datenangaben in Papierform befassen zu müssen“, erläutert der DIHK-Präsident diesen Punkt. Auch den Ausbau der digitalen Infrastruktur etwa bei Glasfaserleitungen beurteilen die Betriebe als schlecht (Note 4,3 nach 3,7 vor vier Jahren). Adrian: „In der Praxis erleben viele Betriebe langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren, die immer noch nicht digitalisiert sind. Öffentliche Investitionen in eine schnelle digitale Verwaltung sind deshalb dringend nötig, damit Unternehmen zügiger investieren können.“
Energiekosten bremsen Investitionen aus
Besonders negativ bewerten die Betriebe die Strom- und Energiekosten (Durchschnittsnote jeweils 4,5). Bei den gewerblichen Strompreisen ist Deutschland in fast allen Verbrauchsgruppen europäischer Spitzenreiter – die Bewertung dieses Standortfaktors sackt mit minus 0,8 Notenpunkten im Vergleich zum Jahr 2017 am stärksten ab. In der Industrie vergeben die mittelständischen Unternehmen bei den Stromkosten sogar eine glatte 5. Aber auch die nationale Sonder-CO2-Bepreisung fossiler Brennstoffe treibt die Energiekosten vieler Industrieunternehmen weiter in die Höhe und belastet deren Wettbewerbsfähigkeit auch innerhalb Europas. „Das bremst Investitionen in klimafreundliche Antriebe, Technologien und Produktionsanlagen“, so der DIHK-Präsident. So haben die Unternehmen im letzten Jahr insgesamt 13 Prozent weniger in Ausrüstung wie Maschinen und technische Anlagen investiert. „Klimaneutralität werden wir aber nur mit vielen privaten Investitionen erreichen können“, gibt Adrian zu bedenken.
Ebenfalls kritisch sehen die Unternehmen die Situation beim Fachkräfteangebot und die hohen Unternehmenssteuern (jeweils 4,0). Luft nach oben gibt es zudem bei der Verkehrsinfrastruktur (3,5) und der Verfügbarkeit von Gewerbeflächen (3,6). Nach wie vor eher positiv schätzen Unternehmen die duale Berufliche Bildung, die Rechtssicherheit in Deutschland sowie die Situation bei Forschung und Innovation ein. Allerdings fiel auch hier die Bewertung etwas schlechter aus als noch 2017.