Regionale Wirtschaft hofft auf Trendwende
Aufbruchstimmung und eine euphorische Sommerlaune mag bei der regionalen Wirtschaft in Nordostniedersachsen noch nicht aufkommen. Das zeigt die Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für das zweite Quartal 2025, für die im Juni und Juli 674 Betriebe aus den Landkreisen Harburg, Heidekreis, Lüneburg, Lüchow-Dannenberg, Uelzen und Celle ihre aktuelle und zukünftige Wirtschaftslage eingeschätzt haben. Der Konjunkturklimaindikator verharrt bei 94 Punkten – und damit zwar zwei Punkte über dem Wert für ganz Niedersachsen, aber deutlich unter den 106 Punkten unmittelbar vor Beginn der Coronapandemie.
„Die regionale Wirtschaft wird weiterhin durch hohe Energie- und Arbeitskosten, hohe Steuern und ausufernde Bürokratie ausgebremst und der Wachstumsmotor ist noch nicht angesprungen“, sagt IHKLW-Hauptgeschäftsführer Michael Zeinert. „Die Betriebe halten aus diesem Grund Investitionen zurück und warten ab. Zudem schwächelt die Nachfrage nach ihren Produkten im In- und Ausland.“
Während sich die Stimmung der übrigen Wirtschaftsbereiche etwas aufhellt, ist der Großhandel die einzige Branche, deren Konjunkturklimaindex um 14 Punkte auf 72 Punkte zurückgegangen ist. “Im Großhandel drücken die schwache Inlandsnachfrage und die steigenden Arbeitskosten gewaltig auf die Stimmung, sodass sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen pessimistischer bewertet werden als noch im Frühjahr”, sagt Zeinert. In den übrigen Branchen verbessert sich das Konjunkturklima. Der Klimaindex der Dienstleistungsbranche legt am stärksten zu und verbessert sich um elf auf nun 98 Punkte, da insbesondere von den personenbezogenen Dienstleistern die aktuelle Geschäftslage deutlich positiver eingeschätzt wir als im Vorquartal. Auch der Indikatorwert des Einzelhandels steigt um fünf Punkte auf einen Wert von 90 Punkten. Die Industriebetriebe zeigen sich im Vergleich zum Vorquartal aufgrund rückläufiger Auftragseingänge zwar unzufriedener mit ihrer aktuellen Geschäftslage, blicken aber weniger skeptisch auf das Geschäft in den kommenden zwölf Monaten. Deshalb verbessert sich der Konjunkturklimaindex der Industrie um vier Punkte auf nun 93 Punkte.
Die Entwicklung des IHK-Konjunkturklimaindikators der Gesamtwirtschaft beruht laut IHKLW auf zwei Faktoren: Zum einen auf den Beurteilungen der aktuellen Geschäftslage und zum anderen auf den Geschäftsprognosen. In der aktuellen Konjunkturumfrage bezeichnen 24 Prozent der befragten Betriebe ihre Geschäftslage als gut, 53 Prozent sehen sie als befriedigend an und 23 Prozent aller Unternehmen beurteilen ihre Situation als schlecht. Mit Skepsis blicken die Unternehmen auf die Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten: Der Anteil der Betriebe, die meinen, ihr Geschäftsniveau halten zu können, beträgt 57 Prozent. Gleichzeitig rechnen 28 Prozent der befragten Unternehmen mit geschäftlichen Einbußen und nur 15 Prozent erwarten bessere Geschäfte – unterm Strich überwiegen damit die negativen Vorhersagen immer noch deutlich.
Als Top-Risiko für die Geschäftsentwicklung benennen die Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. 58 Prozent der befragten Betriebe sehen darin ein erhebliches Risiko für ihre künftige Geschäftsentwicklung. „Dass der Wert im Vergleich zum Vorquartal um zehn Prozentpunkte zurückgegangen ist, zeigt, dass die von der neuen Bundesregierung angekündigten und teilweise schon auf den Weg gebrachten Maßnahmen Hoffnung wecken. Wichtig ist jetzt, dass die angekündigten öffentlichen Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Sicherheit durch Strukturreformen ergänzt werden. Dann können wir den Investitionsstau auflösen und den Wachstumsmotor zum Laufen bringen“, schlussfolgert Zeinert. Er verweist darauf, dass 90 Prozent der Gesamtinvestitionen in Deutschland private Investitionen seien. Um Anreize für mehr private Investitionen zu schaffen, braucht es investitionsfreundliche Rahmenbedingungen wie eine moderne, digitale und leistungsfähige Verwaltung, weitere Schritte beim Bürokratieabbau und noch mehr Tempo bei Planungs- und Genehmigungsverfahren. „Wenn öffentliche Investitionen und Strukturreformen Hand in Hand gehen, kann Nordostniedersachsen auf Wachstumskurs gebracht werden.“
Als weiteres Risiko für ihre Geschäftsentwicklung schätzen 43 Prozent der Betriebe den Fach- und Arbeitskräftemangel ein. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) befürchtet, dass die Entwicklung der Arbeitskosten die Geschäftsentwicklung belasten wird. Auch die hohen Energie- und Rohstoffpreise stellten für 41 Prozent der Unternehmen ein beträchtliches Problem dar. Jeder zweite Betrieb sorgt sich um die Inlandsnachfrage.
Neben dem Konjunkturbericht für Nordostniedersachsen bietet die IHKLW gemeinsam mit der IHK Braunschweig einen Konjunkturbericht für den Wirtschaftsraum Braunschweig-Wolfsburg an. Beide Berichte mit weiteren Daten, Grafiken und Erläuterungen sind zu finden unter: www.ihk.de/ihklw/konjunktur.
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Lüneburg, den 14. Juli 2025