Verkehrsleiter*in

Seit 2011 sind in Güterkraftverkehrs- und Omnibusunternehmen Verkehrsleiter*innen Pflicht. Wir beantworten Ihnen die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.

Was ist ein/eine Verkehrsleiter*in?

Im Grunde genommen ist ein/eine Verkehrsleiter*in die alte "zur Führung der Geschäfte des Güterkraftverkehrs/Omnibusverkehrs bestellte Person". Unterschied: Er/Sie muss nun ausdrücklich benannt werden, und Verstöße werden in einem EU-weit einsehbaren Register vermerkt, mit der Konsequenz, dass ihm/ihr bei nachgewiesener Unzuverlässigkeit die Verkehrsleitertätigkeit auch EU-weit untersagt werden kann.
Artikel 2 der Verordnung (EG) 1071/2009 (EU-Berufszugangsverordnung) definiert den „Verkehrsleiter“ als eine von einem Unternehmen beschäftigte natürliche Person oder, falls es sich bei diesem Unternehmen um eine natürliche Person handelt, diese Person selbst oder gegebenenfalls eine von diesem Unternehmen vertraglich beauftragte andere natürliche Person, die tatsächlich und dauerhaft die Verkehrstätigkeiten dieses Unternehmens leitet.
Unternehmen, die ausschließlich Werkverkehr betreiben, unterliegen den Bestimmungen der EU-Berufszugangsverordnung nicht. Sie sind also von den Regelungen zum/zur Verkehrsleiter*in nicht betroffen.

Welches Anforderungen gibt es an einen Verkehrsleiter?

Nach Artikel 4 der EU-Berufszugangsverordnung hat ein Verkehrsunternehmen mindestens einen/eine Verkehrsleiter*in zu bestellen, der/die zuverlässig sein und die fachliche Eignung besitzen muss. Die fachliche Eignung ist durch eine Fachkundebescheinigung der IHK nachzuweisen. Altbescheinigungen bleiben gültig, sofern diese schon eine laufende IHK Nr. besitzen (Artikel 21 Abs. 2 der EU-Berufszugangsverordnung). Der/Die Verkehrsleiter*in muss die Verkehrstätigkeiten des Unternehmens tatsächlich und dauerhaft leiten und seinen ständigen Aufenthalt in der EU haben. Das Unternehmen muss der zuständigen Behörde die Person(en), die als Verkehrsleiter*innen benannt wurde(n), melden.

Wie ist ein/eine Verkehrsleiter*in zu bestellen?

Der/Die Verkehrsleiter*in kann im Unternehmen selbst tätig sein (Variante A) oder als nicht zum Unternehmen gehörende Person ( externer Verkehrsleiter) vertraglich verpflichtet werden (Variante B)
Variante A:
Der/Die Verkehrsleiter*in steht in einer echten Beziehung zu dem Unternehmen, z.B. als Angestellte*r, Eigentümer*in oder Anteilseigner*in oder als die Verwaltungsgeschäfte des Unternehmens führende Person. Verkehrsleiter*in kann auch der/die Unternehmer*in selbst sein. Ein gesonderter Vertrag ist nicht erforderlich.
Variante B:
Wenn ein Unternehmen die Anforderung der fachlichen Eignung nicht erfüllt, also eine fachkundige Person mit der vorgenannten echten Beziehung zum Unternehmen nicht beschäftigt, dann muss das Unternehmen eine Person vertraglich damit beauftragen, die Aufgaben als Verkehrsleiter*in zu übernehmen.
In dem Vertrag sind die tatsächlich und dauerhaft durchzuführenden Aufgaben sowie die Verantwortlichkeiten als Verkehrsleiter*in genau zu regeln. Zu den zu regelnden Aufgaben zählen insbesondere das Instandhaltungsmanagement für die Fahrzeuge, die Prüfung der Beförderungsverträge und -dokumente, die grundlegende Rechnungsführung, die Zuweisung der Ladung oder der Fahrdienste an die Fahrer und Fahrzeuge sowie die Prüfung der Sicherheitsverfahren.
Der/Die Verkehrsleiter*in hat die Aufgaben ausschließlich im Interesse des Unternehmens und unabhängig von anderen Unternehmen wahrzunehmen. Er darf keine Verbindung zu Auftraggebern haben.
Dieser/Diese Verkehrsleiter*in darf die Verkehrstätigkeiten von höchstens vier Unternehmen mit einer Flotte von zusammengenommen höchstens 50 Fahrzeugen leiten.

Was sollte bei der Vertragsgestaltung beachtet werden?

Für die Arbeitsverträge der Verkehrsleiter*innen der Variante A schreibt die EU- Berufszugangsverordnung keine Inhalte vor. Es dürfte sich aber empfehlen, bei der Vertragsgestaltung die Vorgaben der EU-Berufszugangsverordnung (Artikel 6) zu den Voraussetzungen für die Zuverlässigkeit zu beachten.
Danach darf die Zuverlässigkeit des/der Verkehrsleiters/Verkehrsleiterin oder des Verkehrsunternehmens nicht zwingend in Frage gestellt sein, etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:
  • Handelsrecht
  • Insolvenzrecht
  • Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche
  • Straßenverkehr
  • Berufshaftpflicht
  • Menschen- oder Drogenhandel
Außerdem darf gegen den/die Verkehrsleiter*in oder das Verkehrsunternehmen in keinem Mitgliedstaat ein rechtskräftiges Urteil und schwerwiegende gesetzliche Verstöße/Straftat oder eine Sanktion verhängt worden sein.
Zu den schwerwiegenden Verstößen gegen Gemeinschaftsvorschriften zählen die Nichtbeachtung der:
  • Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte
  • höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr
  • Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer
  • Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge
  • Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs
  • Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße
  • Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in bestimmten Fahrzeugklassen
  • Führerscheine
  • Zugang zum Beruf
  • Tiertransporte.
Die EU-Berufszugangsverordnung enthält in Anhang IV eine Liste der schwersten Verstöße, die schnell zur Feststellung der Unzuverlässigkeit führen können:
  1. a) Überschreitung der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeiten um 25 Prozent oder mehr b) Während der täglichen Arbeitszeit Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit um 50 Prozent oder mehr ohne Pause oder ohne ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 4,5 Stunden.
  2. Fehlender Fahrtenschreiber und/oder fehlender Geschwindigkeitsbegrenzer oder Verwendung einer betrügerischen Vorrichtung, durch die die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts und/oder der Geschwindigkeitsbegrenzer verändert werden können, oder Fälschung der Schaublätter oder der vom Fahrtenschreiber und/oder von der Fahrerkarte heruntergeladenen Daten.
  3. Fahren ohne gültigen Nachweis der technischen Überwachung, falls ein solches Dokument nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist, und/oder sehr schwer wiegende Mängel u. a.
  4. an Bremssystem, Lenkanlage, Rädern/Reifen, Federung oder Fahrgestell, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.
  5. Beförderung gefährlicher Güter, deren Beförderung verboten ist oder die mit verbotenen oder nicht zugelassenen Mitteln zur Verwahrung oder ohne entsprechende Gefahrgutkennzeichnung am Fahrzeug befördert werden, von der eine solche Gefahr für Menschenleben und Umwelt ausgeht, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.
  6. Beförderung von Personen oder Waren ohne gültigen Führerschein oder durch ein Unternehmen, das nicht im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz ist.
  7. Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte, einer Karte eines anderen Fahrers oder einer Karte, die auf der Grundlage falscher Angaben und/oder gefälschter Dokumente erlangt worden ist.
  8. Güterbeförderung unter Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse um 20 Prozent oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen und um 25 Prozent oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 12 Tonnen.
Ein/Eine externe*r Verkehrsleiter*in sollte möglichst weisungsunabhängig tätig werden können. Er/Sie sollte die Befugnis bekommen, Weisungen an Mitarbeiter*innen des Unternehmens erteilen zu können. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Funktion des/der Verkehrsleiters/Verkehrsleiterin, der die Verkehrstätigkeiten tatsächlich und dauerhaft leitet, in Frage gestellt werden könnte.