Gründung, Sicherung, Nachfolge

Unternehmensnachfolge: Finanzierung wird schwieriger

41 Prozent der potenziellen Nachfolgerinnen und Nachfolger nennen den Industrie- und Handelskammern Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Unternehmensübergabe. Insbesondere beim Bankkredit wird der Zugang schwieriger. Das zeigt eine Auswertung des aktuellen Reports der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) zur Unternehmensnachfolge. Der Studie liegen Rückmeldungen sämtlicher IHKs aus über 18.000 Kontakten mit Senior-Unternehmerinnen und -Unternehmern sowie mit Personen, die an der Übernahme eines Unternehmens interessiert sind, zugrunde.
Nach wie vor ist der Bankkredit demnach der klassische Finanzierungsweg bei der Unternehmensnachfolge im Mittelstand. Hier berichten aus ihrer Erfahrung 26 Prozent der IHKs von Verschlechterungen, nur sechs Prozent von Verbesserungen. Damit ist der Saldo aus „Verbessert“- und „Verschlechtert“-Anteilen mit nunmehr minus 20 Punkten gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 deutlich ins Negative gefallen (Saldo 2019: plus zwölf). Offenbar machen sich die gestiegenen Unsicherheiten deutlich in der Finanzierungseinschätzung der Finanzierungspartner bemerkbar. Steigende Fremdkapitalzinsen führen zu weiteren Herausforderungen bei der Fremdfinanzierung der Unternehmensnachfolge.
Auch der Einsatz von Eigenmitteln fällt den Nachfolgekandidatinnen und -kandidaten deutlich schwerer. Gerade in „klassischen“ Nachfolgebranchen wie Handel und Gastronomie sind die Eigenkapitalpolster vieler Betriebe aufgezehrt (Saldo minus 13 nach plus zwölf im Vorkrisenjahr 2019). Auch beim Einsatz von Darlehen der Alt-Inhaberin bzw. des Alt-Inhabers als Finanzierungsbaustein sieht inzwischen eine Mehrheit der IHKs Verschlechterungen, wenngleich nicht in gleichem Maß wie bei Eigenmitteln der Übernehmenden (minus eins nach plus 16 in 2019). Auch der Einsatz von Mezzanine-Kapital als Mischform zwischen Eigen- und Fremdkapital ist schwieriger geworden (minus acht nach plus sechs im Jahr 2019).
Verbessert haben sich die Zugänge laut IHKs bei Bürgschaften (Saldo 34 nach 25 im Jahr 2019) und nochmals bei der Nachfolgefinanzierung via Beteiligungskapital (die „Verbessert“-IHK-Urteile überwiegen weiter, und zwar um 18 Punkte, nach 24 Punkten in 2019). Insgesamt hatte sich das Marktklima in den zurückliegenden Jahren für Venture Capital stetig verbessert, unterstützt vor allem durch das Niedrigzinsumfeld, das Investments in renditeträchtige Startup-Projekte begünstigte. Angesichts steigender Zinsen und unsicherer Geschäftsaussichten verhalten sich Investoren nun deutlich zurückhaltender als noch vor einigen Monaten. Der Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition sowie die Startup-Strategie der Bundesregierung enthält gute Maßnahmen, um Beteiligungskapital zu akquirieren – mithilfe von öffentlichem Kapital als Anker. Gefragt sind aber auch Anpassungen von im internationalen Vergleich sehr restriktiven Regelungen bei Beteiligungskapital. So können Verluste in Deutschland lediglich bei Einhaltung bestimmter Vorgaben vorgetragen werden. Eine Bedingung ist, dass das Geschäftsmodell nicht verändert wird. Gerade bei Unternehmensnachfolgen ist es aber oft notwendig, Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und zu ändern.
Autor: Dr. Marc Evers, Referatsleiter Mittelstand, Existenzgründung, Unternehmensnachfolge, Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK)
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Stand: 06.01.2023