Standortpolitik

Pflegezeitgesetz

Bearbeitungsstand: 02.02.2018

Zum 1. Juli 2008 ist das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) in Kraft getreten, das Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet, nahe Angehörige in häuslicher Umgebung zu pflegen. Das Pflegezeitgesetz soll die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege verbessern.
Am 1.1.2015 ist das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf in Kraft getreten. Das Gesetz bezweckt durch Änderungen im Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und Familienpflegezeitgesetz (FPfZG) die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingugnen für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf weiter zu verbessern. Die Neuregelungen sollen die Individualität jeder Pflegesituation stärker berücksichtigen und die Regelungen in beiden Gesetzen besser verzahnen.

Gesetzliche Regelungen

Das Gesetz eröffnet Beschäftigten zwei Möglichkeiten, einen Freistellungsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber zur Pflege von nahen Angehörigen geltend zu machen. Zum einen gibt das Gesetz einen Anspruch auf eine bis zu sechsmonatige Pflegezeit, ähnlich der Elternzeit, zum anderen wird bei Eintritt einer akuten Pflegesituation ein Anspruch auf Freistellung von bis zu 10 Arbeitstagen begründet (kurzzeitige Arbeitsverhinderung).

Wer ist "Beschäftigter" im Sinne des PflegeZG?

Beschäftigte im Sinne des PflegeZG sind Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die zu Ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie arbeitnehmerähnliche Personen (wirtschaftliche Unselbstständigkeit), zu denen auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten zählen (§ 7 Abs. 1 PflegeZG). Die Erfüllung einer bestimmten Wartezeit sieht das Gesetz nicht vor. Es gilt vom ersten Tag der Beschäftigung an.

Wer ist "naher Angehöriger" im Sinne des PflegeZG?

Zu den nahen Angehörigen i.S. v. § 7 Abs. 3 PflegeZG gehören
  1. Großeltern, Eltern Schwiegereltern, Stiefeltern
  2. Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft oder lebenspartnerähnlichen Gemeinschaft,
    Geschwister, Schwägerinnen und Schwäger,
  3. Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder, die Kinder oder Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners, Schwiegerkinder und Enkelkinder.

Wer ist pflegebedürftig im Sinne des PflegeZG?

Pflegebedürftig sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höheren Maße der Hilfe bedürfen. Die Voraussetzungen der §§ 14, 15 SGB XI (Pflegeversicherung) müssen erfüllt sein (§ 7 Abs. 4 PflegeZG), d.h. es muss mindestens Pflegestufe I vorliegen.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG)

Bei einer akut aufgetretenen Pflegesituationen haben Beschäftigte das Recht, der Arbeit kurzzeitig, d.h. bis zu zehn Arbeitstage, fernzubleiben, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung in dieser Zeit sicherzustellen.
Voraussetzungen:
  1. Pflegebedürftigkeit
  2. eines nahen Angehörigen
  3. akut aufgetretene Pflegesituation
  4. Erfordernis des Fernbleibens von der Arbeit, um eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung sicherzustellen.
Liegen diese Voraussetzungen vor, haben Beschäftigte das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fern zu bleiben, d.h. die Beschäftigten haben einen Freistellungsanspruch. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht. Allerdings muss der Beschäftigte die Verhinderung an der Arbeitsleistung und deren voraussichtliche Dauer dem Arbeitgeber unverzüglich mitteilen und auf Verlangen des Arbeitgebers eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit und die Erforderlichkeit vorlegen.
Aus dem PflegeZG ergibt sich kein Entgeltfortzahlungsanspruch. Eine Verpflichtung zur Fortzahlung der Vergütung kann sich aber aus anderen gesetzlichen Vorschriften (z.B. § 616 BGB) oder auf Grund Vereinbarung ergeben (z.B. Arbeitsvertrag, Tarifvertrag). Nach geltender Rechtsprechung begründet das unvorhergesehene Erfordernis der Pflege naher Angehöriger für eine nicht erhebliche Zeit einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach § 616 BGB. Allerdings kann § 616 BGB durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden. Beschäftigte, die die kurzzeitige Arbeitsverhinderung in Anspruch nehemn, können, sofern ihr Arbeitgeber nicht zur Fortzahlung der Vergütung verpflichtet ist, ein auf bis zu 10 Tage begrenztes Pflegeunterstützungsgeld erhalten.
Das Pflegeunterstützungsgeld wird auf Antrag von der Pflegeversicherung des nahen Angehörigen gewährt.

Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG)

Beschäftigte sind für bis zu sechs Monate von der Arbeitsleistung vollständig oder teilweise freizustellen, wenn sie einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen.
Voraussetzungen:
  1. Arbeitgeber hat regelmäßig über fünfzehn Beschäftigte
  2. bestehende Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen
  3. Pflege in häuslicher Umgebung
  4. schriftliche Ankündigung spätestens zehn Arbeitstage vor Beginn der Pflegezeit.
  5. gleichzeitige Erklärung für welchen Zeitraum und in welchem Umfang die Freistellung gewünscht ist. Wenn eine völlige Freistellung gewünscht wird, bedarf es keiner Zustimmung des Arbeitgebers.
  6. bei nur teilweiser Freistellung (Teilzeit), schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem über die Verringerung und die Verteilung der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber hat hierbei den Wünschen des Beschäftigten zu entsprechen, es sei denn, dass dringende betriebliche Gründe entgegenstehen.
  7. Vorlage einer Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse über die Pflegebedürftigkeit. Bei privater Pflege-Pflichtversicherung ist ein entsprechender Nachweis zu erbringen.
Liegen diese Voraussetzungen vor, hat der Beschäftigte einen Freistellungsanspruch für die beantragte Dauer, maximal jedoch für sechs Monate für jeden pflegebedürftigen Angehörigen. Hat der Beschäftigte den Sechs-Monats-Zeitraum nicht ausgeschöpft, kann die Pflegezeit bis zur Höchstdauer verlängert werden, wenn der Arbeitgeber zustimmt. Eine Verlängerung bis zur Höchstzeit kann verlangt werden, wenn ein vorgesehener Wechsel in der Person des Pflegenden aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann. Das Pflegezeitgesetz sieht für die Begleitung einer oder eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase nunmehr die Möglichkeit einer bis zu drei Monaten dauernden vollständigen oder teilweisen Freistellung vor.
Um eine minderjährige pflegebedürftige nahe Angehörige oder einen minderjährigen pflegebedürftigen nahen Angehörigen sowohl im eigenen Zuhause als auch außerhäuslich betreuen zu können, besteht die Möglichkeit der vollständigen oder teilweisen Freistellung bis zu sechs Monate nach dem Pflegezeitgesetz. Der Anspruch besteht nicht gegenüber Arbeitgebern mit in der Regel 15 oder weniger Beschäftigten.

Wann endet die Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz ?

Eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich. Etwas anderes gilt, wenn die Pflegebedürftigkeit nicht mehr besteht oder die häusliche Pflege des nahen Angehörigen unmöglich oder unzumutbar wird. Die Pflegezeit endet dann vier Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Arbeitgeber ist über die veränderten Umstände unverzüglich zu unterrichten.

Finanzielle Absicherung bei Inanspruchnahme von Pflegezeit

Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht für die Freistellungszeit nicht. Zur besseren Abfederung des Lebensunterhalts sieht die Neuregelung für Beschäftigte einen Anspruch auf ein zinsloses Darlehen vor. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben gewährt Beschäftigten auf Antrag ein zinsloses Darlehen. Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt und später in Raten wieder zurückgezahlt.

Urlaub

Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der der oder dem Beschäftigten für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der vollständigen Freistellung von der Arbeitsleistung um ein Zwölftel kürzen.

Kündigungsschutz (§ 5 PflegeZG)

Von der Ankündigung, höchstens jedoch zwölf Wochen vor dem angekündigten Termin, bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der Pflegezeit besteht ein Kündigungsverbot. In besonderen Fällen kann eine Kündigung von der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde (Gewerbeaufsichtsamt) für zulässig erklärt werden.

Befristete Verträge zur Vertretung (§ 6 PflegeZG)

In der Vertretung für die Dauer der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der Pflegezeit liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses. Die Dauer der Befristung des Arbeitsvertrages muss kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein oder den vorgenannten Zwecken zu entnehmen sein. Der Arbeitgeber kann den befristeten Arbeitsvertrag unter Einhaltung einer Frist von zwei Wochen kündigen, wenn die Pflegezeit vorzeitig endet.

Unabdingbarkeit (§ 8 PflegeZG)

Von den Vorschriften des PflegeZG kann nicht zuungunsten der Beschäftigten abgewichen werden.

Quelle: Wir danken der IHK Pfalz für die Zurverfügungstellung dieses Merkblattes.
 
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.