Rund um den Urlaub

Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub. Die gesetzlichen Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes (im Folgenden abgekürzt: BUrlG) gewährleisten jedem Arbeitnehmer einen Mindesturlaubsanspruch und regeln die Modalitäten der Urlaubsgewährung und -vergütung.
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.

1. Geltungsbereich des BUrlG

Anspruch auf Erholungsurlaub haben alle Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, Teilzeitbeschäftigte, Aushilfsbeschäftigte, in Ferienarbeit und in Nebentätigkeit Beschäftigte und geringfügig Beschäftigte. Zu beachten ist, dass im Falle der Entsendung von Arbeitnehmern das BUrlG nur dann Anwendung findet, wenn das Arbeitsverhältnis deutschem Arbeitsrecht unterliegt.
In der Praxis werden Inhalt und Umfang des Urlaubsanspruchs häufig durch vertragliche Vereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger gestaltet, allerdings sind der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz zu beachten. Eine Staffelung des Urlaubs nach Alter der Arbeitnehmer ist in der Regel nicht mehr zulässig.
Tarifvertraglich können allerdings auch für den Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen getroffen werden. Das heißt konkret: Abweichende Urlaubsregelungen, die für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen vorsehen, sind stets zulässig (z. B. mehr Urlaubstage als der gesetzliche Urlaubsanspruch). Bei ungünstigeren Regelungen ist zu differenzieren: Regelungen (auch kollektiv-rechtliche), die den Mindestanspruch der §§ 1 - 3 BUrlG beschneiden, sind nichtig. Ansonsten sind Schlechterstellungen auf tariflicher Grundlage möglich.

2. Urlaubsdauer

2.1. Grundsatz

Der jährliche Mindesturlaub beträgt gem. § 3 BUrlG 24 Werktage. Unter Werktagen in diesem Sinne versteht man alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Das BUrlG geht also von einer 6-Tage-Woche aus. Um den Mindesturlaub für einen geringeren Arbeitsumfang/Teilzeitkräfte festzulegen, ist folgende Rückrechnung erforderlich:
6 Tage/Woche
24 Urlaubstage
5 Tage/Woche
20 Urlaubstage
4 Tage/Woche
16 Urlaubstage
3 Tage/Woche
12 Urlaubstage
2 Tage/Woche
8 Urlaubstage
1 Tag/Woche
4 Urlaubstage
In allen Fällen ergibt sich so ein Jahresurlaub von vier Wochen. Dieser errechnete Mindesturlaub gilt unabhängig von den geleisteten Stunden an den Arbeitstagen. Entscheidend ist allein, an wie vielen Tagen der Arbeitnehmer in der Woche beschäftigt ist.

2.2 Sonderfälle: Minderjährige/Schwerbehinderte

Besonderheiten beim Mindesturlaub gelten für Minderjährige und Schwerbehinderte. Der Arbeitgeber hat auch Jugendlichen nach § 19 Jugendarbeitsschutzgesetz für jedes Kalenderjahr bezahlten Urlaub zu gewähren. Dieser beträgt mindestens:
  • 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt ist,
  • 27 Tage, wenn der Jugendliche noch nicht 17 Jahre alt ist und
  • 25 Werktage, falls der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch keine 18 Jahre alt ist.
Schwerbehinderte haben einen Anspruch auf bezahlten zusätzlichen Urlaub von mindestens fünf Werktagen im Urlaubsjahr. Hierbei wird eine Fünf-Tage-Woche zugrunde gelegt.

2.3 Berechnung der Urlaubsdauer bei wöchentlich unregelmäßiger Arbeitszeit

Ist die Arbeitszeit des Arbeitnehmers nicht regelmäßig auf eine bestimmte Anzahl von Wochentagen verteilt, ist die Berechnung auf das Jahr zu beziehen. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden.
Beispiel: Eine Arbeitnehmerin arbeitet in einem Jahr während 26 Wochen fünf Tage und während 26 Wochen vier Tage (26 x 5 + 26 x 4 = 234 Jahresarbeitstage). Im Verhältnis zu den Jahreswerktagen = 312 (52 x 6) ergibt das einen Urlaubsanspruch von 18 Tagen (234 : 312 x 24 = 18).

2.4 „Sonderurlaub“

Bei kurzfristiger persönlicher Verhinderung des Arbeitnehmers ist er unter Vergütungsfortzahlung von der Arbeit freizustellen (§ 616 BGB). Beispiele hierfür sind:
  • eigene Eheschließung
  • Geburt eines Kindes
  • Arztbesuche, sofern dringlich und nicht auf einen Zeitpunkt außerhalb der Arbeitszeit verschiebbar
  • Gesundheitspolizeiliche Pflichtuntersuchungen
  • Schwere Erkrankung oder Tod naher Angehöriger
  • Wahrnehmung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten (z. B. Schöffen)
Die Freistellung erfolgt für eine nicht erhebliche Zeit. Bei Familienereignissen wie Hochzeit, Geburt eines Kindes, Tod naher Angehöriger erfolgt eine bezahlte Freistellung für ein oder zwei Tage.
Hinsichtlich der Betreuung eines kranken Kindes gelten folgende Obergrenzen (Bitte beachten Sie: Aufgrund der Corona-Krise können hier eventuell zeitweise andere Regelungen bestehen):
  • zehn Arbeitstage pro Kalenderjahr und Kind, maximal 25 Arbeitstage bei mehreren Kindern
  • für Alleinerziehende 20 Arbeitstage pro Kalenderjahr und Kind, maximal 50 Arbeitstage bei mehreren Kindern.
Durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag können abweichende Regelungen getroffen werden.

3. Voller Urlaubsanspruch/Teilurlaub

Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (§ 4 BUrlG). Hat der Arbeitnehmer die sechsmonatige Wartezeit erfüllt und scheidet er nach dem 30. Juni eines Kalenderjahres aus, so steht ihm der volle Urlaubsanspruch zu.
Anspruch auf je 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat (nicht Kalendermonat) des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer
  • für Zeiten eines Kalenderjahres, für die er wegen Nichterfüllung der Wartezeit in diesem Kalenderjahr keinen vollen Urlaubsanspruch erwirbt.
    Erfasst sind hiermit alle Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis erst nach dem 1. Juli eines Jahres begonnen wird. Dem Arbeitnehmer steht in diesem Fall für jeden vollen Monat 1/12 des Jahresurlaubs zu.
  • wenn er vor erfüllter Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
    Hier sind die Fälle gemeint, in denen der Arbeitnehmer innerhalb der ersten 6 Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses geht.
  • wenn er nach erfüllter Wartezeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
    Betroffen sind hier sämtliche Fälle, in denen zunächst ein Vollanspruch entstanden ist, das Arbeitsverhältnis dann aber bis zum Ende des 30. Juni (24 Uhr) des Kalenderjahres beendet wird.
Die Frist zur Berechnung der Wartezeit beginnt regelmäßig mit dem Anfang des Tages der vereinbarten Arbeitsaufnahme. Unerheblich ist dabei, ob die Wartezeit innerhalb ein und desselben Kalenderjahres erfüllt werden kann; sie wird durch den Jahreswechsel nicht unterbrochen.
Die Gewährung von einem Zwölftel des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses bedeutet auch, dass für Beschäftigungszeiten unter einem Monat überhaupt kein Urlaubsanspruch gewährt wird. Gemeint ist hier nicht der Kalendermonat. Bei einer Beschäftigung z. B. vom 15. Mai bis zum 20. Juni ist ein voller Monat der Beschäftigung gegeben. Zu beachten ist weiter, dass angefangene Monate bei der Berechnung grundsätzlich keine Berücksichtigung finden, es sei denn, vertraglich wurde etwas anderes vereinbart.
Beispiel: Eine teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmerin, die an zwei Tagen die Woche arbeitet, scheidet nach einem Monat und zwei Wochen aus dem Arbeitsverhältnis aus.
Der (Mindest-)Jahresurlaub nach dem BUrlG beträgt acht Tage für eine 2-Tage-Woche (unabhängig von der geleisteten Stundenzahl). Nachdem die Beschäftigung nur einen vollen Monat angedauert hat, ist ein Urlaubsanspruch von einem Zwölftel von acht Urlaubstagen (0,66 Urlaubstage) entstanden. Nachdem Bruchteile von Arbeitstagen, die bei der Berechnung mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden sind, besteht ein Urlaubsanspruch von einem Tag.

3.1 Unschädlichkeit von Zeiten der Nichtbeschäftigung und kurzfristigen Unterbrechungen

Angerechnet werden nicht nur effektive Arbeitsleistungen, sondern auch sämtliche Zeiten der Nichtbeschäftigung, die den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses unberührt lassen (insb. Krankheit):
So kann z. B. ein Arbeitnehmer, der von Februar bis November krank war, dennoch den vollen Jahresurlaub beanspruchen. Ist es ihm jedoch nicht möglich, den Urlaub bis Jahresende, spätestens bis zum Ablauf des Übertragungszeitraumes (i. d. R. März des Folgejahres) zu nehmen, verfällt er ersatzlos.
Unterbrechung bedeutet dagegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wann eine Unterbrechung noch als kurzfristig anzusehen ist, hängt im Wesentlichen von der Dauer des Arbeitsverhältnisses – auch für die Zukunft – ab.

3.2 Anrechnung von Nichtarbeitszeiten

Gesetzliche Feiertage: Sie werden nicht auf den Urlaub angerechnet; maßgeblich ist nicht der Wohnort des Arbeitnehmers, sondern sein Arbeitsort. Die Bundesländer haben Feiertagsgesetze erlassen, denen die jeweils geltenden Feiertage entnommen werden können. Da z. B. der 24. und 31. Dezember danach keine Feiertage sind, gelten sie als normale Werktage. Für eine Arbeitsbefreiung muss deshalb Urlaub beantragt werden, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart.
Bei Arbeitsfreistellungen aus persönlichen Gründen ist zu unterscheiden: Steht der Freistellungstermin (insb. bei Geburten, Hochzeiten oder Todesfällen im Familienkreis) vor Urlaubsantritt fest und wird er dem Arbeitgeber bekannt gemacht, so scheidet eine Anrechnung auf den Urlaub regelmäßig aus. Entsteht dagegen der persönliche Verhinderungsgrund erst während des Urlaubs, kommt eine Freistellung grundsätzlich nicht mehr in Frage.
Kuraufenthalte: Diese dürfen dann nicht auf den Urlaub angerechnet werden, wenn ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht.

3.3 Urlaub beim Wechsel in Teilzeit

Der Urlaubsanspruch, der bis zum Wechsel der Arbeitszeit erworben wurde, bleibt bestehen und kann nicht umgerechnet werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 10.2.2015 – 9 AZR 53/14 – entschieden. Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der ab Juli von einer Vollzeittätigkeit und einer Fünftagewoche in eine Teilzeitbeschäftigung an vier Wochentagen gewechselt hatte. Von Januar bis Ende Juni hatte er keinen Urlaub genommen. Der Arbeitgeber wollte den tariflichen Urlaubsanspruch von 30 Tagen in diesem Jahr nach dem Wechsel in die Teilzeit auf einen Anspruch von insgesamt 24 Tagen kürzen. Diese Berechnung widerspricht dem europäischen Recht. Deshalb hat das BAG dem Arbeitnehmer für das erste Halbjahr 15 Tage und für die zweite Jahreshälfte 12 Tage zugesprochen, also insgesamt 27 Tage.
Die Kürzung von Resturlaub nach der Reduzierung der Wochenarbeitstage ist damit unzulässig.

4. Befristung und Übertragung des Urlaubs

Der Urlaub muss grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen – nämlich wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen – ist eine Übertragung des Urlaubsanspruchs in das nächste Kalenderjahr möglich. Der Arbeitnehmer kann dann bis zum 31. März des Folgejahres seinen Urlaub übertragen.
Einzel- und tarifvertraglich wird die Übertragungsmöglichkeit allerdings oft zugunsten des Arbeitnehmers erleichtert (z. B. Übertragbarkeit bis 30. April). Eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien kann dabei auch stillschweigend – etwa durch Gewährung des Urlaubs im Übertragungszeitraum – zustande kommen.

4.1 dringende betriebliche Gründe

Dabei handelt es sich um solche Umstände, die „in der betrieblichen Organisation, dem technischen Arbeitsablauf, der Auftragslage und ähnlichen Umständen“ ihren Grund haben und die es im Hinblick auf einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf zwar nicht zwingend erforderlich, aber doch geboten erscheinen lassen, Urlaub nicht (mehr) im ablaufenden Kalenderjahr zu gewähren.

4.2 persönliche Gründe des Arbeitnehmers

Es muss sich nicht um dringende, wohl aber um „berechtigte“ Gründe handeln:
Regelfall
Wird grundsätzlich der Urlaub nicht bis zum 31. März des Folgejahres bzw. zum Ende des Übertragungszeitraums gewährt oder genommen, so erlischt der Anspruch mit Ablauf der Frist am 31. März, unabhängig davon, aus welchem Grund der Urlaub bis dahin nicht genommen wurde (Ausnahme: lang andauernde Erkrankung, siehe unten). Hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber erfolglos zur Gewährung des Urlaubs aufgefordert, steht ihm ein Schadensersatzanspruch zu. Zur Geltendmachung muss der Arbeitnehmer i. d. R. einen Urlaubsantrag mit konkreter Angabe der gewünschten Urlaubszeit einreichen. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubsanspruch ab, ohne dafür betriebliche Gründe zu nennen, so steht dem Arbeitnehmer für die Geltendmachung seines Urlaubsanspruchs das Klageverfahren zur Verfügung.
Ausnahme: Langzeiterkrankung
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2009 (C-350/06) verfällt der Urlaub mit Ablauf des Übertragungszeitraumes nicht, wenn der Arbeitnehmer ihn wegen Krankheit nicht nehmen konnte und die Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses fortdauert. Dies betrifft den gesetzlichen Mindesturlaub und den Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer. Dieser wegen Krankheit nicht genommene Urlaub verfällt jedoch spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres (Urteil des BAG vom 07.08.2012 – 9 AZR 353/10).
Nach dem Bundesarbeitsgericht können die Parteien hinsichtlich des Verfalls des über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden Mehrurlaubs Abweichendes vereinbaren. Allerdings müssen sich aus dem Arbeitsvertrag deutliche Anhaltspunkte ergeben, dass zwischen dem gesetzlichen und dem übergesetzlichen Urlaubsanspruch unterschieden werden soll. Wird im Arbeitsvertrag nicht differenziert, verfällt auch der Mehrurlaub nicht, den der Arbeitnehmer wegen Krankheit nicht nehmen konnte.
Es empfiehlt sich daher, eine entsprechende Regelung in den Arbeitsvertrag (ohne Tarifbindung) aufzunehmen, wonach zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub differenziert wird. Außerdem sollte festgelegt werden, dass der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinaus gewährte Mehrurlaub auch bei Krankheit verfällt. Zudem sollte man regeln, dass immer zuerst der gesetzliche Mindesturlaub und der etwaige Zusatzurlaub schwerbehinderter Arbeitnehmer gewährt wird und erst, wenn dieser aufgebraucht ist, der Mehrurlaub.

4.3 Sonderfall Teilurlaub

Eine erheblich weitergehende Übertragungsmöglichkeit ist für Teilurlaub zugelassen, der wegen Nichterfüllung der Wartezeit im Kalenderjahr entsteht. Alle Arbeitnehmer, die nach dem 1. Juli eines Jahres ihr Arbeitsverhältnis aufnehmen, können die Übertragung des bis Jahresende entstehenden Teilurlaubs auf das nächste Kalenderjahr verlangen.
Auch für Mutterschutz und Elternzeit gelten Sonderregelungen (§ 24 MuSchG, § 17 Abs. 2 BEEG).

5. Urlaubsgewährung

Der Urlaub ist vom Arbeitgeber im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer zu gewähren. Voraussetzung der Urlaubsgewährung ist ein entsprechender Antrag des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber muss diesen Urlaubswunsch bei der Festsetzung des Urlaubs vorrangig berücksichtigen und darf nur bei Vorliegen wichtiger Gründe hiervon abweichen. Lehnt der Arbeitgeber den Urlaubsantrag ohne rechtfertigenden Grund ab, kann der Arbeitnehmer unter Umständen einen Ersatzurlaubsanspruch als Schadensersatz geltend machen (siehe auch Punkt 5.3).

5.1 Verbot der Selbstbeurlaubung

Der Arbeitnehmer darf seinen Urlaubsanspruch nicht eigenmächtig durchsetzen. Dieses Verbot der Selbstbeurlaubung gilt absolut; selbst dann, wenn
  • der Arbeitgeber den Urlaubsantrag grundlos oder zu Unrecht nicht stattgegeben hat oder
  • bis zum Fristablauf des Urlaubsanspruchs überhaupt nur noch eine den Urlaubstagen entsprechende Zahl an Arbeitstagen zur Verfügung steht,
darf der Arbeitnehmer keine Selbstbeurlaubung vornehmen.
Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er folglich seine arbeitsvertraglichen Pflichten und muss nicht nur die ordentliche, sondern im Regelfall auch die außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber hinnehmen.
Der Arbeitgeber hat demgegenüber kein Recht zur beliebigen Urlaubserteilung im Urlaubsjahr oder zur Erteilung des Urlaubs nach billigem Ermessen. Vielmehr muss er den Urlaubswunsch des Arbeitnehmers vorrangig berücksichtigen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Urlaubserteilung für den vom Arbeitnehmer gewünschten Zeitraum aus zwei Gründen zu verweigern:
  • dringende betriebliche Belange (siehe auch Punkt 4.1)
  • Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, wenn eine gleichzeitige Beurlaubung aus betrieblichen Gründen ausscheidet. Abwägungskriterien sind z. B. das Lebensalter, die Betriebszugehörigkeit, Anzahl der schulpflichtigen Kinder.

5.2 Betriebsferien

Will der Arbeitgeber den Urlaubszeitraum für sämtliche Arbeitnehmer oder für einzelne Arbeitnehmergruppen einheitlich festlegen, ist in Betrieben mit Betriebsrat zwingend dessen Zustimmung betreffend Einführung und zeitlicher Festlegung der Betriebsferien erforderlich (meist in Form einer Betriebsvereinbarung). In Betrieben ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber Betriebsferien dagegen im Rahmen seines Direktionsrechts einführen.
Hat ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Betriebsferien noch keinen Urlaubsanspruch erworben, etwa weil die Wartezeit noch nicht vorüber ist, müsste ihn der Arbeitgeber grundsätzlich weiterbeschäftigen. Tut er das nicht, bleibt er trotz fehlender Arbeitsleistung zur Vergütungszahlung verpflichtet.
In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, dem Arbeitnehmer bereits den Urlaub zu gewähren, den er sich (gedanklich) bereits erarbeitet hat. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass weder der zu viel gewährte Urlaub, noch das Urlaubsgeld zurückgefordert werden kann, wenn der Arbeitnehmer vor Ende der Wartezeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

5.3 Ersatzurlaubsanspruch

Dieser steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er seinen Urlaubsanspruch rechtzeitig geltend gemacht hat und der Arbeitgeber ihm diesen unzulässigerweise versagt hat. Erlischt dann der Urlaubsanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres bzw. des Übertragungszeitraumes, steht dem Arbeitnehmer als Schadensersatz ein Ersatzurlaubsanspruch zu, der dem geltend gemachten Urlaubsanspruch in vollem Umfang entspricht. Dieser Ersatzanspruch ist an keine Fristen gebunden.

6. Urlaubsabgeltung

Urlaubsabgeltung, also die Auszahlung des Urlaubs, tritt ausnahmsweise an die Stelle der Freizeitgewährung, wenn der Urlaub nicht mehr gewährt werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Anspruch auf Auszahlung verfallenen Urlaubs besteht. Eine Urlaubsabgeltung ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG nur zulässig, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Der Urlaubsabgeltungsanspruch entsteht erst mit Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis.
Die Höhe der Urlaubsabgeltung entspricht der Urlaubsvergütung, die der Arbeitnehmer bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis erhalten hätte. Die Urlaubsvergütung ist die Fortzahlung der Arbeitsvergütung während des Urlaubs.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit einer Rechtsprechung für Aufregung gesorgt, als er entschieden hat, dass Ansprüche wegen nicht genommenen Urlaubs bei Tod des Arbeitnehmers nicht verfallen, sondern auf die Erben übergehen (Urteil vom 12.06.2014, Az. C-118/13).
Der Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass ein Arbeitnehmer mehrere Jahre aus betrieblichen Gründen keinen Urlaub nehmen konnte und schließlich verstorben ist. Die Witwe klagte den Anspruch auf Urlaubsabgeltung ein. Nach bisheriger deutscher Rechtsprechung war dieser Anspruch nicht vererbbar, der EuGH sieht dies aber anders. Vermutlich ist diese Rechtsprechung auch auf Fälle anwendbar, in denen ein Langzeiterkrankter stirbt, der krankheitsbedingt seinen Urlaub während des Arbeitsverhältnisses nicht nehmen konnte (siehe oben 4.2).

7. Vermeidung von Doppelansprüchen

Um zu gewährleisten, dass ein Arbeitnehmer im Kalenderjahr insgesamt nur einmal den vollen Jahresurlaub in Anspruch nehmen kann, hat der Gesetzgeber die Entstehung derartiger Doppelansprüche weitgehend unterbunden:
Der Anspruch auf Urlaub ist danach insoweit ausgeschlossen, als dem Arbeitnehmer im laufenden Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt worden ist. Aus diesem Grund ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen.
Nicht erfüllte – und damit noch abzugeltende – Urlaubsansprüche aus einem vorangehenden Arbeitsverhältnis können dagegen keine Anrechnung im nachfolgenden Arbeitsverhältnis rechtfertigen. Das bedeutet, dass der frühere Arbeitgeber den Arbeitnehmer, der eine ausstehende Urlaubsabgeltung einfordert, nicht auf die Geltendmachung seines auf Arbeitsfreistellung gerichteten Urlaubsanspruchs gegen den neuen Arbeitgeber verweisen kann. Das würde eine ungerechte Belastung des neuen Arbeitgebers bedeuten.

8. Vergütung im Urlaub

8.1 Urlaubsentgelt

Urlaubsentgelt ist das Arbeitsentgelt (Vergütung), das während des Erholungsurlaubs fortgezahlt wird. Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen – wobei andere Vereinbarungen möglich sind – und bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst des Arbeitnehmers in den letzten 13 Wochen vor Urlaubsbeginn. Zur Berechnung der konkreten Höhe des Urlaubsentgelts ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst den letzten 13 Wochen auf den Tagesverdienst des Arbeitnehmers in diesem Zeitraum umzurechnen (Verdienst der letzten 13 Wochen dividiert durch die Anzahl der Arbeitstage und multipliziert mit der Anzahl der Urlaubstage). Gesetzliche Feiertage und Krankheitstage fließen bei der Verdienstberechnung mit ein und werden nicht abgezogen. Verdiensterhöhungen, die nicht nur für kurze Zeit gelten, werden in die Berechnung einbezogen. Nicht berücksichtigt dagegen werden Verdienstkürzungen im Berechnungszeitraum und Überstundenvergütungen.
Alle Abreden, nach denen der Arbeitnehmer während des Urlaubs eine geringere Arbeitsvergütung erhält als während seiner Beschäftigung, sind nichtig.
Das Urlaubsentgelt ist wie das Arbeitsentgelt zu versteuern, da das Urlaubsentgelt der gesetzlichen Bestimmung nach den laufenden Bezügen für einen der Dauer des Urlaubs entsprechende Lohnzahlung entspricht. Entsprechend sind auch die Sozialversicherungsabgaben abzuführen.

8.2 Urlaubsgeld

Urlaubsgeld ist eine betriebliche Sonderzahlung, die der Arbeitnehmer neben dem zu gewährenden Urlaubsentgelt vom Arbeitgeber als freiwillige zusätzliche Leistung erhalten kann. Diese zusätzliche Vergütung kann der Arbeitnehmer jedoch nur aufgrund von Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen beanspruchen. Weiterhin kann sich ein Anspruch aus betrieblicher Übung ergeben. Dies ist der Fall, wenn das Urlaubsgeld mindestens drei Mal ohne einen deutlichen Hinweis auf die Freiwilligkeit ausbezahlt worden ist.
Urlaubsgelder sind als einmalige Einnahmen in dem Lohnzahlungszeitraum für die Beitragsberechnung der Sozialversicherung heranzuziehen. Auch ein zusätzlich neben dem Arbeitslohn gezahltes Urlaubsgeld ist lohnsteuerpflichtig.

9. Erwerbstätigkeit bzw. Krankheit im Urlaub

Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten. Nebentätigkeiten, die der Arbeitnehmer auch sonst zulässigerweise neben seinem Arbeitsverhältnis ausübt, sind hiervon jedoch nicht betroffen. Dem Urlaubszweck widersprechen solche entgeltlichen Tätigkeiten, die bereits nach ihrem zeitlichen Umfang der suspendierten Arbeitspflicht entsprechen und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit nehmen, „sich während seines Urlaubs zu erholen“.
Nimmt der Arbeitnehmer dennoch während des Urlaubs eine verbotene Tätigkeit auf, kann der Arbeitgeber Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Des Weiteren können je nach Einzelfall eine Abmahnung und eine (außerordentliche) Kündigung in Betracht kommen.
Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Erholungsurlaubs, so ist die Erfüllung des Urlaubsanspruchs für den Zeitraum der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unmöglich. Gemäß § 9 BUrlG können Tage, an denen der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, nicht auf seinen Jahresurlaub angerechnet werden, vorausgesetzt, der Arbeitnehmer kann einen Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit durch ein ärztliches Attest erbringen. Der Erholungsurlaub wird dann für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit unterbrochen und ist neu zu gewähren.
Zum Erlöschen des Urlaubsanspruchs bei Langzeiterkrankten siehe 4.2.

Anhang: Bundesurlaubsgesetz

Anhang: Feiertage in Hessen

Feiertage
Im hessischen Feiertagsgesetz sind folgende Feiertage festgelegt:
Gesetzliche Feiertage
  • Neujahr (1. Januar)
  • Karfreitag
  • Ostermontag
  • 1. Mai
  • Christi Himmelfahrt
  • Pfingstmontag
  • Fronleichnam
  • Tag der deutschen Einheit (3. Oktober)
  • 1. und 2. Weihnachtsfeiertag (25./26. Dezember)