Arbeitszeugnis

Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer Kammer - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses durch den Arbeitgeber, wobei dieser Anspruch nicht erst am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses entsteht, sondern bereits mit dem Zugang der Kündigung, da der Arbeitnehmer das Zeugnis für die Stellensuche benötigt.

Zeugnisarten
Man unterscheidet zwischen dem einfachen Zeugnis, in dem lediglich die persönlichen Daten des Arbeitnehmers sowie die Art und Dauer der Beschäftigung vollständig und genau angegeben sind, und dem qualifizierten Zeugnis. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis enthält zusätzlich zu den Angaben eines einfachen Zeugnisses Ausführungen über die Leistungen und die Führung des Arbeitnehmers. Während die Aussagen zu Art und Dauer der Tätigkeit lediglich darstellend sind, erfolgt durch die Angaben zu Leistung und Führung eine Bewertung des Arbeitnehmers.
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein einfaches Zeugnis auszustellen. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen.
  • Schlusszeugnis: Es ist anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erteilen. Das Zeugnis sollte spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist oder bei tatsächlichem Ausscheiden ausgehändigt werden. Bei außerordentlicher Kündigung ist das Zeugnis sofort zu erteilen. Dabei ist ein Zeitraum von zwei bis vier Tagen für die Formulierung des Zeugnisses angemessen.
  • Ausbildungszeugnis: Ist von dem ausbildenden Betrieb bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses auszustellen.
  • Zwischenzeugnis: Ein Anspruch darauf besteht insbesondere bei wesentlichen Änderungen im Aufgabengebiet, bei Versetzung oder Beförderung des Arbeitnehmers, beim Wechsel des Vorgesetzten, anderweitiger Bewerbung, Elternzeit u.s.w.
  • Einfaches Zeugnis: Es befasst sich nur mit der Art und Dauer der ausgeübten Beschäftigung.
  • Qualifiziertes Zeugnis: Neben Art und Dauer gibt es auch Auskunft über Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers.
Sieht man vom Berufsausbildungsverhältnis ab, entsteht der Zeugnisanspruch nicht automatisch. Der Arbeitnehmer muss vielmehr das Zeugnis ausdrücklich verlangen. Der Anspruch besteht auf ein einfaches Zeugnis. Es kann aber auch ein qualifiziertes Zeugnis verlangt werden. Der Arbeitnehmer kann auch auf Erteilung und Berichtigung eines Zeugnisses vor dem Arbeitsgericht klagen. Ein Zurückbehaltungsrecht des Arbeitgebers besteht nicht; das heißt, der Arbeitgeber darf das Zeugnis nicht mit der Begründung verweigern, er habe zum Beispiel noch nicht alle Betriebsmittel (Handy, Werkzeug u.s.w.) zurückerhalten. Während und vor Beginn des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitnehmer nicht auf seinen Zeugnisanspruch verzichten.
Äußere Form
Das Zeugnis muss auf Geschäftspapier erteilt werden, wenn der Arbeitgeber Geschäftsbögen besitzt und im Geschäftsverkehr verwendet.
Das Anschriftenfeld ist freizulassen.
Bei ggf. verwendeten Aufzählungen ist auf die Reihenfolge der Tätigkeiten zu achten, wobei die wichtigsten bzw. häufigsten Aufgaben zuerst genannt werden sollten.
Das Zeugnis muss in einheitlicher Maschinenschrift ohne handschriftliche Zusätze (außer der Unterschrift), Streichungen usw. geschrieben sein und Ort und Datum der Ausstellung enthalten. Es ist vom Arbeitgeber, mindestens aber von einem Vorgesetzten des Arbeitnehmers, eigenhändig zu unterschreiben.
Das Zeugnis darf nicht gefaltet sein und keine Knicke, Risse, Flecken oder ähnliches aufweisen.
Entspricht das Zeugnis nicht diesen Grundsätzen, kann der Arbeitnehmer die Ausstellung eines neuen Zeugnisses verlangen. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, Formulierungsvorschläge oder -wünsche des Arbeitnehmers zu übernehmen, wenn diese nicht rechtlich geboten sind. 
Gliederung des Zeugnisses
Bei der Ausstellung eines Zeugnisses hat der Arbeitgeber die gebräuchliche Gliederung mit ihren Grundelementen zu beachten, denn diese hat sich inzwischen weitgehend standardisiert.
Ein einfaches Zeugnis enthält üblicherweise die Elemente Überschrift, Eingangsformel, Aufgaben-/ Tätigkeitsaufzählung und einen Schlussabsatz. Am Ende des Zeugnisses wird üblicherweise der Dank des Arbeitgebers für die gute Zusammenarbeit, das Bedauern über das Ausscheiden des Arbeitnehmers und die besten Wünsche für die weitere berufliche Zukunft des Arbeitnehmers ausgedrückt. Das Bundesarbeitsgericht hat allerdings im Dezember 2012 entschieden, dass der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine solche abschließende Formulierung hat (BAG, Az.: 9 AZR 227/11).
Wenn das Zeugnis nicht den formalen oder inhaltlichen Anforderungen entspricht, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses. Wegen unrichtiger oder unvollständiger Zeugniserteilung können dem Arbeitnehmer sogar Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zustehen.

Ein qualifiziertes Zeugnis enthält üblicherweise die folgenden Elemente:
Überschrift (Arbeits-)Zeugnis/ Zwischen-, Ausbildungs,- Praktikantenzeugnis
Eingangsformel  Personalien, Dauer des Arbeitsverhältnisses
Aufgabenbeschreibung    Tätigkeitsbeschreibung, hierarchische Position, Kompetenzen, Verantwortung
Leistungsbeurteilung    Arbeitsbereitschaft (Motivation), Arbeitsbefähigung, Arbeitsweise, Arbeitserfolg, Führungsleistung (bei Vorgesetzten)
Verhaltensbeurteilung      Verhalten zu Vorgesetzten, Kollegen, evtl. Mitarbeitern und Dritten
Schlussabsatz    Dankes-/ Bedauernsformel, Zukunftswünsche,
Unterschrift Ausstellungsort, -datum, Unterschrift, Hinweis auf die Rechtsstellung des Ausstellers

Das Arbeitszeugnis soll Aufschluss über die während des Arbeitsverhältnisses unter Beweis gestellten Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse geben sowie Angaben über die berufliche Entwicklung des Arbeitnehmers enthalten. Es soll belegen, in welchem Aufgabengebiet der Arbeitnehmer eingesetzt gewesen und mit welchen Tätigkeiten er betraut worden ist, wie er sein erlerntes Wissen in der Praxis umgesetzt, und ob er sich in der Position bewährt hat. Der Arbeitgeber hat dabei sowohl die Wahrheitspflicht als auch die Verpflichtung zu beachten, das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren. Es gilt der Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung. Kein Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, einen schlechten Arbeitnehmer besser zu beurteilen, als er tatsächlich ist. Unwahre Zeugnisse können Schadensersatzansprüche z. B. des neuen Arbeitgebers gegenüber dem Zeugnisersteller auslösen (z.B. darf man einem Arbeitnehmer, dem man wegen Unterschlagungen gekündigt hat, nicht im Arbeitszeugnis „Ehrlichkeit“ bescheinigen).
Abmahnungen, Beendigungsgründe (nur auf ausdrücklichen Wunsch des Mitarbeiters), Einkommen, Fehlzeiten (nur, wenn sie außer Verhältnis zur Tatsächlichen Arbeitsleistung stehen), die fristlose Kündigung, Gesundheitszustand, Krankheiten, Straftaten, Vertragsbrüche, usw. dürfen nicht im Arbeitszeugnis erwähnt werden. Auch der Hinweis, dass der Arbeitgeber für Nachfragen zur Arbeitsqualität des Arbeitnehmers zur Verfügung stehe, ist nicht zulässig.

Zeugnissprache
Der Arbeitnehmer hat ein Recht darauf, dass ihm der Arbeitgeber ein in allen seinen Aussagen eindeutiges und klar formuliertes Zeugnis ausstellt. Es darf nicht der Eindruck entstehen, der ausstellende Arbeitgeber distanziere sich vom buchstäblichen Wortlaut seiner Erklärung. Aus diesem Grunde darf ein Zeugnis nicht in sich widersprüchlich sein und mit Hilfe von Widersprüchen darf auch keine Herabsetzung der Verhaltensbeurteilung erfolgen. Dies gilt vor allem bei der Verwendung von verschlüsselten oder doppelbödigen Zeugnisformulierungen, die wohlwollender klingen als sie gemeint sind.
Erlaubt ist jedoch, dass der Arbeitgeber ungünstige Werturteile durch Weglassen (sog. beredtes Schweigen), durch die Reihenfolge (Erwähnung von Unwichtigem vor Wichtigem), der Betonung von Selbstverständlichkeiten (Pünktlichkeit) oder der Einschränkung positiver Werturteile („zum großen Teil“) zum Ausdruck bringt.
Der Arbeitgeber ist zwar bei der Ausstellung des Zeugnisses grundsätzlich in seiner Ausdrucksweise frei, muss sich aber der in der Praxis allgemein angewandten Zeugnissprache bedienen und bei der Beurteilung des Arbeitnehmers den allgemein üblichen Maßstab anlegen. Für die Beurteilung der Leistung haben sich feste Formulierungen eingebürgert, die einer Notenskala vergleichbar sind.

Zum besseren Verständnis der Zeugnissprache hier die gängigen Hauptformulierungen zur Beurteilung der Leistung:
Beurteilung Zeugnisformulierung
sehr gut ... stets zu unserer vollsten Zufriedenheit ...
 gut ... stets zu unserer vollsten Zufriedenheit ... 
... stets zu unserer vollen Zufriedenheit ...
befriedigend ... zu unserer vollen Zufriedenheit ...
ausreichend ... zu unserer Zufriedenheit ...
mangelhaft
... insgesamt zu unserer Zufriedenheit ... 
... war bemüht, zu unserer Zufriedenheit ...

Für die Beurteilung der persönlichen Führung hat sich folgende Formulierungspraxis entwickelt:
Beurteilung Zeugnisformulierung
sehr gut ... war stets vorbildlich ...
 gut ... war vorbildlich ...
voll befriedigend ... war stets einwandfrei/korrekt
befriedigend ... war einwandfrei/korrekt
ausreichend
... war ohne Tadel ...
mangelhaft ... gab zu keiner Klage Anlass ...
unzureichend  Über ihn/sie ist uns nichts Nachteiliges bekannt geworden.

Ausgewählte Beispiele für versteckte negative Formulierungen
Negatives kann sich hinter den folgenden Bewertungen verbergen. Jedoch kommt es immer auf den Gesamtzusammenhang und den sonstigen Zeugnisinhalt an. Um unbeabsichtigte Fehldeutungen zu vermeiden und wegen des Transparenzgebotes, wird davon abgeraten, die nachfolgenden Formulierungen zu verwenden.
  • Wenn in der Reihenfolge Unwichtiges vor Wichtigem genannt wird oder wenn Nebenaufgaben oder Selbstverständlichkeiten statt Wichtiges hervorgehoben werden.
  • Wenn Einschränkungen oder relativierende Äußerungen verwendet werden (zum Beispiel "Herr/Frau ... kümmerte sich als Verkäufer/-in auch (= leider zu wenig) um die Aufgaben die ihm/ihr übertragen wurden" (= nicht um die übrigen Aufgaben)).
  • Wenn bestimmte Aussagen weggelassen werden (zum Beispiel "Sein/Ihr Verhalten zu den Arbeitskollegen gab zu keinen Beanstandungen Anlass" (= zu beanstanden war aber das Verhalten gegenüber den Vorgesetzten)).
  • Wenn Verneinungen verwendet werden (zum Beispiel "Er/Sie erzielte nicht unbedeutenden Umsatz" (= auch nicht bedeutenden Umsatz)).
  • Wenn Selbstverständlichkeiten wie Pünktlichkeit oder Verständnis für die Arbeit erwähnt werden.
  • "Er/Sie bemühte sich um sinnvolle Lösungen" (= die Mühe allein genügt nicht).
  • "Herr/Frau .... setzte sich im Rahmen seiner/ihrer Möglichkeiten/Fähigkeiten ein" (= Er/Sie hat sich angestrengt, ohne viel zu leisten).
  • "Herr/Frau .... war stets willens, die übertragenen Aufgaben termingerecht zu beenden" (Er/Sie konnte Termine nicht einhalten).
  • "Herr/Frau .... war stets ein gutes Vorbild wegen seiner/ihrer Pünktlichkeit" (= Er/Sie hat völlig unzureichende Leistungen erbracht).
  • "Die Leistungen von Herrn/Frau ... zeichneten sich durch besondere Genauigkeit aus" (= Er/Sie hat sehr langsam gearbeitet).
  • "Herr/Frau ... hat durch seine/ihre gesellige Art zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen" (= Er/Sie hat vermutlich ein Alkoholproblem).
  • "Herr/Frau ... engagiert sich für Arbeitnehmerinteressen" (= Er/Sie ist für die Gewerkschaft oder den Betriebsrat besonders aktiv).
Nicht ins Zeugnis gehören einmalige Vorfälle oder Umstände, die nicht für die Führung oder Leistung des Arbeitnehmers charakteristisch sind, Hinweis auf eine Betriebsrats- oder Gewerkschaftstätigkeit, Aussagen zum Gesundheitszustand des Arbeitnehmers oder eine bestehende Schwerbehinderung.
Konsequenzen bei Nichterfüllung des Zeugnisanspruchs
Der Arbeitnehmer kann den Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses im Wege der Klage geltend machen. Wenn das Zeugnis nicht den formalen oder inhaltlichen Anforderungen entspricht, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses. Auch die Berichtigung kann der Arbeitnehmer im Wege der Klage geltend machen. Wegen verweigerter, verspäteter, unrichtiger oder unvollständiger Zeugniserteilung können dem Arbeitnehmer ferner Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zustehen. Hierfür muss der Arbeitnehmer die Ursächlichkeit zwischen der Verletzung der Zeugnispflicht und seiner erfolglos gebliebenen Bewerbung darlegen.
Verjährung
Die gesetzliche Verjährungsfrist für den Zeugnisanspruch beträgt 3 Jahre, d.h. der Anspruch verjährt mit Ablauf des dritten vollen Kalenderjahres nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Darüberhinaus kann der Zeugnisanspruch durch arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen begrenzt sein.
Stand: 09/2018