Neues Gesetz
Lieferketten und Nachhaltigkeit
Das deutsche Lieferkettengesetz
Mit dem neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz werden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und der Koalitionsvertrag verbindlich umgesetzt. Große Unternehmen müssen künftig innerhalb ihrer internationalen Lieferketten die Einhaltung der Menschenrechte sicherstellen.
Das BAFA schafft aktuell die inhaltlichen und technischen Voraussetzungen, um ab dem 1. Januar 2023 seinem gesetzlichen Auftrag zur Kontrolle der Einhaltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes nachkommen zu können. Ziel ist es, eine wirksame, bürokratiearme und ressourcensparende Lösung zu erarbeiten.
Das BAFA hat eine neue „Handreichung zur Anwendung des LkSG auf die Kredit-und Versicherungswirtschaft“ (Stand: August 2023) veröffentlicht. Unternehmen der Kredit- und Versicherungswirtschaft sind wie Unternehmen aller anderen Branchen vom LkSG erfasst, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 LkSG erfüllen. Es sind allerdings branchen- und produktspezifische Besonderheiten zu beachten.
Entsprechend der BAFA Handreichung zur Zusammenarbeit in der Lieferkette aktualisierter Muster-Verhaltenskodex des bayerischen Industrie- und Handelskammertages.
Entsprechend der BAFA Handreichung zur Zusammenarbeit in der Lieferkette aktualisierter Muster-Verhaltenskodex des bayerischen Industrie- und Handelskammertages.
Zweck des Gesetzes
Unternehmen werden in Zukunft verstärkt in die Pflicht genommen, die Menschenrechte, die Umwelt und eine gute Unternehmensführung in ihren internationalen Aktivitäten zu integrieren. Die Verantwortung der Unternehmen soll sich entsprechend dem neuen Gesetz auf die gesamte Lieferkette erstrecken – abgestuft nach Einflussmöglichkeiten. Die Pflichten müssen durch die Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie gegenüber ihren unmittelbaren Zulieferern umgesetzt werden. Mittelbare Zulieferer werden einbezogen, sobald das Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen auf dieser Ebene substantiierte Kenntnis erhält. Das Gesetz konkretisiert, in welcher Form die Unternehmen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht erfüllen. Dies beinhaltet, dass sie menschenrechtliche Risiken analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten und über ihre Aktivitäten berichten müssen. Auch der Umweltschutz ist im Gesetz erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Zudem sollen umweltbezogene Pflichten etabliert werden, die sich aus zwei internationalen Abkommen zum Schutz vor den Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und langlebige organische Schadstoffe ergeben.
Wann tritt das Lieferkettengesetz in Kraft?
Der Bundestag hat das neue Gesetz am 11. Juni verabschiedet. Wegen der Belastungen der anhaltenden Corona-Pandemie soll es wie folgt in Kraft treten
Der Bundestag hat das neue Gesetz am 11. Juni verabschiedet. Wegen der Belastungen der anhaltenden Corona-Pandemie soll es wie folgt in Kraft treten
- ab dem 1. Januar 2023 für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern
- ab dem 1. Januar 2024 für Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitern
Wer überwacht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll überwachen, dass die Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Zudem bekommen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit, bei Menschenrechtsverletzungen und Schäden durch Umweltverschmutzung durch ausländische Zulieferer vor deutschen Gerichten zu klagen – wenn die Betroffenen zustimmen. Das ist neu: Bisher konnten nur Geschädigte selbst klagen, was aber in der Praxis oftmals an den Lebensumständen scheiterte.
Anwendungsbereich
Ab 2023 gilt das neue Gesetz in der ersten Stufe für Unternehmen, die mehr als 3.000 Beschäftigte und Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder Sitz in Deutschland haben. Mitgezählt werden auch Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind.
In einer zweiten Stufe ab 2024 wird es alle Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern betreffen.
Die Sorgfaltspflichten gelten auch für deutsche Niederlassungen ausländischer Unternehmen. Bis 2026 soll der erreichte Schutz der Menschenrechte in Lieferketten evaluiert werden, um die Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen - das kann beispielsweise auch eine mögliche Absenkung des Schwellenwertes der Größenklassen erfasster Unternehmen oder aber die Höhe der Bußgelder betreffen. Zudem bleibt auch die Verabschiedung eines EU-Rechtsaktes abzuwarten.
Worauf sich deutsche Unternehmen einstellen sollten
Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen erstreckt sich auf den eigenen Betrieb und die unmittelbaren und direkten Zulieferer. Dennoch ist das Gesetz ebenso für Unternehmen von Bedeutung, die nicht in den direkten Anwendungsbereich fallen. Denn diese können mittelbar betroffen sein, etwa als Zulieferer eines in der gesetzlichen Verantwortung stehenden Unternehmens. Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereiches sind jedoch nicht direkte Adressaten von Bußgeldern oder gesetzlichen Verpflichtungen.
- Die (Groß-)Unternehmen sind verpflichtet, einen Verantwortlichen innerhalb ihres Betriebes festzulegen, der die Einhaltung der Sorgfaltspflichten überwacht. Die Geschäftsleitung hat sich regelmäßig über die Arbeit der zuständigen Person/en zu informieren.
- Gemäß dem neuen Sorgfaltspflichtengesetz müssen Unternehmen ein angemessenes Risikomanagement entlang der gesamten Lieferkette einführen, das menschenrechtliche Risiken in allen maßgeblichen unternehmensinternen Geschäftsabläufen analysiert. Als relevante Risikofelder benennt das Gesetz dabei insbesondere Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit, problematische Anstellungs- und Arbeitsbedingungen und Umweltschädigungen.
- Sie müssen insbesondere eine Risikoanalyse durchführen, das heißt, dass sie zunächst die Teile ihrer Produktions- und Lieferkette identifizieren müssen, die besonders hohe menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken bergen. Dazu zählen auch die Geschäftsbereiche der Zulieferer.
- Anschließend müssen geeignete Abhilfe- oder präventive Maßnahmen getroffen werden, um Verstößen vorzubeugen. Das kann zum Beispiel die Vereinbarung entsprechender vertraglicher Menschenrechtklauseln mit dem Zulieferer sein. Ebenso müssen angemessene Maßnahmen zur Beendigung oder Minimierung einer bereits eingetretenen Verletzung (Abhilfemaßnahmen) getroffen werden. Auch Menschenrechtsrisiken bei mittelbaren Zulieferern, also in den tieferen Gliedern der Lieferkette, müssen analysiert, beachtet und angegangen werden, wenn Unternehmen darüber Kenntnis erlangen und tatsächliche Anhaltspunkte haben - etwa aufgrund von Hinweisen durch Behörden, aufgrund von Berichten über eine schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion oder aufgrund der Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen Risiken.
- Zudem müssen Unternehmen ein Beschwerdeverfahren einrichten, das direkt Betroffenen ebenso wie denjenigen, die Kenntnis von möglichen Verletzungen haben, ermöglicht, auf menschenrechtliche Risiken und Verletzungen hinzuweisen.
- Über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten müssen die Unternehmen jährlich einen Bericht bei der zuständigen Behörde einreichen.
Grad der Betroffenheit als Lieferant
Der Grad der Betroffenheit für Lieferanten von Unternehmen mit mindestens 3.000 oder ab 2024 mindestens 1.000 Beschäftigten wird unterschiedlich sein. Beim unmittelbaren Zulieferer muss das Unternehmen einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen, wenn es die Verletzung nicht in absehbarer Zeit beenden kann. Bei mittelbaren Zulieferern gilt die Sorgfaltspflicht nur anlassbezogen und nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt.
In dem Fall hat das Unternehmen unverzüglich:
- Eine Risikoanalyse durchzuführen.
- Ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umsetzen.
- Angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern. Die Umsetzung von Brancheninitiativen ist hierbei eine Möglichkeit.
Vertragliche Vereinbarungen
Im Vorfeld könnten beispielsweise Lieferantenvereinbarungen geschlossen werden, die auf einen verbindlichen Verhaltenskodex verweisen oder es könnten Lieferantenverpflichtungen festgelegt werden, die dafür sorgen, dass Compliance-Standards entlang der Lieferkette eingehalten werden. Als Folge ist die vertragliche Fixierung von Sanktionen wie Kündigungsrechten und Schadensersatzansprüchen ebenso denkbar wie der Nachweis von Schulungen. Neben der Wirksamkeit muss das Risikomanagement angemessen sein, wobei unklar ist, was die Angemessenheit im Einzelfall bedeutet. Jedenfalls richten sich die in der Lieferkette zu ergreifenden Maßnahmen nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, dem Einflussvermögen des Unternehmens auf Verletzende, der Wahrscheinlichkeit einer Verletzung und der Schwere eines möglichen Schadens.
Was geschieht bei Verstößen?
Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht kann das BAFA Bußgelder verhängen, um die Einhaltung des Gesetzes durchzusetzen. Kommen Unternehmen ihren Pflichten zur Risikoanalyse, zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, Präventionsmaßnahmen und dem wirksamen Abstellen von bekannten Menschenrechtsverstößen nicht nach, drohen schmerzhafte Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro oder bis zu 2% des Jahresumsatzes. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Ebenso können Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, ab einem verhängten Bußgeld von einer bestimmten Mindesthöhe (Schwellenstufe je nach Schwere des Verstoßes: 175.000 EUR bzw. 1.500.000, 2.000.000, 0,35 % des Jahresumsatzes) bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Was bedeutet das Gesetz für kleine und mittlere Unternehmen?
Es ist zu erwarten, dass nicht nur Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe direkt betroffen sind, die Auswirkungen des Lieferkettengesetzes auf ihre unternehmerischen Abläufe spüren werden. Die Tendenz, dass größere Unternehmen Nachweise auch von ihren kleineren Vertragspartnern einfordern, was deren menschenrechtlich und umweltbezogenes verantwortungsbewusstes Handeln betrifft, gibt es seit Längerem. Diese Tendenz dürfte durch das Gesetz bestärkt werden. Viele Unternehmen setzten sich schon seit geraumer Zeit gezielt damit auseinander, wie sie dem Prinzip unternehmerischer Sorgfalt nachkommen können und wie sie entsprechende Nachweise - auch wenn diese rechtlich nicht verpflichtend sind - ihren größeren Geschäftspartnern bei Bedarf vorlegen können. Nicht selten ist das gerade für kleinere Unternehmen mit erheblichem Aufwand verbunden.
Da der Regelungsansatz des Sorgfaltspflichtengesetzes in der jetzigen Form durchaus anspruchsvoll ist, bleibt zu hoffen, dass kleine und mittelständische Betriebe durch ihre übersichtlichen Strukturen Vorteile ziehen können und dadurch in die Lage versetzt werden, auf ihr Geschäft bezogene Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Diese - wie die gesamte gewerbliche Wirtschaft - sind sich ihrer Verantwortung des Ehrbaren Kaufmanns durchaus bewusst. Es gibt unzählige Beispiele für Unternehmen, die schon jetzt und ohne rechtliche Verpflichtung, die Wahrung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten zu einem zentralen unternehmerischen Prinzip erklärt haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Umsetzung des Gesetzes von entsprechenden Tools, Hilfestellungen und zielgerichteten Informationen flankiert wird, sodass Unternehmen in dieser Haltung gestärkt werden können.
Quelle: Bayerischer Industrie- und Handelskammertag
Das Europäische Lieferkettengesetz
Am 10. März 2021 hat das Europäische Parlament mit einer fraktionsübergreifenden Mehrheit von 504 (von 695) Stimmen den „Legislativbericht über menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten von Unternehmen“ verabschiedet. Rechtlich handelt es sich bei dem Legislativbericht um eine Empfehlung an die Europäische Kommission, ein europäisches Lieferkettengesetz einzuführen. Das ausschließliche Initiativrecht für die Gesetzgebung liegt bei der Kommission. Im Juni 2021 soll der Legislativvorschlag der EU-Kommission fertig sein und Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und der Umwelt beinhalten.
Hintergrundinformation
Im Juni 2011 haben die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Sie sollen die Verletzung von Menschenrechten durch Wirtschaftsunternehmen verhindern und definieren die staatliche Schutzpflicht und die unternehmerische Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte in globalen Lieferketten. Um diese Leitprinzipien in Deutschland umzusetzen, hat die Bundesregierung zunächst auf freiwilliges Engagement gesetzt. Im Dezember 2016 hat sie den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet und einen Überprüfungsmechanismus eingerichtet. Nachdem die Bundesregierung die Selbstregulierung der Wirtschaft als gescheitert angesehen hatte, erarbeitete sie das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“. Das Gesetz wurde am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Quelle: IHK Darmstadt Rhein Main Neckar
Quelle: Bayerischer Industrie- und Handelskammertag
Nachhaltigkeitsreporting Pflicht
Der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) bietet einen Rahmen für die Berichterstattung zu nichtfinanziellen Leistungen, der von Organisationen und Unternehmen jeder Größe und Rechtsform genutzt werden kann. Der DNK kann weltweit genutzt werden, der Unternehmenssitz ist nicht relevant für die Anwendung des DNK.
Unternehmen, Banken und Versicherungen in Europa sollen verantwortungsvoller und nachhaltiger handeln.
Die EU schiebt diesen Verbesserungsprozess mit der CSR-Berichtspflicht an. Sie sorgt für eine Transparenz der Geschäftsabläufe, indem die CSR-Richtlinie unterschiedliche Verfahrensweisen europaweit vereinheitlicht. Die Europäische Kommission verpflichtet ab 2017 große Unternehmen zur Berichterstattung über nicht finanzielle und die Diversität betreffende Informationen.
Mehr Informationen finden Sie auf der Seite "Deutscher Nachhaltigkeits Kodex”.
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CSR-Risiko-Check für Ihr Unternehmen
Ist Ihr Unternehmen in internationalen Lieferketten tätig? Um Ihr Unternehmen zukunftssicher zu machen, ist es wichtig, die weltweiten sozialen und ökologischen Auswirkungen Ihrer Tätigkeit zu verstehen und die Risiken zu minimieren.
Nutzen Sie den kostenfreien CSR Risiko-Check, um Einblicke in potenzielle CSR-Risiken in Ihrer Lieferkette zu erhalten.
Als Unternehmen, das in einer internationalen Lieferkette tätig ist, kommen gesetzliche Vorgaben auf Sie zu: Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und auch europaweit wird an neuen Gesetzen zur Sorgfaltspflicht gearbeitet.
Der CSR Risiko-Check hilft Ihnen dabei, die potenziellen CSR-Risiken in Ihrer Lieferkette zu identifizieren.
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Der CSR Risiko-Check wurde von MVO Nederland entwickelt und wird vom niederländischen Außenministerium finanziert. Die deutschsprachige Version des CSR Risiko-Check wird von UPJ gemeinsam mit MVO Nederland sowie dem Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte der Agentur für Wirtschaft & Entwicklung (AWE) umgesetzt.