Flüchtlinge ausbilden oder beschäftigen

Bleibeperspektiven für Geduldete in Ausbildung oder Beschäftigung

Geflüchtete mit einer Duldung, die in oder kurz vor einer Ausbildung sind, können gegebenenfalls die neue Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer oder wie bisher eine Ausbildungsduldung erhalten. Entscheidend dafür ist die Lebensunterhaltssicherung, ansonsten bestehen analoge Voraussetzungen.
Geduldete, die hier bereits seit mindestens zwölf Monaten arbeiten, können unter bestimmten Voraussetzungen eine Beschäftigungsduldung beantragen. Außerdem gibt es die Möglichkeit eines Spurwechsels für Asylbewerber, die als Fachkraft beschäftigt sind oder ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot haben. Daraus kann jeweils eine langfristige Bleibeperspektive erwachsen.

I. Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer

Für die Dauer einer Ausbildung können Geduldete eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG beantragen. Der Antrag kann frühestens sieben Monate vor Beginn der Ausbildung gestellt werden, die Aufenthaltserlaubnis wird frühestens sechs Monate vor Ausbildungsbeginn erteilt.
Bei (vorzeitiger) Beendigung der Ausbildung muss der Ausbildungsbetrieb dies innerhalb von zwei Wochen der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitteilen. Dies ist formlos möglich unter Angabe von Zeitpunkt, Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers.
Wirkung
Mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis endet die Duldung und der Auszubildende erhält während der Ausbildung einen sicheren Aufenthaltsstatus.
Voraussetzungen
  • Aufnahme oder Weiterführung einer qualifizierten Berufsausbildung – Ausbildungsvertrag/-zusage muss vorliegen
  • (alternativ ist auch eine Assistenz- oder Helferausbildung möglich, an die eine qualifizierte Berufsausbildung in einem Engpassberuf anschlussfähig ist; für diese muss ebenfalls eine Ausbildungsplatzzusage vorliegen)
  • seit mind. drei Monaten im Besitz einer Duldung – wurde die Ausbildung bereits während des Asylverfahrens (in der Zeit der Gestattung) begonnen, entfällt die dreimonatige Vorduldungspflicht
  • Passpflicht muss erfüllt und Identität geklärt sein bzw. alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung müssen ergriffen worden sein (Infos zu Identitätsklärung und Mitwirkungspflichten)
  • es dürfen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet sein und keine weiteren Versagensgründe vorliegen
  • Lebensunterhalt muss gesichert sein, das heißt der Azubi muss über ein Nettoeinkommen in Höhe der Beträge nach § 12 BAföG verfügen – der genaue Betrag ist den Anwendungshinweisen zum Gesetz zu entnehmen; dabei sind eine Nebenbeschäftigung von maximal 20 Stunden pro Woche sowie der Bezug von Berufsausbildungsbeihilfe möglich 
Perspektiven
Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besteht bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen (ausreichender Wohnraum, ausreichende Deutschkenntnisse, keine Straftaten) ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16g Absatz 8 AufenthG für die Dauer von zwei Jahren; diese gilt für eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung. Die Aufenthaltserlaubnis kann auf Antrag verlängert werden und berechtigt dann zu jeder Beschäftigung.
Hinweis: Personen, die vor dem 1. März 2024 im Besitz einer Ausbildungsduldung waren und die Voraussetzungen für die neue Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG erfüllen, können bei ihrer zuständigen Ausländerbehörde einen Antrag stellen, um aus der Ausbildungsduldung in die Aufenthaltserlaubnis zu wechseln. Die Zeiten der Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG zählen im Gegensatz zur Ausbildungsduldung zu den notwendigen Voraufenthaltszeiten für eine mögliche spätere Niederlassungserlaubnis.

II. Ausbildungsduldung

Ist die Lebensunterhaltssicherung, zum Beispiel im Falle schulischer Ausbildungen oder im Berufsvorbereitungsjahr, nicht gewährleistet, können Geduldete für die Dauer der Ausbildung – anstelle der Aufenthaltserlaubnis nach § 16g AufenthG – wie bisher eine Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) beantragen. Der Antrag kann ebenfalls frühestens sieben Monate vor Beginn der Ausbildung gestellt werden, die Ausbildungsduldung wird frühestens sechs Monate vor Ausbildungsbeginn erteilt.
Bei (vorzeitiger) Beendigung der Ausbildung muss der Ausbildungsbetrieb dies innerhalb von zwei Wochen der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitteilen. Dies ist formlos möglich unter Angabe von Zeitpunkt, Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers.
Wirkung
Mit der Ausbildungsduldung ist der Auszubildende während der Ausbildung vor Abschiebung geschützt und hat nach Ausbildungsabschluss die Möglichkeit, einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erhalten.
Voraussetzungen
  • analog Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung für ausreisepflichtige Ausländer nach § 16g AufenthG
  • die Sicherung des Lebensunterhalts wird nicht vorausgesetzt; eine Nebenbeschäftigung von maximal 20 Stunden pro Woche ist möglich; nach 15 Monaten Aufenthalt kann bei schulischen Ausbildungen gegebenenfalls BAföG bezogen werden
Perspektiven
Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung besteht bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen (ausreichender Wohnraum, ausreichende Deutschkenntnisse, keine Straftaten) ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 19d Absatz 1a AufenthG für die Dauer von zwei Jahren; diese gilt für eine der Qualifikation entsprechende Beschäftigung. Die Aufenthaltserlaubnis kann auf Antrag verlängert werden und berechtigt dann zu jeder Beschäftigung.

III. Beschäftigungsduldung

Geduldete, die bereits länger in Deutschland leben, einer Beschäftigung nachgehen und ihren Lebensunterhalt eigenständig sichern, können ggf. eine 30-monatige Beschäftigungsduldung (§ 60d AufenthG) erhalten. Bei (vorzeitiger) Beendigung der Beschäftigung muss der Arbeitgeber dies innerhalb von zwei Wochen der zuständigen Ausländerbehörde schriftlich oder elektronisch mitteilen. Dies ist formlos möglich unter Angabe von Zeitpunkt, Namen, Vornamen und Staatsangehörigkeit des Ausländers.
Wirkung
Mit der Beschäftigungsduldung ist der Geduldete für 30 Monate vor Abschiebung geschützt und hat danach die Möglichkeit, einen sicheren Aufenthaltsstatus zu erhalten.
Voraussetzungen
  • Stichtagsregelung: Einreise bis zum 31. Dezember 2022
  • Identität muss bis zur Antragstellung oder spätestens zum 31. Dezember 2024 geklärt sein beziehungsweise alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen für die Identitätsklärung müssen ergriffen worden sein (Infos zu Identitätsklärung und Mitwirkungspflichten)
  • seit mind. zwölf Monaten im Besitz einer Duldung
  • seit mind. zwölf Monaten sozialversicherungspflichtig beschäftigt mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 20 Stunden
  • seit mind. zwölf Monaten Sicherung des Lebensunterhalts
  • Deutschkenntnisse mind. Niveau A2
  • am Integrationskurs teilgenommen bei Teilnahmepflicht
  • es dürfen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen eingeleitet sein und keine weiteren Versagensgründe vorliegen
  • Schulbesuch der schulpflichtigen Kinder muss nachgewiesen werden
Perspektiven
Für Personen mit Beschäftigungsduldung gelten verkürzte Voraufenthaltszeiten für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25b AufenthG (Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration), wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind: Die zweieinhalb Jahre (30 Monate) in Beschäftigungsduldung sind dann ausreichend statt einem Voraufenthalt von sechs Jahren (beziehungsweise vier Jahren bei einer Haushaltsgemeinschaft mit minderjährigen Kindern).

IV. Spurwechsel für Asylbewerber in Beschäftigung als Fachkraft

Asylbewerber (Geflüchtete, die sich noch im Asylverfahren befinden), die als Fachkraft in Deutschland beschäftigt sind oder ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot haben, können unter engen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis zur qualifizierten Beschäftigung in Deutschland beantragen (§ 10 AufenthG). Vor Beantragung muss der Asylantrag zurückgezogen werden.
Wirkung
Mit dem Spurwechsel wechselt die Fachkraft aus der Asylmigration in die Erwerbsmigration und erhält einen sicheren Aufenthaltsstatus.
Voraussetzungen
  • Stichtagsregelung: Einreise bis zum 29. März 2023
  • vor der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis muss der Asylantrag beim BAMF zurückgenommen worden sein (nach Ablehnung des Asylantrags ist der Spurwechsel nicht möglich); die Absicht der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis sollte zudem der zuständigen Ausländerbehörde mitgeteilt werden, um eine Abschiebung in dieser Zeit zu vermeiden
  • Arbeitsvertrag beziehungsweise Arbeitsplatzangebot für eine qualifizierte Beschäftigung muss vorliegen
  • alle weiteren Voraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft nach §§ 18a (mit anerkanntem Berufsabschluss), 18b (mit anerkanntem Hochschulabschluss oder äquivalentem Abschluss) oder 19c Absatz 2 AufenthG in Verbindung mit § 6 BeschV (mit ausgeprägter berufspraktischer Erfahrung) müssen erfüllt sein
Hinweis: Asylbewerber sollten sich vor Rücknahme ihres Asylantrags beraten lassen, ob sie alle erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich erfüllen.
Perspektiven
Die Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft kann in einen langfristigen Aufenthalt wie eine Niederlassungserlaubnis münden.
Hinweis: Geduldete, die die hier genannten Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen, sich aber zum Stichtag 31. Oktober 2022 seit fünf Jahren ununterbrochen mit Duldung, Gestattung oder einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhalten, können gegebenenfalls die Chancen-Aufenthaltserlaubnis beantragen.