Recht und Steuern

A 1 Nr. 229

A 1 Nr. 229 § 1040 Abs. 3 Nr. 2 ZPO – Schiedsabrede im Gesellschaftsvertrag: Geltung gegenüber ausgeschiedenen Gesellschaftern. Fortgeltung nach Vergleich. Beschlussmängelstreitigkeiten.
Die im Gesellschaftsvertrag enthaltene Schiedsabrede gilt auch für Zahlungsansprüche ausgeschiedener Gesellschafter, und auch dann, wenn die für Beschlussmängelstreitigkeiten anerkannten Informationsrechte der Gesellschafter nicht ausreichend beachtet wurden.   
Zahlungsansprüche ausgeschiedener Gesellschafter sind keine originären Beschlussmängelstreitigkeiten.
Ein Vergleich hat i.d.R. keine schuldumschaffende Wirkung, das bisherige Schuldverhältnis besteht fort, ebenso eine für alle daraus entstehenden Streitigkeiten  abgeschlossene Schiedsvereinbarung.
OLG Köln Beschl.v. 29.1.2013 – 19 Sch 30/12 SchiedsVZ 2013, 339
Aus dem Sachverhalt:
Die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft wandelten diese in eine GmbH (= die Antragstellerin) um. In dem am selben Tag geschlossenen Gesellschaftsvertrag hieß es in § 6 u.a.:
(4) „Erfolgt über die Höhe der Vergütung keine Einigung, so wird sie rechtsverbindlich durch einen vom Präsidenten der Industrie- und Handelskammer zu benennenden Sachverständigen festgesetzt.“
Der Gesellschaftsvertrag bestimmt:
Die Entscheidung aller Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern oder zwischen den Gesellschaftern untereinander in Angelegenheiten der Gesellschaft wird  – soweit gesetzlich zulässig –  unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte einem Schiedsgericht übertragen. Dies gilt insbesondere für Rechtsstreitigkeiten, die wegen der Gültigkeit, der Anwendung und der Auslegung des Gesellschaftsvertrages entstehen, für alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis und auch für die Klärung von Zweifelsfragen sowie die Beseitigung von Unbilligkeiten und Härten.  
Die Antragsgegner waren Gesellschafter der Antragstellerin und schieden 2008 aus. In einem Streit u.a. über die Frage, welche Zahlungsansprüche den AGg. für die Aufgabe ihrer Geschäftsanteile an der ASt. zustehen, schlossen die Parteien einen Vergleich:
„Die Antragsgegner haben zusätzlich Anspruch auf eine zeitanteilige Beteiligung am Ergebnis der Antragstellerin für das Geschäftsjahr. Dieses Ergebnis wird ermittelt auf der Grundlage des von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu testierenden Jahresabschlusses.“
Dieser endete mit einem negativen Ergebnis, so dass danach den AGg. jedenfalls keine Ansprüche gegen die ASt. mehr zustanden. Die AGg. erhoben Zahlungsklage vor dem Schiedsgericht; eine Rückstellung im Jahresabschluss sei zu Unrecht gebildet worden, so dass ihnen sehr wohl daraus ein entsprechender Anspruch auf der Basis des Vergleichs zustehe.
Die ASt. hielt das Schiedsgericht für unzuständig. Dieses erklärte sich mit Zwischenbescheid für zuständig und die Schiedsklage für zulässig.
Aus den Gründen:
Zu Recht hat das Schiedsgericht im Zwischenentscheid die Zulässigkeit der Schiedsklage und seine Zuständigkeit angenommen.
Die Schiedsvertragsabrede ist auf die Streitigkeit der Parteien anwendbar. Dem steht die Tatsache, dass die AGg. aus der ASt. mit der Zahlung der Einziehungsabfindung gem. Ziffer 1 des Vergleichs durch Einziehung ihrer Geschäftsanteile aus der ASt. ausgeschieden sind, nicht entgegen. Denn der Wille der vertragschließenden Gesellschafter geht regelmäßig dahin, sämtliche Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis intern zu lösen, wozu auch solche mit ausgeschiedenen Gesellschaftern gehören. Es ist daher nicht zwingend Voraussetzung, dass die Streitparteien auch im Zeitpunkt der Streitigkeit noch Gesellschafter sind. Davon ist jedenfalls – vorbehaltlich anderer Anhaltspunkte – auszugehen, wenn – wie hier – die Rechtsstreitigkeit noch dem Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander entspringt (BGH Beschl.v. 1.8.2002 - III ZB 66/01 RKS A 1 Nr. 118; OLG Koblenz 6.3.2008 – 6 U 610/07 RKS A 1 Nr. 159; beide zitiert nach juris). Der Streit mit den AGg. hängt mit der Frage des Bestehens sowie ggf. der Errechnung der Abfindungssumme zusammen, betrifft also gesellschaftsinterne Vorgänge. Soweit die ASt. meint, dass mit dem Abschluss des Vergleichs eine neue Anspruchsgrundlage geschaffen worden sei, so dass Streitigkeiten um die Frage der Auslegung der Regelungen in dem Vergleich keine Rechtsstreitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander bzw. der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft seien, ist das schon deshalb nicht zutreffend, weil der Vergleich keine neue, die Regelung in § 6 des Gesellschaftsvertrages ablösende, sondern eine diese konkretisierende Regelung darstellt.      
Die Anwendbarkeit der vereinbarten Schiedsgerichtsabrede scheitert nicht daran, dass hier die für Beschlussmängelstreitigkeiten anerkannten Informationsrechte der Gesellschafter (hierzu BGH 6.4.2009 - II ZR 255/08 RKS A 1 Nr. 176, zitiert nach juris) nicht ausreichend beachtet worden wären. Denn es handelt sich vorliegend nicht um eine originäre Beschlussmängelstreitigkeit, da es nicht um Streitigkeiten der Gesellschaft mit Gesellschaftern bzw. um Streitigkeiten von Gesellschaftern einer Gesellschaft untereinander geht, sondern um geltend gemachte Zahlungsansprüche ausgeschiedener vormaliger Gesellschafter gegen die Gesellschaft. Zu Recht hat das Schiedsgericht ausgeführt, dass es hier genüge, wenn sich die (verbliebenen) Gesellschafter der ASt. um entsprechenden Einfluss auf das Verfahren und die gewünschte Transparenz bemühen. Es ist nicht erforderlich, dass jeder Gesellschafter neben den Gesellschaftsorganen über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert werden muss, wie dies für Beschlussmängelstreitigkeiten vom BGH aaO. verlangt wird. Dies ergibt sich schon daraus, dass in der vorliegenden Konstellation einzelne Gesellschafter der ASt. nicht betroffen sind, sondern nur die Gesellschaft selbst, die von ehemaligen Gesellschaftern in Anspruch genommen wird.
Auch ist der Schiedsvertrag aus dem Gesellschaftsvertrag nicht durch den beim Landgericht geschlossenen Vergleich abgelöst worden. Es liegt keine sog. Schuldumschaffung vor. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (Urt.v. 24.6.2003 IX ZR 228/02; v.25.6.1987 VII ZR 214/86 zitiert nach juris) hat ein Vergleich i.d.R. keine schuldumschaffende Wirkung. Durch einen Vergleich wird das ursprüngliche Schuldverhältnis nicht derart umgestaltet, dass die neue Forderung an die Stelle der alten Forderung träte. Vielmehr besteht das alte Rechtsverhältnis regelmäßig unverändert fort, sofern von den Parteien nicht etwas anderes vereinbart wurde. Das Fortbestehen des alten Schuldverhältnisses ist auch deshalb anzunehmen, weil der geschlossene Vergleich sich oftmals nur unter Berücksichtigung des ursprünglichen Schuldgrundes zutreffend beurteilen lässt (BGH 24.6.2003 - X ZR 228/02 – wird ausgeführt).
Mit der vergleichsweisen Einigung sollte auch nicht § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages abbedungen werden, wofür auch gar kein Anlass bestand (wird ausgeführt).
Zutreffend hat das Schiedsgericht ausgeführt, dass mit der vergleichsweisen Einigung der Parteien nur § 6 Abs. 4 letzter Satz – dass über die Höhe der Vergütung ein von der IHK zu benennender Sachverständiger entscheidet – abbedungen ist, dass die Parteien diesen Weg der Ermittlung der Vergütung nicht gewählt, sondern sich einvernehmlich auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geeinigt haben …  
23.12.2013