Recht und Steuern

A1 Nr. 176

A 1 Nr. 176
„Schiedsfähigkeit” von Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht: Wirkung des Schiedsspruchs für und gegen alle, auch die nicht am Schiedsverfahren beteiligten Gesellschafter, Mindestanforderungen an die Schiedsvereinbarung
1. Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH sind grundsätzlich schiedsfähig.
2. Seit Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes können grundsätzlich die Wirkungen gemäß § 248 Abs. 1 Satz 1, § 249 Abs. 1 S. 1 Aktiengesetz (des Urteils für und gegen alle Gesellschafter, auch wenn sie nicht Partei sind), analog durch einen Schiedsspruch auf der Grundlage gesellschaftsvertraglicher Schiedsklauseln herbeigeführt werden.
3. Genauso wie die Gesellschafter einen von ihnen mit satzungsgemäßer Mehrheit gefassten Beschluss durch allseitigen Vertrag aufheben können, können sie grundsätzlich im allseitigen Einvernehmen ein Schiedsgericht befugen, den Beschluss nach den Maßstäben des objektiven Gesellschaftsrechts zu prüfen und ggf. für nichtig zu erklären.
4. Voraussetzung ist aber, dass das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichen Weise gestaltet ist. Nach § 138 Abs. 1 BGB sind Schiedsvereinbarungen nichtig, wenn sie den Rechtsschutz übermäßig einschränken. Am Maßstab des § 138 BGB gemessen setzt die Wirksamkeit insbesondere die Erfüllung folgender Mindestanforderungen voraus:
5. Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert oder außerhalb derselben unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft vereinbart sein. Sie muss die Teilnahme sämtlicher Gesellschafter an der Schiedsrichterbestellung – sofern diese nicht durch eine neutrale Stelle erfolgt - und am Verfahren ermöglichen.
6. Sie muss gewährleisten, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei dem einen Schiedsgericht konzentriert werden.
7. Sie muss von vornherein eine neutrale Person oder Stelle als Schiedsgericht bestimmen, sowie dem ersten Antrag auf Verfahrenseinleitung eine Sperrwirkung gegenüber späteren Anträgen sichern, und die Einleitung paralleler Schiedsverfahren verhindern.
8. Die Sittenwidrigkeit einer Schiedsklausel ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihrer Einführung in den Gesellschaftsvertrag zu beurteilen, nicht nach den Verhältnissen in dem Zeitpunkt, in dem sie ihre Rechtswirkungen entfaltet. Eine Schiedsklausel ist unwirksam insbesondere, wenn sie eine Einflussnahme aller von der Rechtskraft eines Schiedsspruchs gemäß §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG potentiell Betroffenen auf die Besetzung des Schiedsgerichts, und die Verfahrenskonzentration nicht sichert. Ihre Treuepflicht hindert die Gesellschafter nicht ohne weiteres, die Unwirksamkeit der Schiedsklausel geltend zu machen, und verpflichtet sie nicht zu deren Anpassung.

BGH 6.4.2009 – II ZR 255/08; Betriebs-Berater 2009, 1260 = Der Betrieb 2009, 1171 = RKS A 1 Nr. 176
Aus dem Sachverhalt:

Der Kläger ist seit der Gründung der beklagten GmbH im Jahre 1989 an deren Stammkapital zu 50% als Gesellschafter beteiligt; die beiden weiteren Gesellschafter - Witwe und Sohn des verstorbenen zweiten Gesellschafters - halten jeweils 25% des Gesellschaftskapitals. Die Mitgesellschafterin fungiert zugleich als Geschäftsführerin der Bekl. Zwischen dem Kl. und seinen Mitgesellschaftern bestehen seit Jahren erhebliche Differenzen.

Die Gesellschafterversammlung des Bekl. beschloss am 9.10.2006 mit den Stimmen der beiden anderen Gesellschafter in Anwesenheit des Kl., seinen Geschäftsanteil aus wichtigen Grunde einzuziehen. Nachdem der Kl. die Gesellschafterversammlung verlassen hatte, beschlossen die Mitgesellschafter außerdem, dessen Geschäftsanteil auf sich zu übertragen, stellten die Jahresabschlüsse 2003 und 2004 fest und entlasteten die Geschäftsführerin der Bekl. für die Geschäftsjahre 2003 und 2004.

Der Kl. hat sämtliche Beschlüsse vor dem LG mit dem Antrag angegriffen, ihre Nichtigkeit festzustellen bzw. hilfsweise, sie für nichtig zu erklären. Die Bekl. hat innerhalb der Klageerwiderungsfrist unter Verweis auf den Gesellschaftsvertrag die Einrede des Schiedsvertrages erhoben und diese in der abgesonderten Verhandlung des LG über die Zulässigkeit der Klage wiederholt.

Der Gesellschaftsvertrag der Bekl. aus dem Jahr 1989 enthält insoweit folgende Schiedsklausel:
„Rechtsstreitigkeiten in Angelegenheiten der Gesellschaft zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern und den Gesellschaftern oder von Gesellschaftern untereinander in Angelegenheiten der Gesellschaft sollen – soweit gesetzlich zulässig – unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein aus zwei Beisitzern und einem Vorsitzenden bestehendes Schiedsgericht entschieden werden, von dem - jeweils durch eingeschriebenen Brief an den anderen Teil - die das Schiedsgericht anrufende Partei den einen, und die andere Partei binnen zwei Wochen den anderen Beisitzer bestimmt; der Vorsitzende, welcher die Befähigung zum Richteramt besitzen muss, wird durch die Beisitzer binnen zwei Wochen nach Benennung des zweiten Besitzers bestimmt; benennt die andere Partei ihren Beisitzer oder benennen die Beisitzer den Vorsitzenden nicht frist- und ordnungsgemäß, so werden der zweite Beisitzer bzw. der Vorsitzende auf Antrag einer Partei durch den Präsidenten des für den Gesellschaftssitz zuständigen Landgerichts bestellt; bei Wegfall des Schiedsrichters – gleichgültig aus welchem Grund – ist ein anderer Schiedsrichter zu bestellen; insoweit gelten die vorstehenden Bestimmungen entsprechend. Mehrere Beteiligte auf Seiten des Klägers oder des Beklagten gelten im Sinne der vorstehenden Regelungen als die eine bzw. die andere Partei; sie treffen die Entscheidungen innerhalb ihrer Partei mit einfacher Mehrheit der vorhandenen Beteiligten nach Köpfen. Die gesetzlichen Bestimmungen über das Schiedsverfahren im 10. Buch der ZPO bleiben im Übrigen und auch insoweit, als sie zwingendes Recht darstellen, unberührt”.
Im Zusammenhang mit der Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen nimmt der Gesellschaftsvertrag zusätzlich auf die Schiedsklausel Bezug. Er macht die Anfechtung von einer Beanstandung des Beschlusses gegenüber der Gesellschaft innerhalb einer vierwöchigen Frist abhängig, die bei Anwesenheit des Anfechtenden mit der Beschlussfassung und für in seiner Abwesenheit gefasste Beschlüsse mit dem Tag der Absendung der Mitteilung über das Abstimmungsergebnis anlaufen soll. Im Übrigen legt er fest, dass – soweit nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen – die Gesellschafter nur dann zur Anfechtung berechtigt sind, wenn sie allein oder zusammen mindestens 25% des Gesellschaftskapitals repräsentieren.

Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat das Berufungsgericht das Urteil des LG aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen. Die von dem erkennenden Senat zugelassene Revision der Bekl. hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

1. Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH sind – wie nunmehr auch der Senat unter Aufgabe seines früheren, in BGHZ 132, 278, 285 ff. = RKS A 1 Nr. 84 – Schiedsfähigkeit I – vertretenen ablehnenden Standpunkts in Übereinstimmung mit der jetzt herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. Roth in Altmeppen/Roth GmbHG 5. Aufl. § 47 Rd-Nr. 153f.; Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG 18.Aufl. Anh. § 47 Rd-Nr. 36f.; Lutter/Hommelhoff GmbHG 16.Aufl. § 47 Rd-Nr. 77f; Michalski/Römermann GmbHG Anh. 47 Rd-Nr. 557 ff.; Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG 4.Aufl. 47 Rd-Nr. 143 a.E.; Scholz/K.Schmidt GmbHG 10.Aufl. § 45 Rd-Nr. 150; Raiser in Ulmer/Habersack/Winter GmbH Anh. § 47 Rd-Nr. 233ff.; Wicke GmbHG Anh. § 47 Rd-Nr. 21) annimmt – auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 S. 1, § 249 Abs. 1 S. 1 AktG grundsätzlich kraft einer dies analog im Gesellschaftsvertrag festschreibenden Schiedsvereinbarung oder einer außerhalb der Satzung unter Mitwirkung aller Gesellschafter und der Gesellschaft getroffenen Schiedsabrede „schiedsfähig”, sofern und soweit das schiedsgerichtliche Verfahren in einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Weise – d.h. unter Einhaltung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Mindeststandards an Mitwirkungsrechten und damit an Rechtsschutzgewährung für alle ihr unterworfenen Gesellschafter (vgl. dazu schon BGHZ 132, 278, 282 = RKS A 1 Nr. 84 – Schiedsfähigkeit I) – ausgestaltet ist. Die im Gesellschaftsvertrag der Bekl. enthaltene Schiedsklausel genügt aber nicht diesen an eine solche Vereinbarung zu stellenden Mindestanforderungen, so dass im konkreten Fall die von der Bekl. erhobene Schiedseinrede nicht durchgreift.

2. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 29.3.1996 (BGHZ 132, 278ff. = RKS A1 Nr. 84 – Schiedsfähigkeit I) ausgesprochen hat, dass mangels ausdrücklicher Regelung durch den Gesetzgeber eine Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Hinblick auf die Wirkungen der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1S. 1 AktG nicht auf dem Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu eröffnen sei, hält er daran nicht mehr fest. Da der Gesetzgeber im Rahmen des zwischenzeitlich verabschiedeten und in Kraft getretenen Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes von einer diesbezüglichen gesetzlichen Regelung bewusst Abstand genommen und im Anschluss an die Entwurfsbegründung die Problematik „angesichts ihrer Vielschichtigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht weiterhin der Lösung durch die Rechtsprechung unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles überlassen” hat (vgl. RegE Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz, BT-Drucks. 13/5274 S. 35), greift der Senat die ihm solchermaßen überantwortete Aufgabe auf und hält – nach nochmaliger Prüfung im Lichte des zwischenzeitlich erreichten Diskussionsstandes in der gesellschaftsrechtlichen (vgl. u.a. Roth aaO. § 47 Rd-Nr. 153; Baumbach aaO. Anh. § 47 Rd-Nr. 36f.; Lutter aaO. § 47 Rd-Nr. 77 ff.; Michalski aaO, Anh. § 47 Rd-Nr. 557; Koppensteiner aaO. § 47 Rd-Nr. 143 aE.; Scholz /K.Schmidt aaO. § 45 Rd-Nr. 150; Raiser aaO.§ 47 Rd-Nr. 233; Wicke aaO. § 47 Rd-Nr. 21) und zivilprozessualen (vgl. ua. Münch in MünchKomm ZPO § 1030 Rd-Nr. 35f; Saenger ZPO 2. Aufl. § 1030 Rd-Nr. 10; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 22. Aufl. § 1034 Rd-Nr. 22 ff; Zöller/Geimer ZPO 27. Aufl. § 1030 Rd-Nr. 9 ff) Literatur – seine früheren Bedenken gegen die grundsätzliche Zulässigkeit einer analogen Herbeiführung der Wirkungen aus § 248 Abs. 1 S. 1, § 249 Abs. 1 S. 1 AktG durch Schiedssprüche auf der Grundlage gesellschaftsrechtlicher Schiedsklauseln nicht mehr aufrecht. Dies gilt freilich nur unter der bereits früher vom Senat mit Rücksicht auf das auch hier geltende Rechtsstaatsprinzip geforderten (BGHZ 132, 278, 282 = RKS A 1 Nr. 84 – Schiedsfähigkeit I) Voraussetzung einer dem Rechtsschutz durch staatliche Gerichte gleichwertigen Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens, die für sämtliche ihm unterworfenen Gesellschafter einen am Maßstab des § 138 zu messenden (vgl. BGHZ 106, 336, 338f. = RKS A 1 Nr. 58) Mindeststandard an Mitwirkungsrechten und damit Rechtsschutzmöglichkeit sicherstellen muss.

3. Bei der Begründung der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in dem hier zu beurteilenden Recht der GmbH handelt es sich – wie in der Literatur zutreffend hervorgehoben worden ist (K.Schmidt BB 2001, 1857, 1859) – nicht um eine allein vom Gesetzgeber zu lösende Aufgabe; vielmehr kann sie auch durch die beteiligten Gesellschafter privatautonom – d.h. primär durch eine Regelung im Gesellschaftsvertrag, ggf. auch auf der Basis eines ad hoc zustande gebrachten Einvernehmens – gelöst werden. Denn genau wie die Gesellschafter einen von ihnen mit satzungsmäßiger Mehrheit gefassten Beschluss durch allseitigen Vertrag aufheben können, können sie auch in allseitigem Einvernehmen einem Schiedsgericht unter den genannten „Gleichwertigkeitskautelen” die Befugnis verleihen, den Beschluss nach den Maßstäben des objektiven Gesellschaftsrechts zu prüfen und ggf. mit den aus den §§ 248, 249 AktG ersichtlichen Wirkungen für nichtig zu erklären. Dabei ist entscheidend, dass diese Aufgabe vor Beginn eines Prozesses gelöst wird und dass die oben genannten vom Senat mit Urteil vom 29.3.1996 (BGHZ 132, 278, 282f. = RKS A 1 Nr. 84 – Schiedsfähigkeit I) eingeforderten Verfahrensgarantien – das ist das Ergebnis der zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Diskussion (vgl. dazu Röhricht in: Gesellschaftsrechtliche Vereinigung [Hrsg.], Gesellschaftsrecht in der Diskussion 2004 [2005] S. 1, 23) – mittels einer entsprechenden kautelarjuristischen vertraglichen Gestaltung gewährleistet werden. Im Übrigen beruht die Rechtskraftwirkung gem. §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG, soweit sie Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH betrifft, selbst auf einer richterlichen Rechtsfortbildung, neben der einer analogen Anwendung dieser Vorschriften auf Schiedssprüche keine die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung sprengende Qualität zukommt (dazu Bergmann RWS-Forum 20 [2001], 227, 236f). Immerhin ist die analoge Anwendung der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG – eine wirksame Schiedsvereinbarung vorausgesetzt - zwingende Folge der Eröffnung des schiedsrichterlichen Verfahrens.

4. Die mit einer Schiedsklausel getroffene Anordnung des schiedsrichterlichen Verfahrens auch für Beschlussmängelstreitigkeiten muss sich allerdings an § 138 Abs. 1 BGB messen lassen. Die Schiedsvereinbarung unterliegt nach altem wie nach neuem Recht als Unterfall des Prozessvertrages (BGHZ 99, 143, 147) materiellen Gültigkeitsgrenzen (MünchKommZPO/Münch 3. Aufl. § 1029 Rd-Nr. 15ff.), die durch § 138 Abs. 1 BGB – der neben § 1025 Abs. 2 ZPO a.F. Anwendung findet – gezogen werden. Nach § 138 Abs. 1 BGB (dazu BGHZ 106, 336, 338f. = RKS A 1 Nr. 58) sind Schiedsvereinbarungen nichtig, wenn sie eine übermäßige Einschränkung des Rechtsschutzes zum Gegenstand haben. § 138 Abs. 1 BGB hat die Funktion, den wesentlichen Grundsätzen und grundlegenden Maßstäben der Rechtsordnung – zu denen auch das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes gehört – gegenüber einem Missbrauch der Vertragsfreiheit Achtung zu verschaffen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ist für bürgerlichrechtliche Streitigkeiten die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten. Wegen seiner für den Bestand der Rechtsordnung wesentlichen Bedeutung kann der Rechtsschutz durch Parteivereinbarung allenfalls in einzelnen konkreten Ausgestaltungen, nicht aber in seiner Substanz abbedungen werden. Führt die Vereinbarung einer Schiedsklausel dazu, dass eine Partei – hier im weiten Sinne als von der Rechtskraftwirkung eines stattgebenden Schiedsspruchs Betroffenen verstanden – benachteiligt bzw. dass ihr der notwendige Rechtsschutz entzogen wird, ist die Schiedsvereinbarung mit den guten Sitten unvereinbar und daher nichtig. Danach setzt die Wirksamkeit einer Schiedsklausel zu Beschlussmängelstreitigkeiten – am Maßstab des § 138 BGB gemessen – die Erfüllung folgender Mindestanforderungen (vgl. Wicke a.a.O. Anh. § 47 Rd-Nr. 21 m.w.N.) voraus:

5. Die Schiedsabrede muss grundsätzlich mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter in der Satzung verankert sein; alternativ reicht eine außerhalb der Satzung unter Mitwirkung sämtlicher Gesellschafter und der Gesellschaft getroffene Absprache aus. Jeder Gesellschafter muss – neben den Gesellschaftsorganen – über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert und dadurch in die Lage versetzt werden, dem Verfahren zumindest als Nebenintervenient beizutreten (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG; dazu Senat BGHZ 172, 136 Tz. 15 – AG; BVerfGE 21, 132, 137 f.; 60, 7, 14). Sämtliche Gesellschafter müssen an der Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter mitwirken können, sofern nicht die Auswahl durch eine neutrale Stelle erfolgt; im Rahmen der Beteiligung mehrerer Gesellschafter auf einer Seite des Streitverhältnisses kann dabei grundsätzlich das Mehrheitsprinzip zur Anwendung gebracht werden (vgl. dazu auch Senatsurteil v. 24.11.2008 – II ZR 116/08 BB 2009, 455 m. Komm. König ZIP 2009, 216 – Schutzgemeinschaftsvertrag II, z.V.b. in BGHZ).

6. Schließlich muss gewährleistet sein, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Beschlussmängelstreitigkeiten bei einem Schiedsgericht konzentriert werden. Trotz der solchermaßen grundsätzlich eröffneten Möglichkeit, Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH nach Maßgabe näherer Anordnung einer im Gesellschaftsvertrag enthaltenen Schiedsklausel dem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, genügten die Verfahrensvorgaben der konkreten Schiedsklausel nicht, um den von der Bekl. nach § 1032 ZPO n.F., § 33 Abs. 3 EGZPO rechtzeitig (Senat BGHZ 160, 127, 131 = RKS A 1Nr. 131, außerdem BGHZ 147, 394, 396 = RKS A 1 Nr. 110) erhobenen Schiedseinrede zum Erfolg zu verhelfen. Die Schiedsklausel ist vielmehr nach § 138 BGB jedenfalls insoweit nichtig, als sie Beschlussmängelstreitigkeiten in ihren Anwendungsbereich einbezieht. Am Maßstab des § 138 BGB gemessen ist die Schiedsklausel jedenfalls insoweit unwirksam, als sie Beschlussmängelstreitigkeiten – zur Wirksamkeit im Übrigen bzw. zur Anwendung des § 139 BGB auf die gesamte Schiedsklausel muss der Senat nicht Stellung nehmen – einbezieht. Denn sie sichert die Belange der von der Rechtskraftwirkung analog § 248 Abs. 1 S. 1, § 249 Abs. 1 S. 1 AktG potenziell berührten Gesellschafter nicht in einer den Geboten des Rechtsstaatsprinzips genügenden Weise. Da – wie bereits oben ausgeführt – eine wirksame Schiedsvereinbarung zu Beschlussmängelstreitigkeiten die analoge Anwendung der §§ 248 Abs. 1 S. 1, 249 Abs. 1 S. 1 AktG zur Folge hat, gehört zu dem von § 138 Abs. 1 BGB geschützten Mindeststandard eines rechtsstaatlichen Schiedsverfahrens eine den Mechanismen des § 246 Abs. 3 AktG entsprechende Zuständigkeitskonzentration. Diesen Mindeststandard verfehlt die hier vereinbarte Schiedsklausel schon deshalb, weil sie nicht die notwendige Zusammenfassung sämtlicher einen Beschluss betreffenden Schiedsverfahren bei einem Schiedsgericht gewährleistet.

7. Die Schiedsklausel legt nicht - was im Sinne des Regelungszwecks des § 246 Abs. 3 S. 1 AktG zur gebotenen Erledigung sämtlicher Beschlussmängelstreitigkeiten durch ein Schiedsgericht führen würde – eine neutrale Person oder Stelle ex ante als Schiedsgericht fest. Sie sichert die Befassung nur eines ex post bestimmten Schiedsgerichts auch nicht mittels der – dann erforderlichen – Vorgabe, der erste bei der Geschäftsleitung der Gesellschaft eingegangene Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, entfalte im Sinne einer Verfahrenskonzentration „Sperrwirkung” in Bezug auf spätere Anträge. Die Schiedsklausel enthält zudem keine – zur Sicherung der Beteiligungsmöglichkeit für sämtliche Gesellschafter unerläßliche – Bestimmung dahingehend, dass der Verfahrenseinleitungsantrag ohne Festlegung des Antragstellers auf einen Schiedsrichter bei der Gesellschaft einzureichen und von dort aus sämtlichen Mitgesellschaftern mit der Aufforderung zuzustellen sei, binnen einer bestimmten Frist über einen Beitritt auf Seiten des Antragstellers oder der Gesellschaft zu entscheiden. Damit bleiben die allgemeinen Vorgaben der Klausel so weit hinter dem Standard eines Verfahrens vor dem staatlichen Gericht zurück, dass sie am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB scheitert.

8. Die Annahme der Revision, es reiche für die Wirksamkeit der Schiedseinrede aus, wenn auf Grund der konkreten Umstände des Einzelfalls gewährleistet sei, dass ein von den Gesellschaftern der Bekl. gefasster Beschluss nur von einem Gesellschafter und damit nur in einem Verfahren angegriffen werde, trifft schon deswegen nicht zu, weil die gesellschaftsvertragliche Klausel im GmbH-Recht objektiv auszulegen ist. Die Sittenwidrigkeit einer Schiedsklausel ist – wie die anderer Rechtsgeschäfte – nach den Verhältnissen im Zeitpunkt ihrer Einführung in den Gesellschaftsvertrag zu beurteilen, nicht hingegen nach den Verhältnissen in dem Zeitpunkt, in dem sie ihre Rechtswirkungen entfaltet (BGHZ 125, 206, 209; 120, 272, 276; 107, 92, 96f.; 100, 353, 359). Ob eine Schiedsklausel wirksam ist oder nicht, darf nicht nachträglich von Fall zu Fall entschieden werden. Deshalb spielt es auch keine Rolle, dass der Kläger als Initiator eines Schiedsverfahrens auf die Bestimmung des Schiedsgerichts in einem konkreten, von ihm in Gang gesetzten Schiedsverfahrens hätte Einfluss nehmen können. Die von der Revision zitierten statutarischen Erschwernisse einer Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen führen zu keinem anderen Ergebnis, weil sie nicht auszuschließen vermögen, dass gerade über ihre Wirksamkeit zugleich und denselben Beschluss betreffend vor verschiedenen Schiedsgerichten gestritten wird.Zudem kann ein im Gesellschaftsvertrag vorgeschriebenes gesellschaftsinternes Vorschaltverfahren den erforderlichen Überlegungszeitraum gegenüber der Mindestanfechtungsfrist unzulässig verkürzen und damit den Mindeststandard an Rechtsschutzgewährung gefährden (wird ausgeführt, m. Nachw.). Über die mangelhafte Sicherung der Verfahrenskonzentration hilft auch nicht hinweg, dass nach verbreiteter Auffassung das Ermessen des Schiedsgerichts, weitere Gesellschafter im Verlaufe des schiedsrichterlichen Verfahren als streitgenössische Nebenintervenienten nach § 69 ZPO zuzulassen, trotz § 1042 Abs. 4 S. 1 ZPO n.F., § 33 Abs. 3 EGZPO auf Null reduziert ist (österr.OGH NZG 1999, 307, 308; OLG Karlsruhe ZIP 1995, 915, 917; Ebenroth/Bohne BB 1996, 1393, 1396f.; K.P.Berger aaO. S. 14). Denn eine allein das Schiedsgericht treffende Verpflichtung vermag nicht die Einleitung paralleler Schiedsverfahren zu verhindern. Durch eine analoge Anwendung des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO lässt sich die Unzulänglichkeit der Schiedsklausel nicht korrigieren. Ein Rückgriff auf § 261 Abs. 3 Nr. 1ZPO zugunsten des zuerst befassten Schiedsgerichts (Bayer aaO. S.887; Bender DB 1998, 1900, 1903; Chr.Berger ZHR 164 [2000], 295, 310f.; Bork ZHR 160 [1996], 374, 380; Ebbing Private Zivilgerichte S. 182; Papmehl Die Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten S. 95; Schulze Grenzen der objektiven Schiedsfähigkeit im Rahmen des § 1030 ZPO S. 128 Fn. 634; Vetter DB 2000, 705, 707) hülfe nur dann weiter, wenn Beschlussmängelstreitigkeiten per definitionem stets denselben Streitgegenstand beträfen. Dies ist indessen nicht der Fall, weil der zur Begründung vorgetragene Lebenssachverhalt in verschiedenen Verfahren differieren kann und es sich daher bei den vor verschiedene Schiedsgerichte gebrachten Streitigkeiten nicht notwendig um denselben Streitgegenstand handelt (Korff Beschlussmängelstreitigkeiten der Kapitalgesellschaft im Schiedsverfahren 2004 S. 196; Lüke/Blenske ZGR 1998, 253, 283; gesehen auch von Papmehl aaO. S.96). Lückenhaft ist die Schiedsklausel auch insofern, als sie eine Einflussnahme aller von der Rechtskraft eines Schiedsspruchs nach §§ 248 Abs. 1, 249 Abs. 1 AktG potenziell Betroffenen auf die Besetzung des Schiedsgerichts nicht sichert. Diese Sicherung ist als Kompensation für den Verlust des unabhängigen staatlichen Richters als Entscheidungsträger mit potenziell inter omnes wirkender Entscheidungsmacht unverzichtbar. Die Schiedsklausel verfehlt diese Sicherung, weil sie die Bestimmung der Parteischiedsrichter nicht von einer Vorabunterrichtung sämtlicher Gesellschafter abhängig macht. Die in der Schiedsklausel festgelegten Vorgaben für die Benennung der Parteischiedsrichter lassen diesen Gesichtspunkt außer Betracht. Dass sich mehrere Streitgenossen auf einer Seite nach näherer Vorgabe der Schiedsklausel auf einen Schiedsrichter zu einigen haben, bedeutet nicht, dass die Schiedsklausel eine Einbindung sämtlicher Gesellschafter auf der einen oder anderen Seite voraussetzt. Auch insoweit hilft eine Ermessensreduktion im Sinne einer Verpflichtung des Schiedsgerichts nicht weiter, nachträglich Gesellschafter als streitgenössische Nebenintervenienten zuzulassen, weil dann die Bestimmung der Schiedsrichter bereits erfolgt ist. Die Lücken der Schiedsklausel lassen sich auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung mit der Folge einer Unanwendbarkeit des § 138 Abs. 1 BGB schließen. Die ergänzende Vertragsauslegung findet ihre Grenze dort, wo sie in eine – unzulässige – freie richterliche Rechtsschöpfung umschlägt (Staudinger/Roth BGB [2003] § 157 Rd-Nrn. 37ff.). Sie ist deshalb insbesondere ausgeschlossen, wenn verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke in Betracht kommen, aber kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche dieser Regelungen die Parteien getroffen hätten (BGH Urt.v. 10.12.1998 – IX ZR 262/97 ZIP 1999, 234, 236; Bamberger/Roth/Wendland BGB 2. Aufl. § 157 Rd-Nr. 42). Das ist hier der Fall. Die Schiedseinrede der Bekl. greift trotz der Unwirksamkeit der Schiedsklausel nicht etwa deshalb durch, weil der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht gehindert wäre, ihre Nichtigkeit geltend zu machen. Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, die Gesellschafter seien, sofern der Gesellschaftsvertrag eine unwirksame, weil lückenhafte Schiedsklausel enthalte, aus dem Gesichtspunkt der gesellschafterlichen Treuepflicht gehalten, die Schiedsklausel anzupassen (mit unterschiedlichem Ansatz im Einzelnen: Asmussen Schiedsfähigkeit von Beschlussmangelkonflikten in Körperschaften S. 107; Bayer aaO. S. 890f.;K:F.Berger aaO. S. 15; Bergmann aaO. S. 249; Lutter/Hommelhoff aaO. Anh. § 47 Rd-Nr. 84; Reichert FS Ulmer 2003, 511, 533; ders./Harbarth NZG 2003, 379, 381; Scholz/K.Schmidt aaO. § 45 Rd-Nr. 150; ders. BB 2001S. 1862; B.Schneider GmbHR 2005, 86, 87; Michalski/Römermann aaO. Anh. § 47 Rd-Nr. 561 a.E.). Eine etwaige Verpflichtung des Klägers, an einer Anpassung der unwirksamen Schiedsklausel mitzuwirken, könnte aber nicht dazu führen, im Rahmen eines bereits anhängigen Prozesses einer lückenhaften Vereinbarung zum Erfolg zu verhelfen. Der Senat kann deshalb offen lassen, ob eine solche Verpflichtung tatsächlich besteht und mit welcher Mehrheit eine Änderung des Gesellschaftsvertrages herbeizuführen wäre.