Unternehmerpflicht

Ordnungsgemäße Buchführung

Wer eine gewerbliche Existenz gründet, sollte schon im eigenen Interesse Wert auf die ordnungsgemäße Führung der Buchhaltung sowie aller sonst erforderlichen Aufzeichnungen legen. Eine ordentliche Buch­führung ermöglicht dem Gewerbetreibenden jederzeit einen Einblick in seine Ertrags- und Vermögenslage und ist auch Grundlage und nach­prüfbares Beweismittel für die richtige Berechnung der Steuern und bei Rechtsstreitigkeiten mit Behörden oder unter Gesellschaftern.
Darüber hinaus sind die Daten ausschlaggebend für die gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen und deren Durchsetzung. Die gesetzlichen Verpflichtungen dazu ergeben sich vor allem aus dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem GmbH-Gesetz, der Abgabenordnung (AO), dem Einkommensteuergesetz (EStG), dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) und dem Umsatzsteuergesetz (UStG).
Es werden jedoch nicht an jeden Gewerbetreibenden die gleichen Anforderungen hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Führung der Buchhaltung gestellt. Vielmehr kennt das Steuerrecht zwei Arten, um den Gewinn eines Gewerbetreibenden zu ermitteln: Die Einnahmenüberschussrechnung (einfache Buchführung) und die Bilanzierung (doppelte Buchführung).

Die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR)

Die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) ist eine Form der Gewinnermittlung, die insbesondere Existenzgründer, kleine und mittlere Unternehmen und Freiberufler anwenden.

Welche Unternehmer können die Einnahmenüberschussrechnung anwenden?

Gewerbetreibende dürfen nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ihren steuerpflichtigen Gewinn durch eine EÜR ermitteln,
  • wenn sie nicht zum Betriebsvermögensvergleich (doppelte Buchführung) verpflichtet sind
  • und auch nicht freiwillig Bücher führen.
Dabei sind zum Betriebsvermögensvergleich (doppelte Buchführung) verpflichtet:
  • alle im Handelsregister eingetragene Unternehmen (wie z.B. OHG, KG, GmbH, AG nach §140 Abgabenordnung-AO und § 238 Abs. 1 Handelsgesetzbuch-HGB)
  • alle Nicht-Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) mit einem
    • Umsatz von mehr als 600.000 Euro im Jahr oder
    • Gewinn von mehr als 60.000 Euro im Jahr (§ 141 AO)
  • alle Unternehmen, deren Tätigkeit einen "nach Art und Umfang  in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert."
Hinweis: Das Finanzamt gibt dem Steuerpflichtigen das Überschreiten der oben genannten Grenzen bekannt, die Pflicht zur Buchführung beginnt dann mit dem nächsten Geschäftsjahr.

Formulare der Einnahmenüberschussrechnung

Im Rahmen der Einkommensteuererklärung muss die Anlage EÜR (vgl. § 60 Abs. 4 Einkommensteuerdurchführungsverordnung -EStDV) im Regelfall elektronisch an die Finanzverwaltung  übermittelt werden. Die Übermittlung ist laut BMF-Schreiben vom 9. Oktober 2017 ab Veranlagungszeitraum 2017 nur noch mit elektronischer Zertifizierung möglich. Die Regelung, nach der bei Betriebseinnahmen von weniger als 17.500 Euro der Steuererklärung anstelle des Vordrucks eine formlose Gewinnermittlung beigefügt werden durfte, besteht nicht mehr fort.

Was wird in der Einnahmenüberschussrechnung erfasst?

Die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) ist eine Gegenüberstellung von tatsächlich erhaltenen Betriebseinnahmen (Zuflussprinzip) und tatsächlich geleisteten Betriebsausgaben (Abflussprinzip). Der Gewinn ist der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. Selbstverständlich gilt die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) auch für die Errechnung eines etwaigen Betriebsverlustes. Durch das bei der EÜR grundsätzlich geltende Zu- und Abflussprinzip werden Betriebseinnahmen und -ausgaben in dem Zeitpunkt erfasst, in dem sie tatsächlich zu- bzw. abfließen.
Als Ausnahme des Zu- und Abflussprinzips gelten die regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben (zum Beispiel Miete). Wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben werden, wenn sie innerhalb von 10 Tagen nach Wechsel des Geschäftsjahres ein- bzw. abgehen, in dem Geschäftsjahr als Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben gebucht, in das sie wirtschaftlich gehören.
Als weitere Ausnahme des Zu- und Abflussprinzips sind die Abschreibungen zu berücksichtigen.

Was versteht man unter Abschreibung?

Anschaffungs- und Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter mit einem Nettowert (ohne Umsatzsteuer) von mehr als 1.000 Euro und einer Nutzungsdauer von über einem Jahr dürfen nicht sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben geltend gemacht werden. Diese Wirtschaftsgüter werden abgeschrieben. Unter Abschreibungen versteht man das Verteilen der Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut auf dessen voraussichtliche gesamte Nutzungsdauer.
Der jährliche Abschreibungsbetrag errechnet sich bei linearer Abschreibung (gleiche Abschreibungsbeträge über die gesamte Nutzungsdauer) wie folgt:
Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten : Nutzungsdauer in Jahren
=  Jahresbetrag für die lineare Abschreibung
Der sich ergebende jährliche AfA-Betrag (Absetzungen für Abnutzungen) wird dann gewinnmindernd berücksichtigt. Bei Anschaffung bzw. Herstellung während eines Geschäftsjahres kann die AfA nur anteilig, aufgerundet auf den vollen Monat, ab dem Anschaffungs- bzw. Herstellungszeitpunkt berücksichtigt werden. Die voraussichtliche Nutzungsdauer ist für die häufig vorkommenden Wirtschaftsgüter den AfA-Tabellen der Finanzverwaltung zu entnehmen.

Einzelfragen

  • Darlehen: Zuflüsse durch Darlehen stellen keine Betriebseinnahmen, Tilgungsraten keine Betriebsausgaben dar. Dagegen sind Darlehenskosten (z.B. Zinsen) Betriebsausgaben.
  • Umsatzsteuer: Vereinnahmte und vom Finanzamt erstattete Umsatzsteuer sind Betriebseinnahmen, geleistete und abgeführte Umsatzsteuer Betriebsausgaben.
  • Anzahlungen: Erhaltene Anzahlungen sind Betriebseinnahmen, geleistete Anzahlungen Betriebsausgaben.
  • Sacheinnahmen: Sacheinnahmen sind wie Geldeingänge nach dem Zuflussprinzip in dem Zeitpunkt als Betriebseinnahmen zu erfassen, in dem sie zufließen.
  • Rücklage: Die Bildung einer Rücklage in Form eines Investitionsabzugsbetrags gemäß § 7g Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ist möglich und als (fiktive) Betriebsausgabe, deren Auflösung als (fiktive) Betriebseinnahme zu berücksichtigen.

Aufzeichnungspflichten und was ist noch zu beachten?

Der Steuerpflichtige muss dem Finanzamt auf Verlangen die Betriebseinnahmen und -ausgaben erläutern und glaubhaft machen, damit die Behörde die Richtigkeit und Vollständigkeit nachprüfen kann. Dies gilt insbesondere für die betriebliche Veranlassung der Betriebsausgaben. Grundlage dafür ist die Sammlung von Belegen. Eine allgemeine Aufzeichnungspflicht für Betriebseinnahmen und -ausgaben besteht aber nicht.
Es können sich jedoch unter anderem Einzelaufzeichnungspflichten nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) und nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) ergeben:
Die Aufzeichnungen sind so zu führen, dass es einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit möglich ist, einen Überblick zu erhalten. Liegen keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen vor, so besteht das Risiko, dass das Finanzamt den Gewinn schätzt.
Hinweis: Die Dauer der Aufbewahrungspflicht beträgt für die wichtigsten Aufzeichnungen 10 Jahre.

Doppelte Buchführung

Zur doppelten Buchführung verpflichtet sind Kaufleute im Sinne des HGB (§ 238 HGB) sowie Unternehmen, die bestimmte Schwellenwerte übersteigen (vgl. auch § 141 AO).
Für Kaufleute im Sinne des HGB (s. Kapitel 6) ergibt sich die grundsätzliche Verpflichtung zur Buchführung aus § 238 HGB. Für das Steuerrecht hat dies insofern Bedeutung, als dort gilt, dass, wer nach anderen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat oder freiwillig Bücher führt (d.h. den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich bzw. Bilanzierung ermittelt), diese Gewinnermittlungsmethode auch für die Besteuerung anwenden muss (vgl. § 140 AO). Eine Ausnahme von der generellen Buchführungspflicht für Kaufleute besteht für Einzelkaufleute, die gewisse Schwellenwerte nicht überschreiten (s.o.).
Die Buchführungspflicht beginnt für Kaufleute in Form einer natürlichen Person oder Personengesellschaft mit dem ersten Geschäftsvorfall nach Aufnahme des Handelsgewerbes, für Kapitalgesellschaften (deren Kaufmannseigenschaft ist aufgrund ihrer Rechtsform gesetzlich in § 6 HGB angeordnet, sog. Formkaufmann) mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages.
Unabhängig von der Kaufmannseigenschaft besteht nach § 141 AO die Buchführungspflicht für Unternehmen, wenn deren Umsatz mehr als 600.000 EUR oder der Gewinn mehr als 60.000 EUR im Jahr beträgt. Wenn diese Grenzen überschritten sind, wird die Finanzverwaltung den Beginn der Buchführungsverpflichtung schriftlich mit Wirkung ab dem nächstfolgenden Geschäftsjahr mitteilen.
Tipp: Bevor Sie sich selbständig machen, fallen bereits Kosten an, die mit Ihrem künftigen Unternehmen zusammenhängen. Sammeln Sie sämtliche Belege. Die Ausgaben sind steuerlich absetzbar.
In den Fällen, in denen in den Vorjahren die o.g. Umsatz- bzw. Gewinngrenze überschritten wurde, teilt das Finanzamt nach § 141 AO den Beginn der Buchführungsverpflichtung schriftlich mit.
Sollten man zur Buchführung verpflichtet sein, erfolgt die Gewinnermittlung durch Vergleich des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Der Unterschiedsbetrag ist der Gewinn, der auch der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Wer zur doppelten Buchführung verpflichtet ist, muss einen so genannten Jahresabschluss machen. Dazu gehören eine Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) und eine Bilanz. Sämtliche Geschäftsvorfälle sind vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet zu erfassen. Alle Geschäftsvorfälle sind auf Konten zu verbuchen. Hierfür gibt es Rahmenkontenpläne, die für verschiedene Wirtschaftszweige entwickelt wurden. Ein Kontenplan ist das Gliederungsschema der für das Unternehmen nötigen und geführten Konten. Für einzelne Branchen gibt es eigene Kontenrahmen. Die wichtigsten Kontenrahmen sind die für den Einzelhandel, den Groß- und Außenhandel, die Industrie sowie für Dienstleistungsunternehmen.
Die doppelte Buchführung soll den periodengerechten Gewinn ermitteln. Aus diesem Grund müssen auch Periodenabgrenzungen vorgenommen, Rückstellungen gemacht und Forderungen oder Verbindlichkeiten verbucht werden. Im Gegensatz zur Einnahmenüberschussrechnung wird nicht auf die tatsächlichen Zahlungsströme abgestellt, sondern jeweils bei Rechnungsstellung gebucht.
Einnahmen und Ausgaben in der Kasse sind nicht nur in der Buchhaltung, sondern täglich auch in einem gesonderten Kassenbuch aufzuzeichnen. Der tatsächliche Kassenbestand muss laufend mit den Aufzeichnungen übereinstimmen (Achtung: Das Kassenbuch darf zu keinem Zeitpunkt einen rechnerischen Minusbestand ausweisen).
Das Steuerrecht schreibt zudem vor, dass jeder gewerbliche Unternehmer den gesamten Wareneingang gesondert aufzeichnen muss. Wer regelmäßig Waren an andere gewerbliche Unternehmer zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch als Hilfsstoff (gewerbliche Weiterverwendung) liefert, muss auch den Warenausgang gesondert aufzeichnen. Die gesonderten Aufzeichnungen sind jedoch nicht in besonderen Büchern vorzunehmen; ausreichend ist die gesonderte Erfassung im Rahmen der Buchführung.
Aussagekräftig, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben, ist die Führung einer gesonderten Kontokorrentbuchhaltung, in der die betrieblichen Forderungen und Verbindlichkeiten namentlich getrennt nach einzelnen Kunden und Lieferanten ausgewiesen werden. Eine übersichtliche Gliederung der Forderungen und Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ist damit jederzeit möglich.
Hinweis: Das Thema Buchführung kann an dieser Stelle wegen der Komplexität und vieler Besonderheiten nur unvollständig behandelt werden. Wichtige Informationen finden Sie zusätzlich in den Artikeln "Von der Buchführung bis zur Publizitätspflicht".
Wichtig:
  • Die Buchführung muss jederzeit Einblick in die Ertrags- und Vermögenslage gewährleisten.
  • Unternehmer sind verpflichtet, gesetzliche Vorschriften über Aufzeichnungen, Inventur, Bilanzierung und Aufbewahrung einzuhalten.
  • Die Buchführung muss vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufgezeichnet werden.
  • Verstöße gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung können zur Verwerfung der Aufzeichnungen und Schätzung der Gewinne durch das Finanzamt führen.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die für Ihr Unternehmen zuständige IHK. Welche IHK für Ihr Unternehmen zuständig ist, können Sie einfach über den IHK-Finder ermitteln.
Trotz sorgfältiger Prüfung können wir für die Richtigkeit der Angaben keine Gewähr übernehmen. Bitte wenden Sie sich im Zweifelsfall an das für Sie zuständige Finanzamt.
Stand: Juli 2019