Arbeitnehmerentsendung - Arbeitseinsätze von Mitarbeitern im Ausland

Unternehmerische Tätigkeiten über die Grenzen hinweg erfordern häufig den kurz- oder langfristigen Einsatz von Mitarbeitern im Ausland. Dabei stellen sich zahlreiche rechtliche und organisatorische Fragen zum Thema der Arbeitnehmerentsendung. So sind Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen, arbeits-, sozialversicherungs- sowie steuerrechtliche Fragen im Vorfeld zu klären.
Eine Arbeitnehmerentsendung liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers (entsendendes Unternehmen) im Ausland eine zeitlich begrenzte Beschäftigung für ihn ausübt. Entsandte Arbeitnehmer werden nicht in den Arbeitsmarkt des Gastlandes integriert und bleiben in der Regel weiterhin im System der sozialen Sicherheit des Herkunftslandes.
Auch kurze Einsätze von wenigen oder einzelnen Tagen, z.B. zur Montage von Maschinen, Service-Einsätzen, Reparaturen o.ä. sind darunter zu verstehen und können daher mit bestimmten gesetzlichen Auflagen verbunden sein.
Diese kurzen Entsendungen, die oftmals nur als "Dienstreisen" bezeichnet werden, müssen daher ebenfalls genau betrachtet werden, denn neben dem Aufenthaltsrecht (Visum,  Meldepflicht...) können auch Pflichten im Steuer- oder Sozialversicherungsrecht bestehen. Immer wieder gibt es Fälle sogenannter "Accidential Expatriates", die durch vermehrte Dienstreisen und Aufenthalte im Ausland unbeachtet steuerliche und andere Risiken verursachen.
Eine Entsendung ist auch dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer im Inland eigens für eine Arbeit im Ausland eingestellt wird.
Im Folgenden sind allgemeine Hinweise zur Auslandstätigkeit zusammengefasst. Detaillierte Informationen zu Frankreich und der Schweiz erhalten Sie zusätzlich über die nebenstehenden Links. In unserer Länderrubrik Europa finden Sie weitere Informationen mit länderspezifischen Vorschriften zur Entsendung in andere EU-Staaten.

EU-Binnenmarkt

Innerhalb der EU gilt Dienstleistungsfreiheit, d.h. Unternehmen können in anderen Mitgliedsstaaten Dienstleistungen erbringen, ohne sich dort niederzulassen. Die Mobilität der Arbeitskräfte ist daher in der EU besonders hoch und deutlich steigend.
Werden Arbeitskräfte grenzüberschreitend tätig, gibt es innerhalb des europäischen Binnenmarktes grundlegende Regelungen. Das sind beispielsweise die Beachtung von Mindestentgeltsätzen, Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten, bezahltem Mindestjahresurlaub sowie Vorschriften im Bereich von Sicherheit, Gesundheitsschutz und Hygiene am Arbeitsplatz. Diese sind in der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern festgelegt.
Um die praktische Anwendung der Vorschriften zu verbessern wurden mit der sogenannten Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU neue Melde- und Informationspflichten eingeführt. Diese wurden von den EU-Ländern allerdings sehr unterschiedlich umgesetzt. Eine Übersicht dazu finden Sie in der seitlich nebenstehenden Spalte unter „Weitere Informationen“.
Diese Richtlinie 96/71/EG wurde schließlich mit der Richtlinie 2018/957/EU grundlegend reformiert. Gemäß dem Grundsatz “gleicher Lohn für gleiche Arbeit” wurde eine entscheidende Anpassung der Lohnstandards bei der Entsendung innerhalb der EU vorgenommen. Demzufolge ist nun nicht mehr nur – wie bisher – der entsprechende Mindestloh maßgeblich, sondern es müssen daneben weitere Lohnbestandteile des Ziellandes, die in Rechtsvorschriften oder in allgemein verbindlichen Tarifverträgen festgelegt sind, einbezogen werden. Das heißt, es besteht neben dem Grundgehalt nun auch ein Anspruch auf Prämien und Zulagen, wie zum Beispiel Überstundenzuschläge, Zuschläge für Nacht-, Sonntags- oder Feiertagsarbeit, Weihnachts-, Urlaubs- oder Schlechtwettergeld.
Die Richtlinie 2018/957/EU besagt zudem, dass Entsendungen künftig nicht länger als 12 Monate dauern sollen. In begründeten Fällen kann die Entsendung um weitere sechs Monate, also auf insgesamt 18 Monate, verlängert werden.
Für Straßenverkehrsunternehmen gelten gesonderte Regelungen.

Vertragliche und arbeitsrechtliche Aspekte

Es ist darauf zu achten, dass die Entsendung einer einvernehmlichen Änderung des Arbeitsvertrages bedarf, es sei denn, im Arbeitsvertrag ist eine Entsendemöglichkeit bereits ausdrücklich vorgesehen. Bei einer Entsendedauer von über einem Monat müssen neben den wesentlichen Vertragsbedingungen wie z.B. Arbeitsort, Arbeitsentgelt und Kündigungsfristen zusätzliche Angaben schriftlich niedergelegt werden.
In der Regel bleibt bei einer vorübergehenden Entsendung das deutsche Recht anwendbar. Trotzdem sind bestimmte zwingende Vorschriften (des Auslands) zu beachten. Das können sein: gesetzliche Arbeitszeit, Höchstarbeitszeiten, Nacht- und Sonntagsarbeit, Mindestlöhne, bezahlter Mindestjahresurlaub oder zwingende Arbeitnehmerschutznormen wie Mutterschutz oder Kündigungsschutz, zum Beispiel im Rahmen eines Tarifvertrags.
Das auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Recht kann frei vereinbart werden. Fehlt diese Vereinbarung richtet sich das anwendbare Recht nach dem gewöhnlichen Arbeitsort. Dieser ist bei einer vorübergehenden Entsendung ins Ausland weiterhin der inländische Arbeitsort.

Gewerberecht

Unter Umständen ist in dem Zielland der Entsendung eine Dienstleistungsanzeige vorzunehmen. Hierfür ist gegebenenfalls ein Qualifikationsnachweis erforderlich. Dies ist länderspezifisch zu prüfen.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

Bei einer zeitlich begrenzten Entsendung bleibt der Arbeitnehmer in der Regel weiterhin in Deutschland sozialversicherungspflichtig (sog. "Ausstrahlung"). Dies ist allerdings an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
1. Europäische Union
Als Nachweis, dass deutsches Recht anwendbar ist und der Arbeitnehmer weiterhin der deutschen Versicherungspflicht unterliegt, dient die international gültige A1-Bescheinigung in
  • der Europäischen Union
  • der Schweiz
  • dem Europäischen Wirtschaftsraum EWR (Norwegen, Island, Liechtenstein)
Weitere Details zur A1-Bescheinigung, dem Antragsverfahren sowie den für die Ausstellung zuständigen Stellen, finden Sie hier.
Es empfiehlt sich, die A1-Bescheinigung bei einer Entsendung stets mitzuführen, um sie bei Kontrollen vorzeigen zu können.
Sozialversicherungsrechtlich kann eine Entsendung bis zu 24 Monate dauern, eine Verlängerung ist mit entsprechender Begründung möglich.
2. Sozialversicherungsabkommen
Bei Entsendungen in andere Länder wird unterschieden, ob mit dem jeweiligen Staat ein Sozialversicherungsabkommen besteht oder nicht. Diese Abkommen regeln, welche Ansprüche der Arbeitnehmer erwirbt und sollen eine Doppelversicherung vermeiden. Allerdings sind viele Abkommen nicht für alle Versicherungszweige geschlossen, das Abkommen mit den USA umfasst z.B. lediglich die Rentenversicherung. Eine Übersicht, mit welchen Staaten in welchem Umfang Sozialversicherungsabkommen geschlossen sind, findet sich in einer Staatenübersicht der DVKA.
3. Vertragsloses Ausland
Gibt es kein Sozialversicherungsabkommen oder umfasst dies nicht alle Versicherungszweige, so wird im Einzelnen geprüft, ob das deutsche Sozialversicherungsrecht im Rahmen der "Ausstrahlung" angewendet wird. Dabei kann es sein, dass
▪ im Ausland ebenfalls Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen sind und
▪ es hierdurch zu einer Doppelversicherung kommt.
Die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) stellt umfangreiche Informationen und Länder-Merkblätter online zur Verfügung.

Steuerrechtliche Aspekte

Aus steuerlicher Sicht muss bei einer vorübergehenden Entsendung ins Ausland geklärt werden, ob der Arbeitslohn weiterhin im Inland steuerpflichtig ist. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz im Inland behält.
Es kann aber sein, dass auch der ausländische Fiskus Anspruch auf die Einkommensteuer erhebt. Um Doppelbesteuerung zu vermeiden, hat die Bundesrepublik Deutschland mit einer Vielzahl von Staaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen. Diese sind auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums abgelegt.
Zu berücksichtigen ist hierbei die sogenannte 183-Tage-Regelung. Sie besagt, dass die Einkünfte dann nicht am vorübergehenden Tätigkeitsort sondern im Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers versteuert werden, wenn der Arbeitnehmer sich nicht länger als 183 Tage im Jahr im Tätigkeitsstaat im Ausland aufhält.
Exkurs: Im Fokus der Überlegungen darf nicht nur die Einkommenssteuer des Mitarbeiters stehen. Unter anderem sollte der Arbeitgeber auch prüfen, ob z.B. durch die Tätigkeit des Mitarbeiters im Ausland eine Betriebsstätte begründet wird und ob die Kostenverrechnung im eigenen Konzern korrekt ist (Transferpreisaspekte). 

Schutz- und Fürsorgepflichten des Arbeitgebers

Schließlich hat der Arbeitgeber gegenüber dem entsandten Arbeitnehmer gewisse Schutz- und Fürsorgepflichten, und zwar vor, während und nach dem Auslandseinsatz. Zum Beispiel muss er den Arbeitnehmer bei den Reiseformalitäten unterstützen, die gesundheitliche Eignung des Arbeitnehmers überprüfen oder für entsprechenden Impfschutz sorgen. Bei Entsendung in Krisenregionen muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über etwaige Gefährdungen aufklären und vorab die Sicherheitshinweise und Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes konsultieren.
Der Arbeitgeber hat auch die Pflicht, notwendige Versicherungen wie eine Auslandskranken- oder -unfallversicherung abzuschließen.
Exkurs: Neben dem Schutz des Mitarbeiters dürfen Unternehmen auch den Schutz ihrer Daten im Ausland nicht aus den Augen verlieren. Oft nehmen die Mitarbeiter auf Handys, USB-Sticks und Laptops sensible Daten mit. Sind diese im Hotelsafe sicher? Wie können die Geräte im Ausland sicher genutzt werden? Wie soll man sich gegenüber Geschäftspartnern, Dienstleistern oder staatlichen Stellen im Ausland verhalten? Das Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg publiziert eine Reihe von Broschüren und Faltblättern mit wichtigen Hinweisen zur Abwehr von Wirtschaftsspionage und Know-How-Schutz.

Wichtige Internetlinks