20. September 2022
Endlich wieder Jahresempfang!
Nach zwei Jahren Pause konnte die IHK am 20. September rund 500 Gäste zu ihrer Traditionsveranstaltung begrüßen. Die regionale Wirtschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen.
Die Freude war an diesem etwas kühlen, aber schönen Spätsommertag unüberhörbar. „Heute treffen wir uns im Innenhof der IHK endlich wieder – und ich darf Ihnen ganz ehrlich sagen, dass ich mich auf diesen Abend unglaublich gefreut habe.“ Mit diesen herzlichen Worten begrüßte IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann die rund 500 Gäste. Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hatten die IHK-Jahresempfänge 2020 und 2021 abgesagt werden müssen. Am 20. September aber war es endlich wieder so weit – und die Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Kultur waren der Einladung zur Traditionsveranstaltung nur zu gerne gefolgt. Dass gerade herausfordernde Themen besser im persönlichen Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu erörtern sind, war an diesem Abend einhellige Meinung.
© Silvia Kriens 2022
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Und Herausforderungen für die Wirtschaft gebe es aktuell sehr viele, wie Präsident Dustmann in seiner Rede betonte. Er verwies auf die stockenden Lieferketten und den Mangel an Rohstoffen und Materialen. Düstere Wachstumsprognosen seien seit Ausbruch der Corona-Pandemie vor zweieinhalb Jahren ein ungeliebter Wegbegleiter. Aber alle bekannten Probleme „werden von einer regelrechten Explosion der Energiepreise noch in den Schatten gestellt“, so Dustmann.
Als Ursache benannte er deutlich den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, den Russland seit dem 24. Februar gegen die Ukraine führt. Das damit verbundene menschliche Elend lasse sich kaum in Worte fassen: Viele Menschen hätten ihr Leben verloren, Millionen Menschen seien auf der Flucht. „Kaum einer von uns hätte gedacht, dass knapp 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges so etwas wieder möglich ist. Aber es ist leider möglich, und zwar mitten in Europa. Und die Demokratien mussten darauf reagieren. Denn wir müssen klarmachen, dass die Stärke des Rechts gilt. Nicht etwa das Recht des Stärkeren“, betonte Dustmann unter dem Beifall der Gäste.
Die Sanktionen der EU würden die russische Wirtschaft hart treffen. Gleichzeitig würden aber auch die heimischen Unternehmen die Konsequenzen sehr deutlich spüren. Denn viel zu lange und zu einseitig sei das deutsche Wirtschaftsmodell von russischen Energielieferungen, vor allem von Gas, abhängig gewesen.
Der Präsident ging dann auf die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage ein, für die mehr als 400 Unternehmen aus der IHK-Region um ihre Einschätzung gebeten wurden. Erstaunt habe ihn auf den ersten Blick, dass die Geschäftslage derzeit noch verhalten optimistisch eingeschätzt werde. In der Tat bewerten 90 Prozent der
Betriebe ihre gegenwärtige Geschäftslage mit gut oder befriedigend. Im Vergleich mit der Umfrage im Frühsommer sind das nur drei Prozentpunkte weniger.
Betriebe ihre gegenwärtige Geschäftslage mit gut oder befriedigend. Im Vergleich mit der Umfrage im Frühsommer sind das nur drei Prozentpunkte weniger.
Jedes dritte Unternehmen blickt sorgenvoll in die Zukunft
Gleichwohl, so Dustmann, trübten sich die Aussichten sehr deutlich ein. Man blicke einem möglicherweise dunklen und kalten Herbst und Winter entgegen – und ebenso düster seien die Prognosen der Unternehmen. Denn wie die Umfrage zeigt, befürchtet jedes dritte Unternehmen eine verschlechterte Lage. Vor einem Jahr war es nur jedes neunte Unternehmen. Schon bis zum August waren die Energiepreise im Jahresvergleich um 105 Prozent gestiegen. Erdgas war rund 164 Prozent teurer als vor einem Jahr. Kraftwerke zahlten für Erdgas sogar 235 Prozent mehr, Industrieabnehmer ein Plus von 195 Prozent.
„Weil die komplexen Strukturen auf dem Energiemarkt es so wollen, steigen mit den Gaspreisen auch die Strompreise in absurde Höhen. Denn die Strompreise richten sich nach dem teuersten Kraftwerk, das zur Stromerzeugung zugeschaltet werden muss – und das ist nun mal das Gaskraftwerk“, erläuterte Dustmann und machte deutlich: „Es ist deshalb dringend an der Zeit, dass der europäische Energiemarkt reformiert wird, um solche Entwicklungen zu verhindern.“
Trotz aller Anstrengungen zur Speicherung werde Erdgas dauerhaft nur zu sehr hohen Preisen verfügbar sein, weshalb die Energiefrage gleichzeitig zur Existenzfrage werde. Privatpersonen und Unternehmen seien gleichermaßen davon betroffen, deshalb dürften beide Seiten auch nicht gegeneinander ausgespielt werden. Im Gegenteil, Verbraucher und Wirtschaft seien eng miteinander verbunden, machte Dustmann deutlich: „Denn wie soll die Versorgung der Bevölkerung ohne Nahrungsmittelindustrie sichergestellt werden? Auch die Pharmaindustrie, die unsere medizinische Versorgung sicherstellt, ist ohne Erdgas nicht vorstellbar.“
Der IHK-Präsident verwies darauf, dass es gerade der hohe Industrieanteil sei, der Deutschlands Wirtschaft so stark und erfolgreich mache. Aber die dafür benötigte Energie müsse bezahlbar sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dies sei gegenwärtig oft nicht mehr der Fall. Auch Geschäftsaufgaben im Bereich Handel und Dienstleistungen wegen unbezahlbarer Energiepreise seien mittlerweile bittere Realität.
„Wenn diese Einzelfälle zum Trend werden, drohen unserer Gesellschaft Wohlstandsverluste in bislang unvorstellbarem Ausmaß. Die Arbeitslosigkeit dürfte dramatisch ansteigen und es drohen sogar soziale Unruhen. Das will niemand“, machte Dustmann deutlich.
Von der bisherigen Politik enttäuscht
Eher enttäuschend seien bislang die Antworten der Politik auf die Krise gewesen. Vor allem die angekündigte Gasumlage von rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde werde die Probleme bei vielen Unternehmen noch verschärfen. Die Haltung der Wirtschaft sei eindeutig: „Wir erwarten jetzt, dass es beherzte staatliche Eingriffe in die Bildung von Strom- und Gaspreisen gibt. Es muss sichergestellt werden, dass die aktuell völlig überhitzten Großhandelspreise nicht mit voller Wucht auf die Haushalts- und die Gewerbekunden durchschlagen.“
Unverständnis zeigte der IHK-Präsident auch darüber, dass die Bundesregierung nur halbherzige Versuche unternehme, um die Angebotsseite zu stärken. Dazu gehöre vor allem die viel zu zögerliche Reaktivierung von Kraftwerken. Dass etwa die beiden Atommeiler Isar 2 und Neckarwestheim lediglich als stille Reserve bis ins Frühjahr 2023 gedacht seien, sei nicht nachvollziehbar. Zudem gebe es nur wenige Fortschritte beim dringend notwendigen Ausbau von Wind- und Solaranlagen, Speichern und Übertragungsnetzen.
Neue Azubi-Kampagne stabilezukunft.com
Sorgen bereitet vielen Unternehmen in der Region auch die marode Verkehrsinfrastruktur. „Nichts symbolisiert diese Problematik eindrucksvoller – oder sollte ich besser sagen: schrecklicher? – als die Vollsperrung der A45 bei Rahmede“, führte Dustmann weiter aus und betonte, dass ein moderner Wirtschaftsstandort wie das Ruhrgebiet ohne eine intakte Verkehrsinfrastruktur auf Dauer nicht funktionieren könne. In einer Studie, die der Verkehrsverband Westfalen e.V. zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft erarbeitet hat, werden die wirtschaftlichen Schäden bei einer fünf Jahre dauernden Sperrung der A45 auf mindestens 1,8 Milliarden Euro geschätzt. „Wir erwarten von Bundesverkehrsminister Volker Wissing, dass er diesem Bauprojekt die höchste Priorität einräumt, bis der Verkehr auf der A45 wieder fließen kann“, forderte Dustmann.
Auch der Fachkräftemangel stellt viele Betriebe vor große Hürden. Die Konjunkturumfrage zeigt, dass jedes zweite Unternehmen davon betroffen ist. Drei Viertel der Unternehmen berichten, dass offene Stellen mehr als drei Monate vakant sind. „Positive Signale kommen zum Glück vom Ausbildungsmarkt“, freute sich Dustmann. Fast ein Viertel mehr Ausbildungsverträge im Vergleich zu 2021 und sogar etwas mehr als im Vor-Coronajahr 2019 konnten zum traditionellen Start des Ausbildungsjahres verbucht werden. Anfang September waren es gut 4.200 Neuverträge in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna. Bis zum Jahresende, so die Hoffnung, könnten es wieder rund 5.000 Neuverträge werden.
In diesem Zusammenhang stellte der IHK-Präsident auch die neue Azubi-Kampagne stabilezukunft.com vor, die von der IHK zusammen mit der HWK Dortmund, den Wirtschaftsförderungen in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna, den Arbeitsagenturen Dortmund und Hamm und den Jobcentern in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna gestartet wurde. Im Rahmen dieser Kampagne geben die vier Auszubildenden Tisa, Talia, David und Chiara sehr persönliche Einblicke in ihre Ausbildung und erzählen, warum sie sich für ihren Beruf entschieden haben.
Zum Abschluss seiner Rede erinnerte Dustmann an die anstehenden Wahlen zur IHK-Vollversammlung. Vom 6. Oktober bis 4. November bewerben sich insgesamt 122 Kandidatinnen und Kandidaten aus der Region um einen der 84 Plätze im sogenannten Parlament der Wirtschaft. Dustmann bedankte sich bei allen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich engagieren und sagte: „Ihr Ehrenamt trägt die IHK, ohne Ihren Einsatz stünden Wirtschaft und Gesellschaft schlechter da – und das gilt in schwierigen Zeiten mehr denn je.“
Zum Abschluss seiner Rede erinnerte Dustmann an die anstehenden Wahlen zur IHK-Vollversammlung. Vom 6. Oktober bis 4. November bewerben sich insgesamt 122 Kandidatinnen und Kandidaten aus der Region um einen der 84 Plätze im sogenannten Parlament der Wirtschaft. Dustmann bedankte sich bei allen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich engagieren und sagte: „Ihr Ehrenamt trägt die IHK, ohne Ihren Einsatz stünden Wirtschaft und Gesellschaft schlechter da – und das gilt in schwierigen Zeiten mehr denn je.“