Sachverstand der Wirtschaft

Ehrenamtliche Handelsrichter

Sie möchten ehrenamtlich tätig sein und dabei Ihre unternehmerische Erfahrung einbringen? Das gelingt als Handelsrichter und Handelsrichterin. Handelsrichter sind Teil der rechtsprechenden Gewalt. Als ehrenamtliche Richter haben Sie gleiches Stimmrecht wie Berufsrichter. Sie bringen Ihr unternehmerisches Know-how in die Rechtsprechung ein. Welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen und welche Aufgaben ein ehrenamtlicher Handelsrichter hat, erfahren Sie hier.

Kammern für Handelssachen

Die Landesjustizverwaltung kann (muss aber nicht) bei den Landgerichten für deren Bezirke und/oder für örtlich abgegrenzte Teile davon so genannte Kammern für Handelssachen einrichten (§ 93 Gerichtsverfassungsgesetz). Organisation und Zuständigkeiten einer Kammer für Handelssachen sind geregelt im Gerichtsverfassungsgesetz (§§ 93 bis 114 GVG).
Jede Kammer für Handelssachen ist mit insgesamt drei Richtern besetzt, und zwar einem Volljuristen als Vorsitzenden Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern aus der Kaufmannschaft, den Ehrenamtlichen Handelsrichtern. Kammern für Handelssachen, diese Spezialspruchkörper für Kaufleute an Landgerichten haben sich die Kaufleute selbst erkämpft. Es gibt sie bereits seit Inkrafttreten des Gerichtverfassungsgesetzes (GVG) im Jahre 1877. Sinn und Zweck war und ist es, neben juristischen Kenntnissen auch kaufmännischen Sachverstand und kaufmännische Erfahrung in die Entscheidung des Gerichts einzubringen. Die Ehrenamtlichen Handelsrichter sind deshalb nicht gleichzusetzen mit Laienrichter, wie beispielsweise Schöffen. Vielmehr sind sie Fachrichter mit Spezialkenntnissen auf dem Gebiet der Unternehmensführung. Ehrenamtliche Handelsrichter haben demzufolge auch die gleichen Rechte und Pflichten wie Berufsrichter. Sie haben insbesondere gleiches Stimmrecht wie ein Berufsrichter: jede Stimme zählt gleich viel!

Handelskammern beim Landgericht Darmstadt

Beim Landgericht Darmstadt sind sieben Kammern für Handelssachen gebildet worden. Die 2., 4. und 5. Kammer haben ihren Sitz beim Amtsgericht in Offenbach.

Handelssachen und Handelsgeschäfte

Wenn bei einem Landgericht eine Kammer für Handelssachen besteht, können bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, die Handelssachen sind, auf Antrag des Klägers (in der Klageschrift) oder auf Antrag des Beklagten vor einer Kammer für Handelssachen verhandelt werden.
Handelssachen sind dann bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, wenn darin durch eine Klage ein Anspruch gegen u. A. (vgl. § 95 GVG) einen Kaufmann im Sinne des HGB geltend gemacht wird, und zwar ein Anspruch aus Geschäften, die für beide Teile Handelsgeschäfte sind. Handelssachen sind auch Anfechtungsklagen gegen Beschlüsse der Hauptversammlung einer AG, Auflösungsklagen gegen eine AG sowie Spruchverfahren im Sinne des Umwandlungsgesetzes.
Geschäfte sind dann für beide Teile Handelsgeschäfte, wenn sie resultieren
  • aus einem Wechsel bzw. aus kaufmännischen Orderpapieren,
  • aufgrund des Scheckgesetzes,
  • aus Gesellschaftsverträgen über die Errichtung einer OHG, einer KG, einer GmbH, einer AG oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien zwischen den Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern,
  • aus Verträgen, die sich aus dem Erwerb eines Unternehmens (Handelsgeschäft) ergeben,
  • aus Haftungsverhältnissen, die sich aus einer Prokura oder Handlungsvollmacht ergeben können,
  • aus Rechtsverhältnissen des Seerechts,
  • aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Handelsrichter werden und sein

Voraussetzungen

  • deutsche Staatsangehörigkeit
  • das 30. Lebensjahr vollendet
  • als Kaufmann, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer einer juristischen Person oder als Prokurist in das Handelsregister oder das Genossenschaftsregister eingetragen ist oder eingetragen war oder als Vorstandsmitglied einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aufgrund des § 36 HGB oder einer gesetzlichen Sonderregelung für diese juristische Person nicht eingetragen zu werden braucht
  • im Landgerichtsbezirk Darmstadt wohnt oder
  • in diesem Bezirk eine Handelsniederlassung hat oder
  • einem Unternehmen angehört, das in diesem Bezirk seinen Sitzt oder seine Niederlassung hat
Darüber hinaus soll nur ernannt werden
  • ein Prokurist, wenn er im Unternehmen eine der eigenverantwortlichen Tätigkeit des Unternehmers vergleichbare selbstständige Stellung einnimmt,
  • ein Vorstandsmitglied einer Genossenschaft, wenn er/sie hauptberuflich in einer Genossenschaft tätig ist, die in ähnlicher Weise wie eine Handelsgesellschaft am Handelsverkehr teilnimmt.
Ferner wird die Zuverlässigkeit über das Insolvenz- und Schuldnerverzeichnis sowie über das Führungszeugnis geprüft.

Zum ehrenamtlichen Handelsrichter kann nicht ernannt werden:

  • Personen, die infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen oder wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden sind,
  • Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen einer Tat schwebt, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann,
  • Personen, die in Vermögensverfall geraten sind,
  • Personen, die aus gesundheitlichen Gründen zu dem Amt nicht geeignet sind.

Wie wird man ehrenamtlicher Handelsrichter?

  • Der Bewerber stellt eine formlose Anfrage bei der IHK Darmstadt, Marie-Sofie Gerhardt, 06151 871-1216 bzw. marie-sofie.gerhardt@darmstadt.ihk.de
  • Die IHK lädt den Bewerber zu einem persönlichen Gespräch ein.
  • Sind die Voraussetzungen gegeben, wird der Bewerber von der IHK Darmstadt dem Landgericht Darmstadt vorgeschlagen.
  • Nach weiteren Überprüfungen wird der Bewerber durch das Landgericht Darmstadt zum ehrenamtlichen Handelsrichter ernannt.
  • Vor seiner ersten Verhandlung wird der ehrenamtliche Handelsrichter vereidigt und die Urkunde wird Ihm ausgehändigt.
  • Die Ernennung ist auf fünf Jahre befristet und wird dann in der Regel auf Wunsch verlängert.

Was erwartet den ehrenamtlichen Handelsrichter bei seiner Tätigkeit?

  • Verhandlungstermine sind 4 bis 10 mal pro Jahr und dauern in der Regel einen Vormittag bis einen Tag.
  • Vor jeder Verhandlung gibt es am selben Tag eine Vorbesprechung, bei welcher der Sachverhalt erläutert wird. Vor- oder Nachbereitungszeiten entstehen daher nicht.
  • Fahrtkosten werden auf Antrag ersetzt. Da es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit handelt, wird darüber hinaus keine Aufwandsentschädigung o. ä. gewährt.
Sie haben noch Fragen? Wir helfen Ihnen gerne weiter.
Stand: März 2022