Fünf Tipps für den eigenen Tiktok-Shop

Mit dem Tiktok-Shop betritt ein neuer, direkter Verkaufskanal die digitale Handelsbühne. Nutzer*innen können Produkte direkt aus Videos oder Livestreams heraus kaufen, ohne die App zu verlassen. Ein neuer Markt, der mit der richtigen Herangehensweise Erfolg verspricht.
Text: Matthias Voigt
Benedikt Hermann, Geschäftsführer von Trion © Trion
„Tiktok ist längst mehr als eine Plattform für virale Tanzvideos und Lippensynchronisation“, sagt Benedikt Hermann, Geschäftsführer der Digitalagentur Trion. Was in Asien bereits Milliardenumsätze erziele, sei auch in Deutschland seit diesem Jahr verfügbar. Händler*innen, Marken und Creator*innen können Produkte über integrierte Shopping-Funktionen verkaufen, eingebettet in die normalen Social- Media-Inhalte der Plattform. Die Besonderheit des Vertriebskanals erklärt Hermann so: „Social Media und Verkaufen verschmelzen, denn Kaufimpulse entstehen durch Geschichten, Emotionen und Interaktion, nicht durch klassische Produktpräsentation.“ Damit unterscheidet sich der Tiktok-Shop fundamental von herkömmlichen Online-Shops oder Marktplätzen wie Amazon. Die Kaufentscheidung fällt daher nicht mehr über Filterfunktionen oder Vergleichstabellen, sondern durch Aufmerksamkeit im Scrollfluss und durch Content, der konvertiert.
Auf Tiktok gewinnt nicht das beste Produkt, sondern der beste Content.

Benedikt Hermann

Doch was bedeutet das nun für Unternehmen und Händler*innen? Benedikt Hermann ist sich sicher: Wer frühzeitig auf die Plattform setzt, kann mit wenig Budget hohe Reichweiten erzielen. Vorausgesetzt, man versteht die Mechaniken der Plattform und nutzt sie strategisch. Der Digital-Experte gibt fünf Tipps, wie der Einstieg in den Tiktok-Shop gelingt:
  1. Nicht ohne Strategie: Den Tiktok-Shop als Vertriebskanal denken
    Der Tiktok-Shop ist kein Gimmick, sondern ein ernstzunehmender Absatzkanal. Wer ihn wie einen klassischen Online-Shop betreibt, verfehlt jedoch sein Potenzial. Denn auf Tiktok gewinnt nicht das beste Produkt, sondern der beste Content. Unternehmen müssen sich daher vorab einige Fragen stellen, wie zum Beispiel: Welche Zielgruppe will ich erreichen? Welche Probleme, Wünsche oder Träume haben diese Menschen? Welche Story erzähle ich und wie passt mein Produkt in diese Geschichte? Welche Shop-Funktionen werden konkret genutzt (z.B. Lives, Creator-Kooperationen, Spark Ads, Rabattaktionen etc.)? Denn der Algorithmus belohnt Relevanz und Emotionalität, nicht technische Datenblätter. Deshalb sollte man Inhalte entlang der Customer Journey planen und Produkte in Erlebnisse übersetzen.
  2. Mit wenig starten, schnell lernen: Kleine Produktanzahl, großer Lerneffekt
    Der größte Fehler beim Start: Mit dem gesamten Sortiment auf einmal live gehen zu wollen. Benedikt Hermann rät: maximal drei bis fünf margenstarke Produkte, idealerweise für unterschiedliche Zielgruppen auswählen. So lassen sich Learnings schneller generieren, Content effizienter testen und Rückmeldungen aus der Community gezielt verwerten. Das ermöglicht: schnelles Testing verschiedener Ansätze, gezieltes Feedback aus der Community, geringeren Content-Produktionsaufwand und legt den Fokus auf die Performance. Je kleiner das Sortiment zum Start, desto klarer wird sichtbar, welche Story, welches Produkt und welches Format funktionieren. Wer früh lernt, was funktioniert, kann schneller skalieren und spart sich teure Umwege.
  3. Content ist Commerce: Creators, Livestreams und Ads gezielt nutzen
    Verkaufen ohne Content? Das ist auf Tiktok undenkbar. Erfolgreiche Tiktok-Shops setzen auf drei Säulen: erstens organischen Content wie Tutorials, Edutainment, Behind-the-Scenes oder User Generated Content, zweitens Live- Shopping mit Countdown, Rabattaktionen und Echtzeit-Kommentaren sowie drittens Creator-Kooperationen: diese bringen Authentizität, Nähe und Reichweite. Zusätzlich spielt bezahlte Werbung eine Schlüsselrolle, um mit performanten Inhalten eine noch größere Reichweite zu erzielen.
  4. Optimieren statt hoffen: Daten vestehen, Testingmindset entwickeln
    Views, Klicks, Absprungraten, Conversion Rates, Warenkorbabbrüche. Doch viele Unternehmen ignorieren diese Datenschätze. Dabei können sie wichtige Hebel sein. Sinnvoll ist daher ein tägliches Monitoring der Performance, A/B-Tests auf Creative- und Produktebene sowie das Community-Feedback aktiv einzubeziehen. Tiktok ist schnelllebig. Wer nicht laufend optimiert, verliert Sichtbarkeit und damit Umsatz. Ein iteratives Mindset ist Pflicht.
  5. Plattform verstehen, Team schulen, Ressourcen schaffen
    Tiktok ist kein „Nebenbei-Kanal“. Wer erfolgreich sein will, braucht Prozesse, Know-how und Kapazitäten. Das bedeutet: Prozesse müssen definiert sowie interne oder externe Verantwortlichkeiten festgelegt werden. Nützlich ist auch, regelmäßige Formate für Redaktions- und Contentplanung zu etablieren. Nicht zu vergessen: Technik, Design, Schnitt, Ton und Analyse müssen sichergestellt werden. Tiktok lebt von seiner eigenen Sprache. Wer Tiktok nicht nutzt, wird die Mechanismen auch nicht verstehen und folglich nicht verkaufen. Unternehmen, die intern Creator*innen fördern oder externe Creator*innen eng einbinden, erzielen überdurchschnittliche Conversion Rates.
Zur Person: Benedikt Hermann ist Experte für Social-Performance-Marketing und digitale Vertriebskanäle in Deutschland. Er begleitet die digitale Transformation seit den frühen 90er-Jahren und unterstützt mit seiner Agentur Trion mittelständische und große Unternehmen dabei, digitale Kommunikation in konkrete Geschäftsergebnisse zu übersetzen. www.trionline.de

Rechtliche Fragen rund um den Tiktok-Shop

Brauche ich ein Impressum und eine Datenschutzerklärung auf Tiktok?
Ja. Sobald man geschäftlich auf Tiktok unterwegs ist, sind Impressum und Datenschutzerklärung Pflicht und müssen für andere leicht erreichbar im Profil hinterlegt werden .
Welche Angaben muss mein Impressum enthalten?
Das Impressum sollte mindestens Name/Firma, eine ladungsfähige Anschrift, E-Mail-Adresse, Telefonnummer sowie ggf. Registerdaten (Handelsregister) und USt.-ID umfassen . Diese Infos sind gesetzlich vorgeschrieben und dürfen nicht weggelassen werden.
Brauche ich eigene AGB für meinen Tiktok-Shop?
Rechtlich vorgeschrieben sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zwar nicht, aber sie sind sehr empfehlenswert. Eigene AGB erlauben Ihnen, wichtige Punkte wie Zahlung, Lieferung, Haftung und Widerruf geregelt festzuhalten. So wissen die Käufer*innen genau, woran sie sind, und Sie vermeiden Unklarheiten.
Wer haftet bei rechtlichen Problemen oder Schäden?
Tiktok stellt nur die Plattform und übernimmt keine Haftung für Ihre Verkäufe. Sie selbst sind verantwortlich und haften gegenüber den Kund*innen, z. B. wenn etwas nicht geliefert wird oder ein Produkt Mängel aufweist. Auch für Schäden durch Ihre Produkte können Sie als Verkäufer*in zur Verantwortung gezogen werden. Rechtliche Verstöße (etwa fehlende Infos) fallen ebenfalls in Ihren Haftungsbereich.
Muss ich meine Tiktok-Beiträge als Werbung kennzeichnen?
Ja, unbedingt. Jeder kommerzielle Post (auch für die eigenen Produkte) muss als Werbung erkennbar sein, z. B. durch das Wort „Werbung“ oder „Anzeige“. Andernfalls riskieren Sie eine Abmahnung wegen versteckter Werbung .
Welche Verbraucherrechte muss ich beachten?
Vor allem das Widerrufsrecht: Kund*innen können innerhalb von 14 Tagen den Kauf ohne Grund rückgängig machen, darüber müssen Sie sie vorab klar informieren. Außerdem gilt die gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren für Mängel – Sie müssen also bei Defekten nachbessern oder Ersatz liefern (ansonsten Geld zurück).
Muss ich ein Gewerbe anmelden, um im Tiktok- Shop zu verkaufen?
Ja. Sobald Sie planmäßig Gewinne erzielen, handeln Sie gewerblich und brauchen einen Gewerbeschein. Tiktok verlangt sogar einen Gewerbenachweis bei der Seller-Registrierung, um sicherzugehen, dass Sie wirklich ein Unternehmen betreiben.
Welche Steuern fallen für Tiktok-Shop-Verkäufe an?
Ihre Einnahmen unterliegen der Einkommensteuer. Außerdem müssen Sie in der Regel Umsatzsteuer abführen, da Ihre Umsätze als unternehmerisch gelten . Ausnahme: Wenn Sie unter die Kleinunternehmerregelung fallen, brauchen Sie keine Mehrwertsteuer auszuweisen.
Dieser Artikel ist erstmals erschienen im IHK-Magazin Wirtschaftsdialoge”, Ausgabe 5/2025. Sie möchten das gesamte Heft lesen? Die Wirtschaftsdialoge” können Sie auch online als PDF-Datei herunterladen.
Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit