Karriereturbo im Einzelhandel
In drei Jahren vom Ausbildungsbeginn zur Abteilungsleitung – diesen ehrgeizigen Karriereweg können leistungsstarke Azubis im Einzelhandel einschlagen. Möglich macht es das Programm „Drei Abschlüsse in drei Jahren“ der IHK Darmstadt. Dadurch haben Einzelhändler die Chance, ihre zukünftigen Führungskräfte regional auszubilden.
Text: Annabel Aulehla
Im Kaufhaus Henschel in Darmstadt stöbern an diesem sommerlichen Montagmorgen schon kurz nach Ladenöffnung Kund*innen durch die angebotenen Kleidungsstücke. Im ersten Stock faltet Saskia Springer Oberteile auf einem Tisch, berät Kund*innen und wählt passende Stücke zum Anprobieren aus. Nach ihrem Fachabitur im Jahr 2024 hat sie die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau bei Henschel begonnen. In drei Jahren will sie auf der Karriereleiter bereits einen großen Schritt weiter sein: „Ich möchte eine gute Position im Unternehmen erreichen und Abteilungsleiterin werden“, sagt sie.
In drei Jahren zur Handelsfachwirtin
Saskia Springer ist Auszubildende bei Henschel in Darmstadt und nimmt am Programm „Drei Abschlüsse in drei Jahren“ teil. Durch die verkürzte duale Ausbildung ist das Arbeitspensum sehr hoch. Saskia Springer nutzt die Vier-Tage-Woche, damit sie neben der Arbeit Zeit zum Lernen hat.
Dieses Ziel klingt erst mal sportlich, ist aber realistisch: Als Teilnehmerin des Programms „Drei Abschlüsse in drei Jahren“ absolviert Springer innerhalb kürzester Zeit nicht nur ihre duale Ausbildung, sondern auch die Ausbildereignungsprüfung und die Weiterbildung zur Handelsfachwirtin. Dieser Abschluss ist dem Bachelor gleichgestellt und ermöglicht unter anderem den Einsatz als Kaufs-, Verkaufs-, Abteilungs- oder gar Geschäftsleitung. „Man ist nach drei Jahren so weit wie andere nach fünf bis sechs Jahren und kann karrieremäßig durchstarten – das finde ich richtig toll“, teilt Springer ihre Motivation.
Wir möchten unsere Führungskräfte selbst ausbilden, möglichst von klein auf. Durch das Programm der IHK Darmstadt ist das hier in der Region möglich.Caroline Berg
Caroline Berg, Bereichsleitung für Mitarbeiterentwicklung bei Henschel Darmstadt
Die Teilnahmegebühren trägt ihr Arbeitgeber, und zwar aus guten Gründen: „Wir möchten unsere Führungskräfte selbst ausbilden, möglichst von klein auf. Durch das Programm der IHK Darmstadt ist das hier in der Region möglich“, sagt Caroline Berg, Bereichsleitung für Mitarbeiterentwicklung bei Henschel Darmstadt. Vorher habe man mit dem Bildungszentrum des Einzelhandels kooperiert. „Die Teilnehmer mussten zum Blockunterricht in ein Internat nach Niedersachsen. Das liegt nicht jedem, außerdem entstanden dadurch hohe Kosten für Anfahrt und Unterbringung“, führt sie aus. Durch die räumliche Nähe sei das Programm „Drei Abschlüsse in drei Jahren“ der IHK besser mit dem Dienstplan vereinbar. Der Wechsel erfolgte 2024. Torsten Heinzmann, Teamleiter Ausbildung der IHK Darmstadt, freut sich über den Erfolg des Programms: „In Zeiten des Fachkräftemangels können wir den südhessischen Einzelhändlern damit eine Möglichkeit bieten, engagierte Auszubildende langfristig als potenzielle Führungskräfte ans Unternehmen zu binden.“
Aktuell gibt es in der Filiale am Darmstädter Marktplatz 15 Auszubildende im Bereich Einzelhandel, davon nutzen fünf den Karriereturbo. Bei der Auswahl der Kandidat*innen sind Berg verschiedene Faktoren wichtig: „Wir achten auf die Präsenz auf der Fläche und das Auftreten. Außerdem sollte die Person modisch orientiert sein, sehr strukturiert arbeiten und eine hohe Bereitschaft haben, Verantwortung zu übernehmen.“ Zudem muss der Notenschnitt in der Berufsschule besser als 2,49 sein. Denn auf dieser Grundlage besuchen die Teilnehmenden eine Verkürzerklasse an der Friedrich-List-Schule in Darmstadt, in der sie die Ausbildungsinhalte in stark verdichteter Form lernen. Nach 1,5 Jahren steht bereits die Abschlussprüfung an. Darauf folgen die Handelsfachwirt-Weiterbildung der IHK Darmstadt sowie die Ausbildereignungsprüfung.
Das markante Kaufhaus, in dem Henschel in Darmstadt untergebracht ist, wurde in zwei Bauabschnitten (1908 und 1913/14) errichtet. Die gerasterte Fassade aus gelbem Sandstein setzt am Marktplatz Akzente.
Fleißig und gut organisiert
Das hohe Pensum erfordert ein hohes Maß an Selbstorganisation und Fleiß. Saskia Springer stört das nicht: „Da wir im Betrieb die Vier-Tage-Woche haben, kann ich einen freien Tag in der Woche zum Lernen nutzen. Außerdem öffnen wir erst ab 10 Uhr. Vorher habe ich auch genügend Zeit.“ Henschel belohnt das Engagement seiner Nachwuchstalente. In der Regel werden sie nach dem Abschluss übernommen und zum Beispiel als Abteilungsleitung oder stellvertretende Abteilungsleitung eingesetzt. Bei der Wahl des Einsatzgebiets richtet man sich auch nach den Stärken der Absolvent*innen. „Wir schauen, welchen Bedarf wir haben und wie das mit den Fähigkeiten des Einzelnen zusammenpasst. Ist jemand eher im Umgang mit Personen stark oder kann er besser mit Zahlen umgehen? So können wir entscheiden, ob jemand in den Verkauf geht, zum Controlling oder in den Bereich Warenwirtschaft“, sagt Berg.
Personalverantwortung gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Handelsfachwirte. Die Abteilungsgröße liegt zwischen fünf und 30 Mitarbeitenden. Dazu zählen auch Auszubildende. Somit sind sie auf ihren Ausbilderschein angewiesen. Saskia Springer freut sich bereits darauf: „Wenn wir Praktikanten haben, weise ich sie gerne ein und helfe ihnen durch den Alltag. Daher kann ich mir sehr gut vorstellen, später auch Azubis anzuleiten.“
Weitere Informationen zum Ausbildungsprogramm „Drei Abschlüsse in drei Jahren“
Dieser Artikel ist erstmals erschienen im IHK-Magazin „Wirtschaftsdialoge”, Ausgabe 4/2025. Sie möchten das gesamte Heft lesen? Die „Wirtschaftsdialoge” können Sie auch online als PDF-Datei herunterladen.
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Matthias Voigt
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