Bürokratieabbau in der Praxis

Auf Initiative der IHK-Organisation fanden ab Februar mehrere Fachgespräche zum Thema Bürokratieabbau statt. Im Format von virtuellen Runden Tischen wurde in drei Gruppe zu den Themen „Statistische Meldepflichten“, „Allergenkennzeichnung“ sowie „Hygienevorschriften“ (ohne Pandemie-Schwerpunkt) begonnen.
In einem Austausch auf Augenhöhe diskutierten die Teilnehmer ihre praktischen Erfahrungen. Einbezogen wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen nebst ihren politischen sowie praktischen Hintergründen. Dazu stellten sowohl die beteiligten Fachministerien als auch die Unternehmensvertreter ihre Sicht auf das Thema dar. Der Teilnehmerkreis wurde ergänzt durch Vertreter der Normenkontrollorgane, Ministerien, Parteien, IT-Dienstleister sowie von Verbänden.
Pro Gruppe fanden zwei Termine statt; der erste diente der Problemanalyse. Im Nachgang wurden praktische Lösungsvorschläge erarbeitet, die im zweiten Termin zur Diskussion standen. Schließlich wird ein Ergebnispapier erarbeitet, welches konkrete Verbesserungsansätze und weiteren Handlungsbedarf aufzeigt.

Statistikgruppe

Statistische Meldepflichten belasten die Unternehmen; und zwar branchenunabhängig. Es hat sich jedoch gezeigt, dass insbesondere kleinere Unternehmen besonders stark unter diesen Meldungen leiden – sie haben häufig keine spezialisierten Mitarbeiter, weniger Routinen und auch die Buchhaltungssysteme sind in der Regel weniger differenziert oder digitalisiert.
Unterm Strich hat sich einiges an Verbesserungspotential ergeben. Durch den Dreiklang von Kommunikation – Vereinfachung – Finanzierung sind Vorteile für alle Beteiligten in Sicht. Die Kommunikation der Meldebehörden könnte durch mehr Transparenz und Wertschätzung zu besserer Resonanz und höherer Datenqualität beitragen.
Vereinfachungspotential ergibt sich aus technischer und organisatorischer Hinsicht; Schnittstellen zu Buchhaltungsprogrammen, Anpassungen der zu erhebenden Daten an die Inhalte des Rechnungswesens sowie eine stärkere Registervernetzung wären von Vorteil. Schließlich kommen finanzielle Fördermöglichkeiten für die Automatisierung der Meldepflichten in den Blick.
Detaillierte Informationen stellt der DIHK sowie das Ergebnispapier Statistik mit allen acht gefundenen konkreten Verbesserungsansätzen zur Verfügung.
Abgeleitet aus diesem Runden Tisch wurden zwischenzeitlich zudem Fachgespräche zur Intrahandelsstatistik (pdf) sowie zur Verdienststatistik (pdf) vor dem Hintergrund des Bürokratieabbaus durchgeführt. Hier ging es u. a. konkret um die Notwendigkeit einzelner Merkmale, die Erfahrungen aus einer langfristigen Meldeverpflichtung und auch kleine technische Kniffe, die eine Erleichterung bewirken können. Zudem werden die bestehenden Fördermöglichkeiten analysiert, um den Unternehmen dazu mehr Unterstützung anbieten zu können.
 
Am 09.09.2021 fand der 1. Update-Termin in Bezug auf den Umsetzungsstand der gefundenen Ergebnisse statt. Aus mehreren Bundesländern gab es die positive Entwicklung, dass Verbesserungen bzgl. der Kommunikation in Vorbereitung oder bereits umgesetzt sind. Zudem sind inzwischen seitens der Statistikämter Webinare zu Technik und Nutzen der Meldungen geplant – u. A. in Sachsen. Die Informationskampagne könnte noch durch Erklärungsseiten/Flyer z. B. zum Auswahlverfahren und der Dauer der Meldepflichten verstärkt werden.
Zum Aspekt der Förderung fand im Sommer durch den DIHK eine Umfrage statt; deren Aussagen zu den Anforderungen an ein „gutes Förderprogramm“ – wesentlicher Punkt ist die einfache Antragsstellung – wurden diskutiert. Die Detailanalyse zur Förderkulisse bzgl. der Digitalisierung der Meldungen ist derzeit noch in Bearbeitung. Die Erkenntnisse aus dem Ergebnispapier werden zudem im September in einem Fachausschuss des Statistischen Bundesamtes im Rahmen der Tagesordnung diskutiert. Der nächste Update-Termin ist für März 2022 geplant.

Allergenkennzeichnung

Gastronomische Betriebe leiden besonders unter den Anforderungen der Allergenkennzeichnungspflichten. Dies gilt in besonderem Maß wenn kein Warenwirtschaftssystem zum Einsatz kommt und bei wechselnder Speisekarte; z. B. Saisonküche, Tagesgerichte. Die Kennzeichnungspflichten resultieren aus EU-Recht und sollen dem Verbraucherschutz dienen. Erfahrungen der Gastronomen zeigen jedoch, dass Gäste mit Allergien oder besonderen Ernährungsgewohnheiten mehrheitlich gezielt bei den Beschäftigten nachfragen – statt die dokumentierten Allergenhinweise zu verlangen. Einigkeit herrschte unter den Teilnehmern des Runden Tisches – u. A. Lebensmittelkontrolleure, Sachverständige, Unternehmer, Politikvertreter – das zusätzlicher bürokratischer Aufwand zu vermeiden ist.
Zum Umgang mit den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen kommen Erleichterungen durch Transparenz – gastorientierte Aufklärung – digitale Tools in Betracht. Seitens der Kontrollbehörden sollte keine generalistische Herangehensweise bei Prüfungen praktiziert werden; die Berücksichtigung der individuellen Situation und auch ein gewisses Beratungsangebot wären für alle Beteiligten – Unternehmen, Kontrollbehörde, Gast – von Vorteil.
Gerade bei saisonalen Gerichten wäre ein Verzicht auf eine dokumentierte Allergenkennzeichnung ein praktischer Vorteil – mit Ersatz durch mündliche und persönliche Information des Gastes. Schließlich sollte der zulässige Einsatz digitaler Helfer zur Erfüllung der Kennzeichnungspflicht bekannter gemacht werden; hier gibt es z. B. Angebote, die an ein Warenwirtschaftssystem gekoppelt sind und automatisiert die Pflichtinformationen generieren.

Die Resultate dieses Runden Tisches können im Ergebnispapier Allergenkennzeichnung (pdf) nachvollzogen werden. Es ist geplant, zukünftig regelmäßig ein Expertentreffen zur Evaluation der Erkenntnisse durchzuführen.

Hygienevorschriften

In der Gastronomie sind zudem die Hygienevorschriften ein Aspekt fortwährender Belastungen. Die rechtliche Grundlage findet sich in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über Grundsätze zur Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelrechts usw. (AVV Rahmen-Überwachung – AVV RÜb). Die Vorschrift soll eine einheitliche Anwendungspraxis seitens der Kontrollbehörden gewährleisten. Im Rahmen der Runden Tische mit den beteiligten Personenkreisen – u. A. Unternehmen, Ministerien, Normenkontrollrat, Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure – zeigte sich jedoch, dass die Prüfpraxis stark variiert und somit sogar noch zusätzlich Unsicherheit schafft.
In diesem Regelungsbereich befinden sich die Unternehmen daher zu ihren Verpflichtungen in einem Spannungsverhältnis zwischen Über- und Untererfüllung. Unbestreitbar sind Hygienemaßnahmen unerlässlich – und dies auch im Eigeninteresse der Unternehmen. Es wurde für die Praxis Verbesserungspotential durch Digitalisierung – Vereinheitlichung – Information identifiziert. Derzeit werden in den Unternehmen die Berichte und Dokumentationen überwiegend schriftlich erstellt. Hier hat sich noch nicht die Information verbreitet, dass dies auch digital zulässig ist. Dahingehend ist allgemein mehr Aufklärungsarbeit angezeigt.
Zur Lebensmittelhygiene bietet die IHK Chemnitz regelmäßig Schulungstermine an. Mit dem Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure soll zudem analysiert werden, wie eine einheitlichere Prüfpraxis erreicht werden kann – und somit mehr Rechtssicherheit für die Unternehmen entsteht.
Der DIHK hat speziell für das Gastgewerbe weiteres Entlastungspotential für die  bürokratischen Anforderungen ermittelt. Hinsichtlich des Runden Tisches sind die Erkenntnisse im Ergebnispapier Hygienevorschriften (pdf) zusammen gefasst.