Ausbildungsabgabe: Welche Rechtsschutzmöglichkeiten stehen Unternehmen zur Verfügung?

Unternehmen haben die Möglichkeit, sich in einem Verwaltungsverfahren gegen die Heranziehung zur Ausbildungsabgabe zur Wehr zu setzen. Die Verfahrenswege spalten sich in das Hauptsacheverfahren in Form des Widerspruchsverfahrens und der Anfechtungsklage sowie ein möglicherweise durchzuführendes Eilverfahren auf. Die Hauptsache- und Eilverfahren können nacheinander durchgeführt oder auch kombiniert werden. Die Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) des Abgabenbescheids kann nur im Wege des Hauptsacheverfahrens verhindert werden. Ein Eilverfahren kann, muss aber nicht angestrengt werden.
Wird gegen einen Abgabenbescheid nicht fristgerecht das richtige Rechtsmittel der Anfechtungsklage erhoben, wird der Abgabenbescheid bestandskräftig. Gegen einen bestandskräftigen Verwaltungsakt ist nichts mehr zu machen – auch wenn sich später die Nichtigkeit des Ausbildungsförderungsgesetzes ergeben sollte. Die Zahlungen wären dann trotzdem zu leisten und würden auch nicht wieder zurückgezahlt werden – selbst wenn das Bundesverfassungsgericht das Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufhebt. Ähnlich wie in Steuerverfahren müssten also zunächst einmal – vorsorglich – Rechtsmittel eingelegt werden, wenn ein Unternehmen sich das Verfahren zumindest offenhalten möchte.

1. Zuständige Stelle

In der Verordnung zur Durchführung des Ausbildungsunterstützungsfondsgesetzes wird als die für die Zahlungsabwicklung zuständige Stelle die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration, Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen, bestimmt.

2. Rechtsbehelfsbelehrung

Es ist davon auszugehen, dass die Bescheide mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein werden, die die Klage als einschlägigen Rechtsbehelf ausweist (Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht Bremen). Diese Rechtsbehelfsbelehrungen könnten aber aus nachstehenden Gründen möglicherweise falsch sein. Es ist daher zu prüfen, welches der richtige Rechtsbehelf ist und wie sich eine etwa falsche Rechtsbehelfsbelehrung auswirken würde.

3. Widerspruchsverfahren

a. Richtiger Rechtsbehelf: Anfechtungsklage oder Widerspruch?

Die Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration geht davon aus, dass ein Widerspruchsverfahren nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 BremAGVwGO entbehrlich ist. Entgegen dieser Einordnung sprechen jedoch gute Gründe dafür, dass der Widerspruch nach S 68 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO i. V. m. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BremAGVwGO der statthafte Rechtsbehelf gegen Bescheide zur Erhebung der Ausbildungsabgabe ist.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Zwar ist das Widerspruchsverfahren grundsätzlich nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO i.V.m. Art. 8 Abs. 2 Satz 1 BremAGVwGO entbehrlich, wenn der Verwaltungsakt von einer obersten Landesbehörde, hier der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration, erlassen wurde.
Etwas anderes gilt jedoch in dem Falle, wenn trotz Erlass durch eine oberste Landesbehörde ein Widerspruchsverfahren gesetzlich angeordnet ist, § 68 Abs. 1 Nr 1 VwGO („außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt").
Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BremAGVwGO ist abweichend von der v.g. Regelung in Art. 8 Abs. 2 Satz 1 BremAGVwGO ein Vorverfahren (=Widerspruch) trotz Erlass durch eine oberste Landesbehörde dann vorgesehen, wenn der Verwaltungsakt auf dem Gebiet des Ausbildungs- und Studienförderungsrechts ergeht. Die Rechtsprechung hat darunter bislang nur die Förderung nach dem BAföG gefasst. Ob Heranziehungsbescheide nach dem Ausbildungsförderungsgesetz unter den Begriff des Ausbildungsförderungsrechts fallen, ist bislang nicht entschieden, liegt aber begrifflich zumindest nahe.
Rein praktisch spricht auch folgende Überlegung für die Sinnhaftigkeit des Widerspruchsverfahrens:
Es ist mit einer Vielzahl von Anfechtungen von Heranziehungsbescheiden nach dem AusbUFG zu rechnen. Es könnte sich empfehlen, dass die Behörde in Abstimmung mit den Klägern Musterklagefälle heraussucht, die durchgeklagt werden sollen, um schlussendlich zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu gelangen. Es ist anzunehmen, dass gute Gründe dafür sprechen, dass das bremische AusbUFG letzten Endes vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben werden wird. Auch das Urteil des Staatsgerichtshofs Bremen hat gezeigt, wie knapp schon dieses Gericht das Gesetz als konform mit der Landesverfassung gehalten hat.
Die Behörde hätte bei Statthaftigkeit des Widerspruchsverfahrens die Möglichkeit, eine wesentliche Anzahl von Verfahren im Einvernehmen mit den Widerspruchsführern ruhend zu stellen, bis die ausgewählten (Muster-)KIagen rechtskräftig entschieden sind. Die weiteren Fälle, soweit sie nicht konkrete Berechnungsfehler rügen, die sich nur auf das rechtsmittelführende Unternehmen beziehen, könnten dann entsprechend beschieden werden. Dies würde auch einer Überlastung des Verwaltungsgerichts Bremen entgegenwirken.
Da sich das rechtshistorische Argument, wonach im Gesetzgebungsverfahren damals nur BAföG-Fälle benannt wurden, im Wortlaut der Norm nicht widerspiegelt und weil es schwerfällt, Sonderabgabenbescheide im Bereich der Ausbildungsförderung nicht unter den Bereich des Ausbildungsförderungsrechts zu fassen, sprechen gute, möglicherweise sogar die besseren Argumente dafür, dass Art. 8 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BremAGVwGO einschlägig ist. Danach ist das Widerspruchsverfahren hier auch dann der statthafte Rechtsbehelf, wenn der Bescheid von einer obersten Landesbehörde, wie hier der zuständigen Senatorin, erlassen wird. Wie sich die Rechtsprechung zu diesem Thema abschließend stellen wird, bleibt in Zukunft abzuwarten.

b. Folgen einer falschen Rechtsbehelfsbelehrung

Geht man mit Vorstehendem davon aus, dass das Widerspruchsverfahren der statthafte Rechtsbehelf ist, dürfte es angesichts der bisherigen Verlautbarungen der zuständigen senatorischen Behörde dazu kommen, dass die Bescheide mit fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrungen versehen werden, in denen sie nämlich darüber belehrt, dass die Anfechtungsklage gegeben sei.
Sofern ein Bescheid nach dem AusbUFG in den Bereich der Ausbildungsförderung gem. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BremAGVwGO fällt, wäre ein Widerspruchsverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 VwGO durchzuführen. Die Verwaltungsakte würden dann aufgrund fälschlicher Einordnung durch die Erlassbehörde mit unrichtigen bzw. fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrungen versehen. Hinsichtlich der Einlegung ordentlicher Rechtsbehelfe, die eine Nachprüfung eines Verwaltungsakts ermöglichen, ist der Betroffene nämlich korrekt zu belehren, vgl. § 37 Abs. 6 VwVfG. Die Folgen unrichtiger bzw. fehlender Rechtsbehelfsbelehrungen im Verwaltungsprozess sind jedoch abschließend in §§ 70 und 58 Abs. 2 VwGO geregelt.
Über die in § 58 Abs. 2 VwGO geregelten Rechtsfolgen hinaus führt eine unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung nicht zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens und auch nicht zur Zulässigkeit eines fälschlicherweise erhobenen unzulässigen Rechtsbehelfs. Im Grundsatz hat der Gesetzgeber durch § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO in verfassungskonformer Weise geregelt, dass die Rechtsbehelfsfrist auf ein Jahr verlängert wird, damit der Betroffene in dem vorstehenden zeitlichen Rahmen den richtigen Rechtsbehelf ermitteln und einlegen kann.
Auch aus einem etwaigen Vertrauen auf eine falsche Rechtsbehelfsbelehrung kann der Betroffene angesichts einer deutlichen Entscheidung des OVG Bremen (Beschl. v. 07.09.2023, 2 B 158/23 = NVwZ 2023, S. 1774, 1775, unter Verweis auf BVerwGE 95, 321; 63, 198, 200) u.U. nicht mehr viel für sich herleiten. Hierzu sind in der Vergangenheit verschiedene Entscheidungen herangezogen worden.
Grundsätzlich ist mithin der statthafte Rechtsbehelf einzulegen, bei richtiger Rechtsbehelfsbelehrung innerhalb eines Monats, und bei fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrung innerhalb eines Jahres; der falsche Rechtsbehelf ersetzt nicht den nach Rechtslage richtigen, statthaften Rechtsbehelf.
Auch ist darauf hinzuweisen, dass für die Fälle, in denen das statthafte Vorverfahren vor Klageerhebung nicht durchgeführt wird, die Klageschrift nicht als Widerspruch zu werten ist.
Empfehlung:
Angesichts der bestehenden Situation sollten die Unternehmen binnen eines Monats sowohl Widerspruch einlegen als auch das etwa in der Rechtsbehelfsbelehrung angegebene verwaltungsgerichtliche Klageverfahren einleiten.

c. Erforderlichkeit des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung

Mit dem Widerspruch sollte der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gem. § 80 Abs. 4, Abs. 6 Satz 1 VwGO verbunden werden. Dieser Antrag ist erforderlich, um etwaigen Eilrechtsschutz beantragen zu können. Für den Fall, dass die Anfechtungsklage statthaft wäre, ist nach h.M. ebenfalls ein behördlicher Aussetzungsantrag zu stellen.
Empfehlung:
Die Empfehlung geht daher klar dahin, vor Beantragung gerichtlichen Eilrechtsschutzes einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der Erlassbehörde zu stellen.
Der Aussetzungsantrag nach §§ 80 Abs. 4, Abs. 6 VwGO ermöglicht den Weg zum Eilrechtsschutz, er leitet aber nicht zwangsläufig in ein gerichtliches Eilverfahren über.

d. Empfehlung für Unternehmen, die zur Ausbildungsabgabe herangezogen werden

Aus den dargelegten Gründen sprechen gute Argumente dafür, die Ausbildungsabgabe nach dem AusbUFG als Teil des Ausbildungsförderungsrechts im Sinne des Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BremAGVwGO zu qualifizieren. Ob die engeren Hinweise aus den Gesetzgebungsmaterialien zu Art. 8 BremAGVwGO insoweit zu einer Einschränkung führen, die im Gesetzeswortlaut nicht abgebildet ist, wird letzten Endes durch die bremischen Verwaltungsgerichte geklärt.
Empfehlung:
In der bestehenden rechtlichen Situation ist daher Folgendes zu empfehlen:
Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte innerhalb der Monatsfrist gegen die Bescheide nach dem AusbUFG sowohl Widerspruch (gem. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BremAGVwGO) als auch Klage (gem. Rechtsbehelfsbelehrung) erhoben werden. Der Widerspruch sollte mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbunden werden, um den Weg auch zu einstweiligem Rechtsschutz rechtssicher zu eröffnen. Letzteres würde auch gelten, wenn man nur den Klageweg als eigentlichen Rechtsbehelf für gegeben hält.
Mit Vorstehendem wird das Risiko vermieden, einen nicht statthaften Rechtsbehelf zu wählen und den Eintritt der Bestandkraft des Verwaltungsakts zu riskieren. Zudem werden in Bezug auf den Eilrechtsschutz die Eingangsvoraussetzungen erfüllt. Vorstehendes stellt sich für die Unternehmen als sicherster und damit empfehlenswerter Weg dar.

e. Im Widerspruch: isolierte Anfechtung des Widerrufsvorbehalts für die Ausgleichszuweisung

Selbstständig – sowie auch zusammen mit dem Bescheid – kann der im angegriffenen Bescheid enthaltene Widerrufsvorbehalt angefochten werden, wenn dem Unternehmen/Betrieb im Festsetzungsbescheid eine Ausgleichszahlung zugewiesen wurde.
Die isolierte Anfechtung ist zulässig. Denn ohne den Widerrufsvorbehalt bleibt ein sinnvoller Rest-Verwaltungsakt, und aufgrund des AusbUFG ist anzunehmen, dass die Behörde diesen anordnen wollte.
Der Widerrufsvorbehalt ist rechtswidrig nach § 36 VwVfG und daher aufzuheben – aus folgenden Gründen:
Der angefochtene Bescheid stützt den Widerrufsvorbehalt unzulässigerweise auf § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG i.V.m. § 1 Abs.1 BremVwVfG. § 36 Abs. 2 VwVfG gilt nur für Ermessensentscheidungen. Die Entscheidung über die Erhebung der Ausbildungsabgabe zum einen und über die Zuweisung der Ausgleichszahlung zum anderen steht aber nicht im Ermessen der senatorischen Behörde. Zudem lässt der Bescheid keinerlei Ausübung des behaupteten Ermessens erkennen (Ermessensausfall).
Der Widerrufsvorbehalt kann auch nicht auf § 36 Abs. 1 VwVfG gestützt werden. Das AusbUFG lässt keinen Widerrufsvorbehalt zu, sondern gestaltet die Ausgleichszahlung als Anspruch der Betriebe aus („… wird gewährt“ gem. § 5 AusbUFG). Zwar enthält § 5 Abs. 5 der Verordnung über die Durchführung des Ausbildungsunterstützungsfondsgesetzes (BremAusbUFDVO) die Regelung, dass Festsetzungen mit einem Widerrufsvorbehalt versehen werden sollen. Diese Regelung ist in Bezug auf die Ausgleichszahlung nach dem AusbUFG aber unzulässig. Nach § 5 AusbUFG wird der Ausbildungskostenausgleich gewährt. Ein Widerrufsvorbehalt ist nicht vorgesehen. Nach § 5 Abs. 4 und Abs. 5 AusbUFG dürfen nur die für die Antragstellung notwendigen Angaben einerseits und die Höhe der Ausgleichszuwendung andererseits sowie nach § 12 Abs. 2 AusbUFG das Verfahren durch Rechtsverordnung bestimmt werden. Nicht jedoch darf die im Gesetz vorgesehene Gewährung der Ausgleichszahlung an sich infrage gestellt oder unter einen dem Gesetzeszweck zuwiderlaufenden Vorbehalt gestellt werden. Soweit mithin § 5 Abs. 5 BremAusbUFDVO auch die Festsetzung der Ausgleichszahlung unter Widerspruchsvorbehalt stellt, ist die Rechtsverordnung mit höherrangigem Recht, nämlich § 5 AusbUFG, unvereinbar – abgesehen von den verfassungsrechtlichen Verstößen.
Zudem ist der Widerrufsvorbehalt nach der Ausschlussnorm des § 36 Abs. 3 VwVfG unzulässig. Danach darf eine Nebenbestimmung dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen. Genau das wäre hier aber hinsichtlich der Zuweisung des Ausbildungsausgleichs der Fall. Den Ausbildungsbetrieben soll in dem angefochtenen Bescheid eine Ausgleichszahlung zugewiesen werden. Diese Ausgleichszahlung soll die Betriebe gemäß §§ 5, 3, 2 AusbUFG darin unterstützen, Ausbildungsplätze einzurichten – also Auszubildende einzustellen –, indem den Arbeitgebern ein Teil der Kosten der Ausbildung abgenommen wird. Wird ihnen ein Teil der Lasten aber doch nicht oder nur vielleicht abgenommen und muss der gewährte Betrag später ggf. zurückgezahlt werden, entfällt die Entlastungswirkung und der damit bezweckte Anreiz. Das läuft dem Normzweck des AusbUFG zuwider.
Die Nebenbestimmung ist daher nach § 36 Abs. 3 VwVfG in jedem Falle rechtswidrig, unabhängig davon, ob sie auf Abs. 2 oder Abs. 1 von § 36 VwVfG gestützt wird. Sie ist mithin – auch isoliert – aufzuheben.
Empfehlung:
Unternehmen, denen im AusbUFG-Bescheid eine Ausgleichszahlung zugewiesen wird, weil sie Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, ist aus den vorgenannten Gründen zu empfehlen, auch den Widerrufsvorbehalt für die Ausgleichszuweisung gesondert mit anzufechten. Auch den Unternehmen, die den AusbUFG-Bescheid akzeptieren wollen, weil die Ausgleichszahlung höher als die Ausbildungsabgabe ist, ist zu empfehlen, dass sie zumindest den Widerrufsvorbehalt isoliert anfechten (Anfechtung in gleicher Weise wie hier beschrieben). Denn der Widerrufsvorbehalt bedeutet faktisch, dass ein Unternehmen, das einen begünstigenden AusbUFG-Bescheid erhält, die Auszahlung ggf. wieder zurückzahlen muss. Da die Gründe, die einen solchen Widerruf und die daraufhin erfolgende Rückzahlungsforderung rechtfertigen würden, an keiner Stelle geregelt sind, wirkt dies faktisch wie ein freier Widerrufsvorbehalt. Insoweit ist die isolierte Anfechtung dieser Nebenbestimmung, des Widerrufsvorbehalts, auch den durch den AusbUFG begünstigten Unternehmen zu empfehlen.

4. Das Hauptsacheverfahren

Gegen den Abgabenbescheid (und auch gegen einen entsprechenden Widerspruchsbescheid) ist binnen eines Monats nach Zustellung Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Bremen zu erheben. Sollte das Verwaltungsgericht die Klage abweisen, steht den Klägern grundsätzlich der Weg zum Oberverwaltungsgericht und anschließend zum Bundesverwaltungsgericht offen, wenn die Rechtsmittel zugelassen werden. Jedes dieser Gerichte hat die Möglichkeit, im Wege der konkreten Normenkontrolle das bremische Ausbildungsunterstützungs-fondsgesetz (AusbUFG) dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, wenn es das Gesetz für verfassungswidrig hält. Die Verwaltungsgerichte haben bei Gesetzen keine eigene Verwerfungskompetenz, sondern müssen dafür das Bundesverfassungsgericht anrufen. Der Verwaltungsrechtsstreit wäre so lange auszusetzen. Unterbleibt ein solches Vorlageverfahren durch das Verwaltungsgericht in erster Instanz oder auch in einer höheren Instanz, müsste der vorstehend beschriebene Instanzenzug ausgeschöpft werden. Anschließend kann jeder Bescheidsadressat als Träger von Grundrechten binnen eines Monats Verfassungsbeschwerde einreichen.

5. Eilantrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der zuständigen Behörde

Vor einem Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist zwingend zunächst ein Eilantrag auf Aussetzung der Vollziehung an die Behörde, die den Abgabenbescheid erlassen hat, zu richten (§ 80 Abs. 5 i.V.m. §§ 80 Abs. 6 und 80 Abs.2 Nr. 1, 1. Alt. VwGO).
Der Eilantrag auf Aussetzung der Vollziehung kann gleichzeitig mit dem Widerspruch oder der Erhebung der Anfechtungsklage gestellt werden.
Lehnt die Behörde diesen Antrag ganz oder teilweise ab, kann anschließend ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung an das Verwaltungsgericht gerichtet werden.

6. Das Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht

Die Anfechtungsklage gegen einen Abgabenbescheid hat, ebenso wie ein Widerspruch, keine aufschiebende Wirkung. Die Abgabeschuldner (Betriebe) müssen die Abgabe daher zunächst bezahlen, auch wenn sie vor dem Verwaltungsgericht Bremen klagen und/oder Widerspruch einlegen. Wird das Gesetz später für nichtig erklärt und der rechtzeitig angefochtene Abgabenbescheid aufgehoben, erhalten die Betriebe ihr Geld zurück. Gegen diese nicht aufgeschobene Zahlungspflicht kann man sich im Eilverfahren zur Wehr setzen. Während das Hauptsacheverfahren durchlaufen werden muss, um die Bestandskraft des Bescheides zu verhindern, dient das Eilverfahren dazu, sich gegen eine auch nur vorläufige Zahlungspflicht zu wehren.
Dieser Antrag ist schon vor Erhebung einer Anfechtungsklage, aber auch noch neben einer bestehenden Anfechtungsklage zulässig. Dieser gerichtliche Eilantrag kann gestellt werden, muss es aber nicht. Besondere Fristen bestehen hier nicht. Der Antrag kann auch vor Erhebung einer Anfechtungsklage gestellt werden. Ein Eilantrag an das Gericht ist aber nur zulässig, wenn zuvor ein Aussetzungsantrag an die Behörde gestellt worden ist (s. Ziffer 4.).
Entscheidungsmaßstab im Eilverfahren ist, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, z.B. weil die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zweifelhaft ist. Vor Gericht erfolgt eine umfassende Interessenabwägung einschließlich der Erfolgsaussichten in der Hauptsache.
Wird die Vollziehung des Abgabenbescheides ausgesetzt, muss der Betrieb die Abgabe erst einmal nicht zahlen. Sollte sich dann später vor dem Bundesverfassungsgericht herausstellen, dass das Gesetz wider Erwarten doch rechtskonform ist, wären die Abgaben nachzuzahlen. Die Nachzahlung würde auch Zinsen i. H. v. 0,5% ab dem Tag der Erhebung des Widerspruchs bei der zuständigen Behörde oder vom Tag der Rechtshängigkeit beim Gericht an bis zum Tag, an dem die Aussetzung der Vollziehung endet, umfassen. Wird die Vollziehung erst nach der Erhebung des Widerspruchs oder erst nach der Rechtshängigkeit ausgesetzt, so beginnt die Verzinsung mit dem Tag der Aussetzung der Vollziehung.

7. Weitere Maßnahmen

a. Abwehr der gesetzlichen Verpflichtung, Informationen bereitzustellen (§ 11 Abs. 2 AusbUFG)

Ab dem 01.01.2025 soll das IT-Portal online gehen, in welches die Betriebe auf gesetzlicher Grundlage (des AusbUFG) verpflichtet sind, die geforderten betrieblichen Informationen einzutragen. Dies soll die bereinigte Bruttolohnsumme einerseits und die Anzahl der Ausbildungsplätze andererseits sein. Zu diesen Informationen sind die Unternehmen nach dem AusbUFG verpflichtet. Das berührt ihre Grundrechte, vor allem das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sowie aus Art. 14 und 12 GG.
Hiergegen können Unternehmen sich vornehmlich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zur Wehr setzen. In der Hauptsache kommt eine Feststellungsklage auf Unwirksamkeit des AusbUFG oder auf Nichtbestehen der Informationspflicht in Betracht. Da die Informationspflicht ab dem 01.01.2025 unmittelbar gilt, wird parallel ein Eilantrag an das Verwaltungsgericht mit dem Ziel, diese Informationen einstweilen nicht offenlegen zu müssen, zu stellen sein. Das notwendige nachzuweisende Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich aus dem AusbUFG, dass die Möglichkeit vorsieht, eine Geldbuße für die Nichterteilung von Auskünften, nicht vollständige oder unrichtige Erteilung derselben zu verhängen. Dies ist im Gesetz als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet. Die Geldbuße beträgt bis zu € 500.000. Daraus würde sich auch ein Rechtsschutzbedürfnis für die vorstehend erwähnten Rechtsschutzanträge ergeben.

b. Auszahlung des Ausbildungsausgleichs (§ 5 AusbUFG)

Dem Arbeitgeber wird jährlich auf Antrag eine Ausgleichszuweisung aus den Mitteln des Ausbildungsunterstützungsfonds je Auszubildender oder Auszubildendem für das jeweils laufende Ausbildungsjahr gewährt. Gegen den Verwaltungsakt der Behörde steht den Unternehmen binnen eines Monats die Verpflichtungsklage offen, ggf. nach einem Widerspruchsverfahren (s.o.).
Die Auszahlung des Ausbildungsausgleichs soll nur unter dem Vorbehalt des Widerrufs erfolgen (§ 5 Abs. 5 BremAusbUFDVO). Die Gründe, die einen Widerruf rechtfertigen würden, sind gesetzlich nicht geregelt, so dass der Widerruf wie eine freie Widerrufs- und Rückforderungsmöglichkeit wirkt. Unternehmen können daher nicht sicher sein, eine etwa erhaltene Ausbildungsausgleichszahlung behalten zu dürfen.

c. Rechtsmittel gegen Maßnahmen des Ausbildungsunterstützungsfonds (§ 4 AusbUFG)

Betriebe werden sich auch gegen „Maßnahmen" nach § 4 AusbUFG zur Wehr setzen können, wenn diese Maßnahmen den Ausbildungsbetrieben – oder auch den Nicht-Ausbildungsbetrieben – gegen deren Willen auferlegt werden oder den Unternehmen auf andere Weise Nachteile, Sanktionen oder ähnliches drohen, wenn sie „Maßnahmen", die der AusbUFG-Verwaltungsrat beschließen soll, nicht mitmachen wollen. Da bisher nicht deutlich ist, wie diese Maßnahmen tatsächlich aussehen werden, lassen sich auch die Rechtsschutzmöglichkeiten in diesem Bereich zum jetzigen Zeitpunkt nicht einschätzen. Denkbar wären aber Feststellungs- oder Unterlassungsverfahren.
Der Staatsgerichtshof hat außerdem betont, dass sich die Unternehmen gegen die drohende zweckwidrige oder sonst willkürliche Verwendung der Ausbildungsabgaben für Maßnahmen nach § 4 AusbUFG über die Anfechtung des Abgabebescheids (Festsetzungsbescheid) oder im Wege der Feststellungsklage zur Wehr setzen können. Der Staatsgerichtshof hat das AusbUFG diesbezüglich nämlich nur im Wege einer für geboten gehaltenen (verfassungskonformen) Auslegung noch für verfassungsgemäß erklärt. Danach dürfen die Abgaben nur für solche Maßnahmen verwendet werden, die auch in die Finanzierungsverantwortung der Arbeitgeber fallen. Nicht dazu gehört die Aufarbeitung von Defiziten der allgemeinen schulischen Bildung bzw. Maßnahmen, die auf persönliche oder sprachliche Defizite der Auszubildenden abzielen. Die Vermittlung einer allgemeinen Ausbildungsfähigkeit fällt nicht in die Finanzierungsverantwortung der Arbeitgeber. Sie sind nur für die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten zuständig, die in den praktischen Teil der dualen Berufsausbildung fallen.
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