85 Jahre - Wandt Gelebte Speditionskultur ohne Floskeln

Sobald der Name Wandt in Brauschweig fällt, denken die allermeisten an grüne Lkw, die Hansestraße oder Adalbert Wandt. Assoziationen, die einerseits eine prägende Wirkung auf den Erfolg des Unternehmens hatten und haben, aber andererseits nicht nur das abbilden, wofür der altehrwürdige Betrieb heutzutage insgesamt steht. Seit ganzen 85 Jahren ist die Wandt Spedition Transportberatung ein Sinnbild für Zuverlässigkeit, Wirtschaftsstärke und herausragende Persönlichkeiten, sowohl in der Speditions- als auch mittlerweile in der Logistikbranche. In diesem Jahr feiert die Familie ein besonderes Jubiläum, das nicht nur einen Rückblick auf eine lange Tradition ermöglicht, sondern einen Ausblick auf eine ziemlich herausfordernde, aber vielversprechende Zukunft bietet.

Von bescheidenen Anfängen zu großen Errungenschaften

In den Wirren der Vorkriegszeit, genauer gesagt am 6. Februar 1939, erblickte das damals noch ganz kleine Unternehmen das Licht der Welt. Gegründet von Adalbert Wandt sen., einem ehemaligen Hafenarbeiter am damals frisch fertiggestellten Mittellandkanal, begann die Erfolgsgeschichte in einer Phase des Umbruchs und der Unsicherheit. Als gelernter Bäckermeister und während seines Militärdienstes in Braunschweig gestrandet, erkannte er die Notwendigkeit effizienter Transportlösungen. Ausgestattet mit Entschlossenheit und einem Büssing-Lkw, wagte er den riskanten Schritt in die noch junge Welt des motorisierten Speditionsgewerbes. Die frühen Jahre waren von Bescheidenheit geprägt, aber auch von einem klaren Blick für die Bedürfnisse der Kundschaft. Wandt konzentrierte sich anfangs auf Kohle, die zunächst von A nach B bewegt werden musste. „Wir hatten später sogar Tanklastzüge, mit denen wir der Nachfrage nach Kraftstoff für damalige Verhältnisse recht effizient entgegenkommen konnten“, erzählen Aline und Anthony Wandt, Geschäftsführende in der bereits dritten Generation.
Der Umzug im Jahr 1951 an den Donnerbergweg im Braunschweiger Siegfriedviertel markierte den Beginn einer neuen Ära des Wachstums und der Expansion. Die Familie wuchs, ebenso wie das Geschäft, und 1959 erfolgte der nächste Schritt mit dem Bezug neuer Räumlichkeit an der Hansestraße (heute der Parkplatz eines schwedischen Möbelherstellers), wo sich die Firma bis in die 1980er hinein weiterentwickelte und damit einhergehend vergrößern musste. Auch der allseits bekannte Slogan „Unser Standort heißt Braunschweig. Unser Arbeitsplatz Europa“ fand während dieser Zeit seinen Platz auf zahlreichen Lastkraftwagen. Gegen Ende der 70er trat die nächste Generation sukzessive in die Fußstapfen des Gründers. 
Damit konnte tatsächlich niemand rechnen. Urplötzlich stand sie aber da, die Chance zum umfassenden Ausbau unserer Aktivitäten.

Anthony Wandt    

Die Gebrüder Adalbert jun. und Gerhard Wandt lernten zuvor bei Kühne + Nagel und nutzten die gesammelten Erfahrungen zur Übernahme des väterlichen Betriebs 1983. Mit ihrer Vision und ihrem Engagement brachen sie zu neuen Höhen auf und festigten den Ruf als vertrauenswürdiger Partner in der vergleichsweisen dynamischen Branche. Die Neuaufstellung ging einher mit einem kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung, insbesondere durch den lukrativen Grenzverkehr nach Westberlin. Doch mit dem Fall der Mauer änderte sich das Geschäftsumfeld drastisch. Wandt passte sich an die neuen Gegebenheiten an, erweiterte das Angebot und vergrößerte den Fuhrpark, um der neu entstandenen Nachfrage gerecht werden zu können. „Damit konnte tatsächlich niemand rechnen. Urplötzlich stand sie aber da, die Chance zum umfassenden Ausbau unserer Aktivitäten“, erläutert Anthony Wandt. „Wir konnten dadurch die Logistiksparte weiterentwickeln. Große Lagerhallen kamen rasch hinzu“, heißt es weiter. Kurz nach der Jahrtausendwende wechselte der Betrieb sprichwörtlich die Straßenseite und residiert seither in modernen Gebäuden im äußersten Westen der Hansestraße. Seit nunmehr acht Jahren leitet das Geschwisterduo die Geschicke des Unternehmens – Vater ­Gerhard und Onkel Adalbert durften sich inzwischen in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden.

Die Vielfalt des Angebots kommt nicht von ungefähr

Mit einer Belegschaft von 150 Mitarbeitenden und eine Flottenstärke von knapp 40 Lkw ist Wandt heute als Vollsortimenter im Transport- und Logistikbereich aktiv. Das Kerngeschäft konzentriert sich dabei auf die Beförderung von Trockenfracht, einschließlich Lebensmitteln, herkömmlichen Alltags- und Stückgütern aller Art. Die Bandbreite an Waren, die bewegt werden können, reicht von 30 bis zu beeindruckenden 25 000 Kilogramm. Spezielle Projekte werden ebenfalls nach Kundenwunsch und Umsetzungsanforderungen durchgeführt, und sogar leichte Gefahrstoffe dürfen verfrachtet werden. „Wir sind IFS Logistics- und BIO-zertifiziert und das erlaubt uns, Nahrungsmittel nach modernen Qualitäts- und Sicherheitsstandards zu ver- und entladen“, so Aline Wandt. Zusätzlich sind ein umfassender Zollservice sowie die klassische Lagerlogistik dem Angebotsportfolio zuzuordnen. Als Standorte dienen derzeit noch Gifhorn und Wolfenbüttel. „Wir können eine komplette Supply-Chain mit allem Drum und Dran einrichten. Das fachliche Know-how und die entsprechenden Ausgansbedingungen liegen schließlich vor“, bekräftigt ihr Bruder. Mit einer Gesamtlagerfläche von 20 000 Quadratmetern und etwa 70 000 Aufträgen pro Jahr seien die Kolleginnen und Kollegen vor Ort ziemlich gut ausgelastet.
Wir können eine komplette Supply-Chain mit allem Drum und Dran einrichten. Das fachliche Know-how und die entsprechenden Ausgangsbedingungen liegen schließlich vor.

Anthony Wandt

Dank direkter Partnerschaften mit anderen Speditionen in verschiedenen Ländern und der Einbindung eines europäischen Netzwerkes sind sie in der Lage, ihren Kundinnen und Kunden einen nahtlosen Service zu bieten, der weit über die Grenzen Europas hinausreicht. „Mit der Unterstützung unserer ausländischen Kooperationspartner können wir Güter weltweit verschicken. Allein könnten wir derartige Unterfangen, auch aufgrund des harten Konkurrenzkampfes auf internationaler Ebene, nicht bewältigen“, fügt er hinzu. Angenommene Aufträge werden zunächst im Rahmen einer Bestandsprüfung dreier Faktoren behandelt. Dazu muss ein passender Berufskraftfahrer ermittelt, ein Lkw bereitgestellt und eine Ware aufgegeben werden – erst danach kann die Fahrt losgehen. Das hervorragend ausgebaute Straßennetz in der EU sei dazu eine wichtige Voraussetzung für die Funktionstüchtigkeit aller ­Logistikunternehmen.

Der steinige Weg zur umweltschonenden Fracht

„Wir hätten unsere Umweltziele schon viel früher erreichen können“, meint das Geschäftsführerduo und deutet damit auf das politische Hin und Her bei der Förderung neuer Technologien für nachhaltigeres Transportieren während der letzten 20 Jahre hin. Elektrifizierungsmaßnahmen der Flotte seien aufgrund ausgelaufener Fördertöpfe gescheitert, verschiedene Kraftstoffe, die anfangs als umweltfreundlich deklariert wurden, sind am Ende aus unterschiedlichen Gründen wieder eingestampft worden, obwohl diese einen emissionsfreien Nachweis erbringen konnten. „Vor gut 15 Jahren waren unsere Laster noch mit dem Biodiesel aus Rapsöl unterwegs. Sogar eine Rapsöltankstelle wurde dazu in Betrieb genommen“, so Aline Wandt. Letztendlich hatte die Politik entschieden, die gelben Pflanzen ausschließlich für Lebensmittel zu verwenden. Seit einem Monat darf immerhin der vollsynthetische Dieselersatzkraftstoff HvO 100 zum Einsatz kommen. Die Einbindung elektrischer Lkw sei vor allem aus energiewirtschaftlicher Perspektive schwierig, so benötige eine drei- bis viertägige Tour dieselbe Menge an Strom wie ein vierköpfiger Haushalt in einem Jahr. Zahlen, die aufhorchen lassen. „Unser Investitionsvolumen für den Klimaschutz steigern wir kontinuierlich. Nichtsdestotrotz sitzt die Regierung am längeren Hebel, wenn entsprechende Förderungen oder Innovationen im Raum stehen“, heißt es weiter.
Wir sind hier eine echte Gemeinschaft geworden. Einfach bodenständig-hanseatisch und ohne austauschbare Floskeln.

Aline Wandt

Politische Vorgaben und überbordende Bürokratie hemmen das Speditionsgewerbe erheblich

Die Zukunft birgt jedoch zahlreiche Herausforderungen, insbesondere mit Blick auf politische Rahmenbedingungen und eine unablässig wachsende Bürokratie. Wandt setzt sich für eine bessere Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft ein, um langfristige Perspektiven für die drängenden Themen der Zukunft zu setzen. „Die Politik muss aufhören zu glauben, dass sie besser wüsste, was die Wirtschaft benötigt, als die Wirtschaft selbst“, mahnt ­Anthony Wandt: „Während es lediglich ums Überregulieren geht, werden ökonomische Zusammenhänge und der kaufmännische Geist komplett außer Acht gelassen.“ Die überhastete Einführung der CO2-Maut sei aus seiner Sicht eine Kurzschlussreaktion, die kaum zur Entlastung der Umwelt beitragen könne. Sowohl die Coronapandemie als auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine hätten die Wirtschaft in einen Dauerkrisenmodus versetzt, der durch die unzähligen Reglementierungen und Eingriffe nochmals verschärft wurde. „Wir können auf Lippenbekenntnisse gerne verzichten. Was wir als Dienstleister für Transport- und Logistiklösungen brauchen sind glasklare Rahmenbedingungen und verlässliche Aussagen aus dem Bundestag“, so die unmissverständliche Botschaft der Geschäftsleitung. Aktuelle Maßnahmen würden künstlichen Druck erzeugen und die Wirtschaft verunsichern – mit vielleicht fatalen Folgen.
Zum Glück gibt es nicht nur schlechte Entwicklungen: Der Fachkräfteproblematik konnte der Betrieb bisher einigermaßen glimpflich entgehen. Wandt bildet seit längerer Zeit selbst aus und kann die leeren Stellen in der Regel problemlos füllen. Pro Jahr werden im Durchschnitt bis zu 10 Auszubildende angestellt. „Erfahrungsgemäß erhalten wir immer eine ausreichende Anzahl an Bewerbungen. Wir sind uns der Schwierigkeit absolut bewusst und halten nichts für selbstverständlich“, erklärt Aline Wandt, die neben ihrer Rolle als Geschäftsführerin die Bereiche Personal, Verwaltung und Controlling betreut.

Für die Zukunft wappnen

Eine vollständig digitale Prozessabwicklung könne im Moment zwar nicht abgebildet werden, jedoch sei Erreichen dieses Status quo lediglich eine Frage der Zeit. „Unsere Schnittstellenfunktion erfordert viel Kommunikation, Durchhaltevermögen und Know-how. Die Vernetzung mit unserem Kundenstamm und allen Kooperationspartnern könnte vor dem Hintergrund neuer Technologien durchaus Optimierung vertragen“, meint Anthony Wandt zuversichtlich. Auch intern kommt Bewegung in die Modernisierung von Betriebsabläufen. Eine bessere Vernetzung im laufenden Betrieb, insbesondere zwischen den Mitarbeitenden, wird Schritt für Schritt etabliert. Digitale Arbeitsmittel werden umfassend mit einbezogen, die unter anderem die Kommunikation untereinander erleichtert, was sich dann wiederum positiv auf die Qualität der verrichteten Arbeit auswirkt. Flexiblere Arbeitsbedingungen und das Wegfallen starrer Kontrollen stehen ebenfalls auf der Agenda. „Wir sind hier eine echte Gemeinschaft geworden. Einfach bodenständig-hanseatisch und ohne austauschbare Floskeln“, betont Aline Wandt abschließend. 
Und wie sieht dann eigentlich die Zukunft der Spedition und Logistik aus? „Aus unserer Sicht regionaler. Neue Verantwortungen für unsere Kundinnen und Kunden sowie innovative Fertigungstechnologien sorgen für kürzere Lieferketten. Unsere Fahrer müssten weniger Verkehrswege zurücklegen und viele Produkte werden dann in einem wesentlich geringeren Wirkungskreis erzeugt. Dadurch wird die Umwelt besser geschont und der Fokus läge dann eher auf dem innerstädtischen Gütertransport, aber das ist sicherlich ein anderes Thema.“
jk
3/2024