Die Mission Transformation

Der Druck auf die Autohäuser der Republik ist aufgrund struktureller Herausforderungen gewaltig. Neben den originär wirtschaftlichen Themen Wettbewerbsdruck, Konzentration und Netzbereinigung sorgen technische Innovationen wie die Elektromobilität und nicht zuletzt die Fachkräftesicherung und Nachwuchsförderung aus Gründen des beschäftigungspolitischen wie demografischen Wandels für Kopfzerbrechen. Die Auswirkungen der Coronapandemie und des Krieges in der Ukraine kommen erschwerend hinzu. Das traditionsreiche Braunschweiger Autohaus Block am Ring trotzt all diesen Beschwerlichkeiten auf beeindruckende Art und Weise. Seit sechs Jahren baut das auf BMW spezialisierte Unternehmen sein neun Häuser umfassendes Filialnetz insbesondere unter Nachhaltigkeitsaspekten kontinuierlich um und aus. Am Standort Hildesheim wurde im April die Marke Hyundai erfolgreich ins Portfolio genommen. Seit Anfang Oktober sind die Fahrzeuge des südkoreanischen Herstellers nun auch am Hauptsitz erhältlich. Die Investitionen für die Neustrukturierung belaufen sich auf knapp zwei Millionen Euro, allein die neue Hyundai-Werkstatt in Braunschweig schlägt mit etwa 575 000 Euro zu Buche.
Einen dieser positiven Entwicklung entsprechend zufriedenen Eindruck vermitteln Claudia Block, die seit 1999 an der Spitze des Familienunternehmens steht (ab 2007 allein), und Sohn Luca Block, der 2019 in die Geschäftsführung eingetreten ist, im Gespräch. „Wir haben nun zwei grundverschiedene Marken. Hyundai wird dem Produkt BMW auf keinen Fall wehtun oder den Intrabrand-Wettbewerb fördern. Uns fehlte dieses Segment, dementsprechend konnten wir es vorher nicht bedienen“, frohlockt Claudia Block, die zugibt, durchaus intensiv überlegt zu haben, welche Marke nun aufgenommen werden sollte. In den vergangenen Jahren seien immer wieder Hersteller an sie herangetreten. Hyundai habe dann einfach gepasst. Zum einen, weil die Range preislich auf einem ganz anderen Niveau starte, Bruttolistenpreise unter 10 000 Euro seien vor allem in unsicheren Zeiten ein schlüssiges Argument, zum anderen, weil die Asiaten sogar Neunsitzer im Programm haben, was bei BMW noch nie der Fall war. „Insgeheim hoffen wir noch auf einen Transporter, der bislang allerdings nicht nach Deutschland geliefert wird.“ Hinzu komme, dass Hyundai neben einem mehr als passablen Grundkomfort auch im Bereich der Antriebe viel Innovatives zu bieten habe – was in Anbetracht der vieldiskutierten Verkehrs- und Mobilitätswende kein Nachteil sein sollte. 

Der Händler als „Informierer“ 

Die Rolle des im beständigen Transformationsprozess zeitgemäß agierenden Autohauses haben die Blocks für sich ebenfalls klar definiert. „Wir sind die Informierer“, betont Luca Block. „Die Hersteller üben schon Druck aus und führen eng. Ich denke aber, sie bemerken sehr wohl, dass der Handel weitaus spontaner reagieren kann und viel näher am Kunden ist als jeder Konzern. Als Autohaus gilt es, den Bedarf des Kunden zu kennen und entsprechend zu bedienen.“ Hand aufs Herz, kann man da als Verkäufer immer ehrlich sein? Er könne es nicht nur, er müsse es sogar, sagt der Junior-Chef, der in Hamburg Business Administration und Sustainable Marketing & Leadership studiert hat und mit dem Master-Abschluss in der Tasche zunächst ein Jahr bei Hexagon Classics, einem Automobilhändler im Luxussegment, in London arbeitete und vor Rückkehr in die Heimat knapp anderthalb Jahre bei Porsche beschäftigt war. „Wenn der Kunde ins Autohaus kommt, hat er erfahrungsgemäß zu 99 Prozent einen Fahrzeugbedarf. Wir bedienen ehrlich, weil alles andere nichts bringt – im Gegenteil. Sie brauchen loyale Kunden. Das lernt man schon an der Uni, ist bei uns aber wirklich so. Sie haben einen Kunden dann gewonnen, wenn er sich in einem bestimmten Zyklus in ein neues Auto setzt.“

Stabile Ergebnisse trotz Corona und Krieg

Der Erfolg gibt dem eingeschlagenen Weg der Geschäftsführung, zu der als dritter im Bunde noch Frank Pollak gehört, Recht. „Wir haben in der Coronazeit wenig Federn lassen müssen. Ich war zunächst sehr skeptisch, aber wir haben sehr strukturiert gearbeitet und sehr schnell mit der gebotenen Vorsicht reagiert. Auch alle unsere Mitarbeiter haben sich sehr schnell auf die neue Situation eingestellt und die Auswirkungen großartig aufgefangen“, berichtet Claudia Block. In einem Krisenjahr habe man 4 Millionen Euro Umsatzverlust hinnehmen müssen, weil Autos nicht geliefert worden sind. „Das Unternehmensergebnis war dadurch aber nicht einmal schlechter, sondern besser.“ Überhaupt habe der Umsatz in den letzten Jahren stabil bei knapp über 100 Millionen Euro gelegen. 2022 werde wohl auf ähnlichem Niveau abgeschlossen und auch beim Ertrag sehe es einmal mehr „sehr gut aus“.
Gute Voraussetzungen für die kommenden Jahre, die laut Luca Block richtungsweisend werden dürften. Als Führungstrio habe man die Weichen gestellt. Durch die veränderte Produktion, das neue Vertriebsmodell namens „Future Retail“ und andere Umstellungen könne immer mal etwas Unvorhergesehenes passieren. „Es werden sicher weniger Autos produziert und der Umsatz wird in den meisten Fällen entsprechend sinken. Grundsätzlich sind wir jedoch sehr optimistisch. An der Bilanzstruktur wird sich ganz viel verändern, das ist klar.“

Ein Familienbetrieb stellt die Weichen

Verändert hat sich mit dem Einstieg von Luca Block als Vertreter der fünften Generation auch die Aufgabenverteilung im Familienbetrieb. Dass der Führungswechsel angebahnt wird, könne man schon so schreiben. Er selbst sehe es positiv, dass mit Frank Pollak und seiner Mutter erfahrene Leute an Bord seien, die vieles noch viel besser könnten als er: „Durch meine Person und vielleicht zwei bis drei damit verbundene Veränderungen in den vergangenen Jahren, beispielsweise im Bereich Digitalisierung, haben wir eine gute Kombination aus modern und klassisch.“ Claudia Block sieht es genauso: „Ich denke, das macht uns aus. Immerhin werben wir mit dem Slogan ‚Aus Tradition modern‘. Und viele Kollegen haben es bis hierhin eben nicht geschafft, ob mit BMW oder anderen Herstellern. Wir hingegen gehen weiter. Für mich war immer wichtig, dass Luca sich nicht verpflichtet fühlt, in die Firma einsteigen zu müssen. Toll finde ich, dass er absolut hinter dem Automobil als solchem steht.“ Sie selbst sei nichtsdestotrotz froh, dass die Situation ist, wie sie ist, dass der Sohn die Fähigkeiten, ein Unternehmen zu führen, mitbringt. „Entlang des familiären Stammbaums weiterzumachen, ist zumindest der schönere Verlauf, sonst müsste ich mich langsam, aber sicher entweder mit unseren 265 Mitarbeitern unterhalten oder mit großen Gruppen, ob sie die Firma übernehmen wollen.“ 
Aktuell betreut Luca Block den Bereich Sales und Frank Pollak ist für After Sales zuständig, während Claudia Block für Personalfragen, die Zusammenarbeit mit den Banken und das Controlling verantwortlich zeichnet. „Luca hat schon jetzt viele operative Themen, bringt sehr viele Kunden zu uns, über die sozialen Medien wie persönlich und muss sich zudem um strategische Fragen kümmern. Das ist allerdings auch mehr und mehr der Fall“, freut sich Claudia Block – als Chefin und Mutter.

Mehr Konsequenz vonseiten der Politik wünschenswert

Stärker als bisher werde es in Zukunft darum gehen, mit welchen Händlern die Konzerne überhaupt weiterarbeiten möchten. In gleichem Maße wie dort versucht werden wird, die Kostenstrukturen zu verschlanken, müssten sich die Händler im Transformationsprozess beweisen, glauben die Blocks. Da allerdings stünden alle Ampeln auf Grün. „Wir haben gerade eine klare Bewertung erhalten, wo wir sehr gut abschneiden. Darüber hinaus darf Luca an einem Unternehmensnachfolgeprogramm teilnehmen, für das ein abgeschlossenes Studium respektive ein klar definierter Zeitraum in der betreffenden Firma Voraussetzung ist. Das signalisiert ja, dass man mit uns plant“, so die Senior-Chefin. Was sie positiv stimme, denn der eingangs erwähnte Druck sei aktuell schon ein spezieller. Insbesondere der durch den politischen Betrieb verursachte.
„Diesbezüglich ist es im Mittelstand momentan überhaupt nicht witzig – das sage ich auch ganz laut, denn unsere Probleme fallen im Moment komplett hinten runter. Der Mittelstand als solcher wird einfach nicht gesehen“, brodelt es in Claudia Block, die sich unabhängig jeglicher Parteiencouleur klarere politische Aussagen und mehr Konsequenz im Handeln wünscht. „Unternehmen werden zu lange in Unklarheit gelassen. Wie soll ich denn planen, wenn ich nicht weiß, wie die Rahmenbedingungen in drei, vier oder fünf Monaten aussehen.“ Ihr Sohn führt als Beispiel die Förderkulisse für Hybride und Elektromobile an. Dort gebe es jetzt zwar endlich eine Entscheidung, an der aber habe man auch extrem lange gebrütet. Eine Abstufung sei dort beschlossen worden, wobei man allerdings noch nicht genau wisse, was passiert, wenn der Topf in Kürze komplett leer ist. „Ich kann einem Kunden doch nicht erzählen, vielleicht bekommst Du 6000 oder 3000 oder gar nichts“, schüttelt Luca Block verständnislos den Kopf, versteht es aber, den Blick sogleich wieder auf die positiven Aspekte des Unternehmerdaseins zu lenken: „Wir versuchen, aus den Gegebenheiten das Beste zu machen. Und jetzt haben wir ja erstmal Aufschwung und frischen Wind durch die neue Marke an zwei unserer Standorte.“
pau