Ein Herz für Eltern

Mit ihrer MOX Wochenbett-Box haben sich Stephanie Höfer und Karolin Gaßmann eine ideale Geschenkidee für Frauen nach der Geburt einfallen lassen. Doch dabei soll es nicht bleiben – die beiden Gründerinnen haben schon das nächste Projekt angeschoben.
Eine Schwangerschaft, das ist kein Wattepusten – das wissen alle Frauen (und häufig auch deren Partner), die diese Lebensphase hinter sich haben. Ähnliches lässt sich über das Wochenbett sagen.
Diese Zeit, in den Tagen und Wochen unmittelbar nach der Entbindung, ist für viele Frauen auch nicht gerade ein Sonntagsspaziergang. Stephanie Höfer ist selbst zweifache Mutter und kann sich noch sehr lebhaft an dieses Kapitel erinnern. „Das Wochenbett hat uns beide überrascht“, erinnert sie sich und spricht dabei auch für Karolin Gaßmann, mit der sie in Braunschweig die MyMox GmbH gegründet hat. „Da haben wir uns auch gar nicht mehr gewundert, dass 70 Prozent der Frauen Babyblues oder Wochenbett-Depression haben. Niemand würde ja ohne Vorbereitung einen Marathon laufen. Und das Wochenbett ist der Marathon nach der Geburt.“ Das Wochenbett sei tabuisiert oder auch romantisiert – „und dann trifft es viele Frauen wie mit einer Faust“, beschreibt es Höfer.

Schnell klopften Unternehmen an

Als Konsequenz aus diesen Erfahrungen – und weil die beiden Betriebswirtinnen schon längere Zeit etwas zusammen auf die Beine stellen wollten – haben Höfer und Gaßmann ihr Start-up gegründet, das sich mit ihrem ersten Produkt, der MOX Wochenbett-Box, direkt an Frauen kurz vor oder nach der Entbindung wendet. „Wir wollten die Frauen im Wochenbett unterstützen und empowern. Deswegen haben wir zusammen mit einer wundervollen Hebamme einen Guide entwickelt und Produkte in eine Box gepackt, die Mama zum Heilen und fit werden braucht.“ Auf der Homepage der MyMox GmbH, über die die Boxen auch verkauft werden, kann man genau nachlesen, was in ihnen enthalten ist. Neben dem erwähnten Guide sind das etwa waschbare Wolle-Seide-Stilleinlagen, Bio-Wochenbett-Binden oder ein Rückbildungstee, aber auch etwas für die Seele wie eine Wochenbett-Meditation inklusive Audio-Guide. „In der Box sind Dinge, die die Mama wirklich braucht. Das ist kein Babygeschenk“, beschreibt Karolin Gaßmann den Inhalt und ergänzt: „Denn für das Baby kriegt die Mama ja alles – und auch sie denkt die ganze Zeit nur an das Baby. Aber sie denkt nicht an sich und daran, dass bei ihr nach der Geburt nicht sofort alles ist wie vorher.“
In der Box sind Dinge, die die Mama wirklich braucht. Das ist kein Babygeschenk.

Karolin Gaßmann

Die Box kam auf Anhieb sehr gut an, berichten die Gründerinnen, und schnell kamen auch Unternehmen auf sie zu, um sie als steuerfreie Sachgeschenke an ihre Mitarbeiterinnen verteilen zu können. So entstand eine modifizierte Box, die speziell für Firmen gedacht ist, die ihre schwangeren Mitarbeiterinnen in den Mutterschutz verabschieden und ihnen dafür ein Zeichen der Wertschätzung und Fürsorge mit auf den Weg geben wollen. „Es ist eine gute Alternative zum üblichen Strampler, der sonst vielleicht geschenkt wird“, glaubt Gaßmann, und das sieht offenbar nicht nur sie so: Heute jedenfalls machen Höfer und Gaßmann etwa 50 Prozent ihres Umsatzes mit den Boxen, die sie an Unternehmen verkaufen.

„heyParents“: Mehr Austausch in der Elternzeit

An dieser Stelle nun könnte diese Gründergeschichte über die Wochenbett-Boxen schon beendet sein, doch damit würden wir das Beste vielleicht unter den Tisch fallen lassen. Denn das MOX-Duo hat neue und ambitionierte Pläne. „heyParents“ heißt die neue Marke, mit der die beiden Frauen im Prinzip genau an die oben beschriebene Wertschätzung von Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anknüpfen. „Ein Drittel der Elternzeitler kündigen und das hat zu 70 Prozent unternehmensbedingte Gründe“, nennt Gaßmann interessante Zahlen, die Arbeitgebern gerade in Zeiten überall fehlender Fachkräfte zu denken geben sollten. Genau hier soll „heyParents“ ins Spiel kommen, ein Tool, das „Führungskräfte niedrigschwellig im Arbeitsalltag in Bezug auf familienorientierte Führung unterstützt und während der Elternzeit ein Kommunikationskanal zwischen Führungskraft, der Human-Resources-Abteilung und den Eltern“ ist, wie es Höfer beschreibt. Denn, so drückt es Gaßmann aus: „In jedem Monat, in dem ich nicht im Unternehmen bin, entfernen sich beide Seiten mehr voneinander.“ Es sei unheimlich wichtig, betonen die Gründerinnen, dass die Verbundenheit zwischen Unternehmen und Mitarbeitenden während Schwangerschaft, Elternzeit und Wiedereinstieg nicht leidet. Hier setzt „heyParents“ an, als ein kontinuierlich begleitendes Instrument für Unternehmen, um die Beziehung zu stärken und Wertschätzung zu zeigen.

Gründerinnen sind auf Investorensuche

Von Februar bis Mitte Mai 2023 betrieben Höfer und Gaßmann einen Pop-up-Store in Braunschweigs Innenstadt. Sie haben diese Chance genutzt, um mit (werdenden) Eltern ins Gespräch zu kommen. „Wir haben eine Erhebung mit über 130 Eltern durchgeführt“, erklärt Höfer. Unter anderem habe man dabei festgestellt, dass diese im Rahmen der Familiengründung weiterhin viel Diskriminierung erleben würden. „Und viele Unternehmen haben Eltern als wichtige Zielgruppe in der Bindung von Mitarbeitenden noch nicht erkannt.“ Dies habe unter anderem zur Folge, dass Rahmenbedingungen für den Wiedereinstieg in den Beruf oft nicht klar seien, weil keine oder zu wenig Kommunikation stattfinde. In dieser Einschätzung sahen sich die beiden Betriebswirtinnen auch im Austausch mit Arbeitgebern bestätigt. „Selbst in sehr großen Unternehmen gibt es keine Prozesse für die Mitarbeiterbindung von Eltern“, sagt Gaßmann. Genau hier solle ­„heyParents“ Abhilfe schaffen.
Derzeit suchen Höfer und ­Gaßmann, die bisher als Führungskräfte in einem Technologieunternehmen arbeiten und das Start-up nebenberuflich führen, nach Investoren für ihre neue Idee. 350 000 Euro wollen sie einsammeln „und damit richtig durchstarten“, wie Höfer betont. Erste Firmen, die „heyParents“ nutzen, gibt es bereits. „Das Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird auch dank Fachkräftemangel immer relevanter für Unternehmen“, hat Karolin Gaßmann beobachtet. Die Wochenbett-Box kam schon gut an – mit „heyParents“ soll jetzt der ganz große Wurf gelingen.
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1/2024