BW 11/2021 - BRANCHEN

Neuanfang für Shopping-Meilen

In einem Strategieworkshop hat die Berliner Wirtschaft konkrete Vorschläge zur Revitalisierung der Zentren erarbeitet. Nun ist die Politik dran
Die Corona-Pandemie hat dem stationären Handel, insbesondere dem Bekleidungshandel, stark zugesetzt und dem tiefgreifenden Wandel des klassischen Einzelhandels weiteren Vorschub geleistet. Während der Onlinehandel im Jahr 2020 um 27 Prozent zulegen konnte, waren die Umsätze im stationären Einzelhandel rückläufig.
Schon vor der Pandemie haben immer weniger Menschen Geschäfte aufgesucht, um einzukaufen. Aufgrund digitaler Endgeräte können Konsumenten jederzeit und überall Käufe abschließen. Laut dem Standortmonitor 2021 des Handelsverband Deutschland (HDE) fiel in den Jahren 2014 bis 2020 die stationäre Einkaufsfrequenz um 20 Prozentpunkte bei gleichbleibenden Ausgaben pro Einkauf. Dieser Frequenzrückgang wurde durch die Maßnahmen zur Pandemieeindämmung beschleunigt und verstärkt. Vergleicht man die Zahlen mit denen aus der Zeit vor Ausbruch der Corona-Pandemie, besuchen heute knapp 40 Prozent der Befragten weniger die Innenstädte, um Einkäufe zu tätigen. Dieses veränderte Einkaufsverhalten, so sind sich Experten einig, wird für Dinge des täglichen Bedarfs bestehen bleiben. Die Folgen für den stationären Einzelhandel sind verheerend und bereits allerorts durch Leerstände, auch an zentralen Stellen wie der Tauentzien- oder der Friedrichstraße, sichtbar. Was aber bedeutet das für die bisherige Leitfunktion des Einzelhandels vor Ort? Wie bleiben die Einkaufsstraßen vital und attraktiv? Was lockt die Konsumenten wieder verstärkt in die Zentren?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hat der Handelsausschuss der IHK Berlin unter der Führung von Martina Tittel, Geschäftsführerin Nicolaische Buchhandlung Borstell + Reimarus GmbH, einen Strategieworkshop mit Vertretern verschiedener Branchen wie Einzelhandel, Projektentwicklung und Immobilien initiiert. Insgesamt hat der Expertenworkshop acht Schritte identifiziert. Die Maßnahmen reichen von der Herausstellung von Leuchtturmprojekten, der Initiierung eines Beirates Zentren, einen Innenstadtfonds für die Geschäftsstraßen über die Sicherstellung der Erreichbarkeit bis hin zu einer stärkeren Verzahnung von Online und Offline.
„Der Staat sorgt für Straßen und Gehsteige. Diese Verantwortung hat er auch für die digitale Welt. Berlin und seine Händler müssen über eine digitale Plattform, die das Land Berlin als öffentliche Daseinsvorsorge betreibt, sichtbar und erlebbar werden“, betont Martina Tittel. „Die Berliner Wirtschaft hat konkrete Vorschläge erarbeitet, wie neue Erlebniswelten in den Zentren geschaffen werden können. Nun ist es an der Politik, den Ball aufzunehmen und mit konkreten Maßnahmen der Verödung der Einkaufsstraßen entgegenzuwirken.“

von Simone Blömer