Recht und Steuern

Der Schutz des Namens Solingen

Der Schutz der geographischen Herkunftsangabe "Solingen"
Woran denken viele Menschen im In- und Ausland spontan, wenn sie den Namen "Solingen" hören oder lesen? Wahrscheinlich an Messer, Bestecke und Scheren. Solingen ist das Zentrum der deutschen Schneidwarenindustrie. Seit acht Jahrhunderten werden hier Schneidwaren hergestellt. Waren es ursprünglich meist Hieb- und Stichwaffen, reicht die Produktbreite gegenwärtig von Bestecken und Küchenmessern über Scheren und Rasierklingen bis hin zu Industriemessern. Schneidwaren, die aus Solingen stammen, verfügen über eine ausgezeichnete Qualität. Dank hochwertiger Werkstoffe, gut ausgebildeter Mitarbeiter und hervorragender Verarbeitung erfreuen sich diese Produkte einer besonderen Wertschätzung in der ganzen Welt.
Problem: Markenpiraterie
Zwar ist der Name "Solingen" als geographische Bezeichnung in Deutschland gesetzlich und in den meisten Staaten der Welt durch wettbewerbsrechtliche Vorschriften geschützt. Dennoch gibt es zahlreiche Missbräuche der berühmten Bezeichnung. In sogenannten Billiglohnländer werden Schneidwaren hergestellt und schamlos mit dem berühmten Namen versehen. Diese Fälschungen können zu einem Bruchteil der Kosten angeboten werden, zu dem der bergische Unternehmer produzieren kann. Die Folgen sind Geschäftsschädigung der hiesigen Wirtschaft, ein nachhaltiger Imageverlust, da die unechte Ware meist minderwertig ist, Irreführung und Betrug des Verbrauchers sowie Vernichtung von Arbeitsplätzen.
Gesetzliche Schutzbestimmungen
In Deutschland schützen das Markengesetz, die Verordnung zum Schutz des Namens Solingen (in Englisch: Regulation for the Protection of the Name Solingen) (siehe jeweils unter "Weitere Informationen") sowie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb den berühmten Namen. Schneidwaren, die mit "Solingen" gekennzeichnet sind, müssen in allen wesentlichen Herstellungsstufen innerhalb des Solinger Industriegebiets (dazu zählt neben der Stadt Solingen auch die benachbarte Stadt Haan) bearbeitet und fertiggestellt worden sein und nach Rohstoff und Bearbeitung geeignet sein, ihren arteigenen Verwendungszweck zu erfüllen. Das heißt, Schneidwaren dürfen den Namen Solingen selbst dann nicht tragen, wenn sie zwar in dieser Stadt hergestellt wurden, aber den erforderlichen Qualitätsstandard nicht erfüllen.
Nach der Solingenverordnung gehören neben Scheren, Bestecken, Messern und Klingen auch weitere "Tafelwerkzeuge" wie Tortenheber oder Nussknacker - selbst wenn sie nicht in jedem Fall von schneidender Natur sind - zu den Schneidwaren. Außerdem fallen Rasiermesser, Haarschneidemaschinen, andere Körperpflegegeräte sowie blanke Waffen zum Schutzbereich der Regelung.
Die Solingenverordnung enthält keine konkreten Bestimmungen darüber, welches die "wesentlichen Herstellungsstufen" sind und unter welchen Voraussetzungen der Qualitätsstandard erfüllt ist. Der Verordnungsgeber hat diese Fragen ausdrücklich der Praxis der ortsansässigen Unternehmen überlassen; zu diesem Zweck hat die Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid unter Einbeziehung aller betroffenen Verkehrskreise " Mindestvoraussetzungen der Solingen-Fähigkeit" (siehe "Weitere Informationen") (in Englisch: Minimum Requirements for the Solingen Qualification) aufgestellt, die den heutigen Vorstellungen der Solinger Schneidwarenherstellern entsprechen.
Zwar ist die Solingenverordnung eine Spezialregelung, die nur für Schneidwaren gilt. Jedoch dürfen auch andere Produkte (z. B. Kochtöpfe) nicht mit "Solingen" bezeichnet werden, wenn sie nicht in dieser Stadt hergestellt wurden, weil der Verbraucher ebenfalls über die geographische Herkunft der Ware getäuscht wird.
Verwenden der geografischen Bezeichnung
Verboten ist das unrechtmäßige "Verwenden" der Herkunftsbezeichnung. Unter den Begriff des Verwendens fallen alle Handlungen, die beim angesprochenen Publikum den Eindruck erwecken, dass die so bezeichnete Ware in Solingen hergestellt worden ist, also insbesondere:
  • das Kennzeichnen der Ware durch eingestanzte oder aufgeätzte Hinweise,
  • das Anbringen von Aufklebern und Schildchen,
  • das Beilegen von Zertifikaten,
  • der Vertrieb und das Anbieten falsch gekennzeichneter Waren,
  • Werbeaussagen.
Werden verschiedene Artikel in einem Set zusammengestellt (z. B. in einem Besteckkoffer oder einem Nageletui), von denen nur einzelne aus Solingen stammen, darf nicht der Eindruck hervorgerufen werden, dass das gesamte Set in der Klingenstadt gefertigt wurde. Eine falsche Vorstellung kann leicht entstehen, wenn der Hinweis Solingen nicht eindeutig nur dem betreffenden Artikel zuzuordnen ist.
Internationaler Bezeichnungsschutz
Die Solingenverordnung gilt nur in Deutschland. International ist die Bezeichnung "Solingen" nicht ausdrücklich geschützt, auch nicht durch europäische Vorschriften. Es gibt aber eine EWG-Richtlinie, die die EU-Mitgliedsstaaten dazu anhält, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung irreführender Werbung vorzusehen; bei der Frage der Irreführung sind auch Angaben über die geographische Herkunft zu berücksichtigen. In verschiedenen internationalen Abkommen haben sich außerdem zahlreiche Staaten verpflichtet, geographische Herkunftsangaben generell unter Schutz zu stellen. Damit liegt es in der Verantwortung der einzelnen Vertragsstaaten, geeignete Schutzbestimmungen einzuführen und die Möglichkeit der rechtlichen Verfolgung von Verstößen zu schaffen. Dabei wird der Name Solingen grundsätzlich nicht anders behandelt als andere geographische Angaben. Wer in anderen Ländern gegen Verletzungen des Namens "Solingen" vorgehen will, ist dabei an die jeweiligen nationalen Rechtsnormen und prozessualen Zuständigkeiten gebunden.
Um den Schutz des berühmten Namens auch im Ausland zu stärken, hat die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid den Begriff "Solingen" als Kollektivmarke in verschiedenen Ländern angemeldet. So ist der Name beispielsweise seit 2005 für den Bereich der Europäischen Union registriert. Die Voraussetzungen der Benutzung der Marke wurden in einer Markensatzung (siehe "Weitere Informationen") an die Regelungen der deutschen Solingenverordnung und der Mindestvoraussetzungen angepasst, so dass das deutsche Schutzniveau nun praktisch auf den Bereich der EU ausgeweitet wurde. In vielen anderen Ländern gibt es ebenfalls Markenregistrierungen, z. B. in den USA, in China und Russland.
Zivilrechtliche und strafrechtliche Sanktionen
Wer gegen das Markengesetz und die Solingenverordnung verstößt, kann von Wettbewerbern, Wettbewerbs- und Verbraucherverbänden sowie von Kammern abgemahnt und gegebenenfalls verklagt werden. Er muss sich dann verpflichten, den Missbrauch künftig nicht mehr zu begehen. Er kann sogar aufgefordert werden, die gefälschten Produkte zu vernichten und Auskunft über seine Lieferanten zu geben. Unter Umständen ist er auch schadensersatzpflichtig. Daneben muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Werden gefälschte Produkte in Deutschland ein-, aus- oder durchgeführt, können die Zollbehörden bei offensichtlichen Rechtsverletzungen die Waren beschlagnahmen und einziehen.
Anzeichen für Fälschungen
Einem Messer, das den Namen "Solingen" trägt, sieht der Laie in der Regel nicht an, ob es seinen Ursprung wirklich auf die bergische Klingenstadt zurückführt. Es gibt aber eine Reihe von typischen Anzeichen, bei deren Vorliegen der Verdacht einer Fälschung nahe liegt:
  • Oft werden gefälschte Produkte in Billigmärkten und anderen Einzelhandelsgeschäften zu außergewöhnlich günstigen Preisen angeboten.
  • Weitere Vertriebsformen sind: der Verkauf auf Floh- und Jahrmärkten, die Veräußerung auf Wanderlagern, Kaffeefahrten und ähnlichen Verkaufsveranstaltung, der Absatz über Reisegewerbetreibende, fliegende Händler, durch Haustürgeschäfte etc. sowie der Verkauf über sogenannte Internetversteigerungen.
  • Eine gerne praktizierte Masche besteht darin, ahnungslosen Verbrauchern auf Autobahnraststätten billige Imitate als angeblich hochwertige Messeartikel zu verkaufen.
  • Der Name "Solingen" ist nicht auf den Produkten dauerhaft aufgebracht, sondern taucht nur auf beigefügten Schildchen, Aufklebern o.ä. auf.
  • Bei Küchenmessern: Angebliche Nieten, die Griff und Klinge zusammenhalten sollen, sind nur aufgeklebt. Bei Biegen federt die Klinge nicht in die Ursprungsstellung zurück oder der Griff zerspringt. Papier lässt sich nicht sauber schneiden.
  • Produkte und Verpackung machen insgesamt ein billiges Erscheinungsbild.
Typische Missbrauchsfälle
  • Die gefälschte Ware ist selbst mit dem Solingenschriftzug versehen. Häufig wird aber auch nur auf der Verpackung, auf Beipackzetteln, Aufklebern oder sonstigen Hinweisen mit dem Namen geworben. Es kommt auch vor, dass Ware und Verpackung selbst gar nicht falsch bezeichnet sind, der Verbraucher aber durch irreführende Werbeaussagen angelockt wurde.
  • Um den Eindruck der Seriosität noch zu verstärken, werden die gefälschten Produkten in einigen Fällen sogar zusätzlich unter einer nicht registrierten Marke angeboten. Die angeblichen Warenzeichen - bestehend aus typisch deutschen Namen wie Müller, Schulze o. ä. - täuschen nach ihrem Klang eine deutsche Produktion vor.
  • Immer wieder wird der Name "Solingen" aber auch in leicht abgewandelter Form verwendet, was dem oberflächlichen Betrachter zunächst nicht auffällt. So wird beispielsweise der Begriff "Silingen" benutzt.
  • Auch der Hinweis "Solingen designed" ist für nicht in Solingen produzierte Ware grundsätzlich nicht zulässig.
  • Weiterhin wird der gute Ruf des Namens "Solingen" für andere Küchenprodukte ausgebeutet. So taucht regelmäßig Kochgeschirr auf, das den Eindruck erweckt, aus Solinger Produktion zu stammen. Doch seit geraumer Zeit ist in Solingen kein Hersteller von Töpfen mehr ansässig.
Nähere Erläuterungen zu der Problematik des Solingen-Schutzes enthält die Broschüre "Der Schutz des Namens Solingen", die Sie über unseren Shop (Rubrik Recht und Fair Play) kostenlos bestellen oder sich als PDF-Datei herunterladen können (siehe rechte Menüleiste).