Recht und Steuern

Mindestvoraussetzungen der Solingen-Fähigkeit

Mindestvoraussetzungen der "Solingen"-Fähigkeit
vom 30. November 2005, zuletzt geändert am 24.06.2020
Die Verordnung zum Schutz des Namens Solingen, welche die „Solingen"-Fähigkeit einer Schneidware generell festlegt, enthält keine Werte, so dass es in Zweifelsfällen schwierig werden könnte, ob eine Schneidware den „Solingen"-Standard erfüllt oder, weil „minderwertig", nicht mit dieser Qualitätsbezeichnung gekennzeichnet werden darf.

Die nachstehenden Mindestwerte geben die Kriterien für die „Solingen"-Fähigkeit einer Schneidware wieder, die den heutigen Vorstellungen der Hersteller von „Solinger" Schneidwaren entsprechen. Diese Mindestvoraussetzungen, die sowohl die wesentlichen Herstellungsstufen konkretisieren als auch den arteigenen Verwendungszweck sicherstel­len, sind Ausdruck der gegenwärtigen lauteren Praktiken, Gewohnheiten und Gebräuche bei der Herstellung von Schneidwaren im Industriegebiet von Solingen im Sinne von
§ 137 Absatz 2 Satz 2 des Markengesetzes.
I. Wesentliche Herstellungsstufen für Schneidwaren gemäß § 1 Ziffer 1 Verordnung zum Schutz des Namens Solingen
1. Herstellung
  • Formgebung, warm
  • Formgebung, kalt
  • Mechanische Bearbeitung
  • Wärmebehandlung
  • Oberfläche, mechanisch
  • Oberfläche, galvanisch/chemisch
  • Fertigschliff
2. Montage
  • von Kunststoffgriffen
  • von Holzgriffen
  • von Stahlgriffen
  • von Gussgriffen
  • von Griffen aus anderen Materialien
  • von Funktionshälften und sonstigen Funktionsteilen
  • Fertigmontage von Instrumenten

II. Erfüllung der Voraussetzung gemäß § 1 Ziffer 2 der Verordnung zum Schutz des Namens Solingen
Zugelassen sind Werkstoffe aller Art, die bei entsprechenden Herstellungs- und Bearbeitungsverfahren geeignet sind, den arteigenen Verwendungszweck des Produktes zu erfüllen. Bei der Verwendung eines anderen Werkstoffes oder Stahles als unten genannt muss eine den nachstehenden Anforderungen entsprechende Mindestqualität erfüllt sein. Die Beschreibung der Merkmale, die einzelne Schneidwaren aufweisen müssen, orientiert sich an den üblichen Schneidwaren. Sondermodelle mit bestimmungsgemäßen, funktionsgerechten Abweichungen sollen dadurch nicht von der Solingenfähigkeit ausgeschlossen werden.
Grundsätzlich gilt der Stand der Technik, der in nationalen, europäischen oder internationalen Normen niedergelegt ist, sofern in den folgenden Regelungen nichts anderes bestimmt ist. Der Stand der Technik ist auch dann erfüllt, wenn der Fachbeirat Solingenschutz der Bergischen Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid eine Regelung verbindlich festgelegt hat, auch wenn sie durch europäische oder internationale Normungsgremien noch nicht verabschiedet worden ist.
1. Produkte aus nichtrostendem Stahl
1.1. Messer
Erfüllung der Anforderungen gemäß DIN EN ISO 8442-1
Für Freihandmesser (Messer, mit denen das Schneidegut nicht auf einer festen Unterlage, sondern in der Hand geschnitten / geschält  wird) mit einer Klingenlänge von maximal 9 cm gelten die DIN EN ISO 8442-1 Punkt 6.2 sowie die DIN EN ISO 8442-5 nicht.
1.2. Scheren
Werkstoff: Stahl gemäß DIN EN 10088-1 - X46Cr13
Scheren mit einer Länge von insgesamt weniger als 130 mm (5”) müssen eine Mindesthärte von 52 HRC haben, größere Scheren eine Mindesthärte von 55 HRC.
1.3. Bestecke
1.3.1. Versilberte und nichtrostende Essbestecke:
Erfüllung der Anforderungen gemäß DIN EN ISO 8442-2
1.3.2. Vergoldete Essbestecke:
Erfüllung der Anforderungen gemäß DIN EN ISO 8442-4
1.4. Rasiermesser und Rasierklingen
Werkstoff: Keine spezifischen Angaben
Mindesthärte für Rasiermesser 58 HRC
Mindesthärte für Rasierklingen 55 HRC
1.5. Hand- und Fußpflegegeräte mit schneidender und spanender Funktion einschließlich Nagelknipsern
Werkstoff gemäß DIN EN 10088 - X20Cr13.
Mindesthärte 48 HRC
Mindesthärte für Hautzangen 46 HRC
1.6. Nagelfeilen
1.6.1.beschichtete Nagelfeilen
Die Beschichtung der Nutzschicht darf beim Biegen bis zur plastischen Verformung nicht abplatzen.
Die Feile muss in ihrer Gesamtlänge „federhart" sein, das heißt,. bei gehärteten Bandstählen eine Mindesthärte von 48 HRC, bei ungehärteten Stählen eine Mindestbiegefestigkeit von 1200 n/mm² besitzen.
1.6.2. geschlagene Nagelfeilen
Werkstoff gemäß DIN EN 10088 - X39Cr13
Mindesthärte HRC 49
1.7. Pinzetten
Werkstoff: korrosionsbeständiger Stahl oder NE-Material, keine spezifischen Angaben
Das Material muss so beschaffen sein, dass die je nach Verwendungszweck erforderliche Spitzen- und Federstellung erhalten bleibt.
2. Produkte aus unlegierten Qualitätsstählen
2.1. Messer
Werkstoff gemäß DIN EN 10083 - 1 C 45 - TN.
Mindesthärte 50 HRC
2.2. Scheren
Werkstoff gemäß DIN EN 10083 - 1 C-45-TN
Scheren mit einer Länge von insgesamt weniger als 130 mm (5”) müssen eine Mindesthärte von 52 HRC haben, größere Scheren eine Mindesthärte von 55 HRC.
2.3. Bestecke
Bestecke aus unlegierten, ungeschützten Stählen sind nicht zulässig.
2.4. Rasiermesser und Rasierklingen
Werkstoff: Mindestens 1,1% C
Mindesthärte 60 HRC
2.5. Hand- und Fußpflegegeräte mit schneidender und spanender Funktion einschließlich Nagelknipsern
Werkstoff gemäß DIN EN 10083 - 1 C 35 - TN.
Mindesthärte 45 HRC.
Werkstoff gemäß DIN EN 10083 - 1 C 45 - TN für Nagelknipser sowie für Haut- und Nagelzangen
Mindesthärte für Nagelknipser 48 HRC
Mindesthärte für Haut- und Nagelzangen 46 HRC
2.6. Nagelfeilen
2.6.1. beschichtete Nagelfeilen
Werkstoff gemäß DIN EN 10083 1 C 60
Die Beschichtung der Nutzschicht darf beim Biegen bis zur plastischen Verformung nicht abplatzen. Die Feile muss in ihrer Gesamtlänge „federhart" sein, das heißt, bei gehärteten Bandstählen eine Mindesthärte von 48 HRC, bei ungehärteten Stählen eine Mindestbiegefestigkeit von 1200 N/mm² besitzen. Andere Trägermaterialien sind zulässig.
2.6.2. geschlagene Nagelfeilen
Werkstoff gemäß DIN EN 10083 1 C 45
Mindesthärte HRC 55
2.7. Pinzetten
Werkstoff: keine spezifischen Angaben
Das Material muss so beschaffen sein, dass die je nach Verwendungszweck erforderliche Spitzen- und Federstellung erhalten bleibt.
3. Sonstige Anforderungen und Bestimmungen
3.1. Kriterien für die Härte
Alle Härteangaben beziehen sich auf die schneidenden beziehungsweise spanenden Teile der Produkte. Bei Messern wird hierunter das ganze Blatt bzw. die ganze Klinge, nicht nur die Schneide selbst verstanden. Die Werkstoffe müssen unter Berücksichtigung der für den betreffenden Stahl erforderlichen Temperaturführung gehärtet sein. Härte- und Gefügeuntersuchungen haben sich auf das ganze Blatt und die ganze Klinge zu erstrecken.
3.2. Rauhigkeit
Die Rauhigkeit der Tafelmesserklingen darf nicht über 3,0 µm nach Rz max bei anderen Messern und bei Scheren nicht über 6 µm nach Rz max hinausgehen.
3.3. Kriterien für die Beschichtung
Die Nickelschicht bei Scheren sowie Hand- und Fußpflegegeräten, wie Nagelfeilen, Haut- und Nagelzangen, Nagelknipsern und Pinzetten, muss mindestens 7µm betragen.
3.4. Geltung weiterer Normen
Soweit für einzelne Produktgruppen weitere DIN EN bzw. ISO-Normen gelten, sind diese anzuwenden.
4. Weitere Kriterien zur Funktionsfähigkeit einzelner Schneidwaren
4.1. Scheren
Die Schneiden der Scheren sind gleich lang. Die Griffringe stehen planparallel. Die Schneidkante ist ohne Absatz gleichmäßig durchgehend geschliffen. Die Spitzen stehen aufeinander. Die Schere hat einen sauberen gleichmäßigen Gang über die gesamte Schnittlänge. Die Schere muss spätestens ab einem Drittel der Schneide (gemessen ab Schraube) bestimmungsgemäß schneiden. Die Schere schließt gleichmäßig ohne Unterschied im Druck. Das Verbindungselement darf sich beim Schneiden nicht von selbst lösen. Damit die Scherenhälften nicht aneinander „fressen”, das heißt, die härtere Hälfte sich in die weichere hinein arbeitet, haben die Scherenhälften bei Scheren bis zu einer Gesamtlänge von 130mm (5”) eine maximale Differenz von 2 HRC, bei größeren Scheren eine maximale Differenz von 1 HRC.
Bei der Prüfung der „Solingen"-Fähigkeit von Scheren sind auch Gewerbe, Halm und Auge der Schere zu untersuchen. Die Oberfläche muss frei von Rissen, Graten und Korrosionsnarben sein.
4.2. Zangen
Beide Schenkel der Zange müssen gleich lang sein. Die Schneiden müssen aufeinander fluchten und die gleiche Länge aufweisen. Locker geschlossen berühren sich nur die Spitzen der Schneiden, auf Druck berühren sich die Schneiden vollständig.
Die Schneiden einer Hautzange müssen ein gleichmäßiges Schliffbild aufweisen. Die Schneidfähigkeit muss auf der gesamten Länge der Schneide gewährleistet sein.
4.3. Knipser
Die Schneide muss auf der ganzen Schneidfläche schließen. Die Schneidfähigkeit muss auf der gesamten Länge der Schneide gewährleistet sein.
4.4. Hornhauthobel
Der Schieber muss leichtgängig auf- und abziehbar sein. Die Klinge muss im Schieber fest anliegen, damit sich der Schneidspalt bei der Behandlung nicht vergrößert und die Spandickentoleranz nicht überschritten wird. Kunststoffgriffe müssen mit dem Metall aus hygienischen Gründen formschlüssig verbunden sein. Der Hobel darf sich bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht plastisch verformen oder brechen.
4.5. Feilen
Bei Nagelfeilen müssen alle Flächen außerhalb der Feilflächen, einschließlich der Kanten, entgratet und glatt sein. Feilflächen können sein: gehauen mit mindestens zwei Hieben, galvanisch aufgebrachte Körnungen, z.B. Saphir, galvanisch gestaltete oder geätzte Strukturen oder andere Oberflächen mit vergleichbarer Feilwirkung.
4.6. Pinzetten
Die Pinzette muss in der Spitze greifen. Die Pinzette muss Gegenstände von der Stärke eines Haares greifen können. Beim Schließen der Pinzette darf sich diese auch auf Druck nicht an der Spitze öffnen.
Bei Pinzetten müssen die Funktionshälften fest verbunden und rundum sauber entgratet sein. Die Federstellung muss einen gleichmäßigen Öffnungswinkel haben. Die Funktion der Greif-Enden muss sichergestellt sein.




Weitere Informationen zum Schutz des Namens Solingen enthalten die Dokumente „Der Schutz des Namens Solingen“ und „Mindestvoraussetzungen der Solingen-Fähigkeit“. Sie finden die Texte der Solingenverordnung und der Mindestvoraussetzungen auch in englischer Sprache: "Regulation for the Protection of the Name Solingen", "Minimum Requirements for the Solingen Qualification" (siehe rechte Menüleiste).