Titel - Ausgabe September 2023

Weniger ist mehr

„Bürokratieabbau ist das beste Konjunkturprogramm, das es gibt“, macht IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfram Brehm deutlich. Die zuletzt exponentiell wachsende Bürokratie ist Auslöser für die Kammer, eine Anti-Bürokratie-Initiative zu starten.

IHK startet Initiative für Bürokratieabbau

Ohne Regeln geht nichts, das sieht auch die Wirtschaft so. Aber aus gut gemeinten Regeln darf kein lähmender Bürokratismus werden,

macht Brehm deutlich.

Mehr und mehr Unternehmerinnen und Unternehmer stehen der Politik mit ihren immer neuen bürokratischen Vorgaben zunehmend verständnislos gegenüber. Brehm: „Die Politik kann wenig für die schwierige geopolitische Lage und die Corona-Nachwirkungen. Sie kann aber sehr wohl etwas für die bürokratischen Hemmnisse, die immer mehr zu einer Bremse für die wirtschaftliche Entwicklung werden.“ Umso wichtiger sei es, das Ruder herumzureißen und Bürokratie zu reduzieren.

Droht der Bürokratie-Tsunami?

Jedoch vermisst die IHK schnelle, durchgreifende Entlastungen für die Unternehmen, zeigt sich IHK-Präsident Dr. Michael Waasner enttäuscht über die Eckpunkte des „Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes“, das die Ampel- Koalition Ende August bei ihrer Kabinettsklausur in Meseberg vorgestellt hatte. „Die Bürokratie in Deutschland hat sich schon jetzt zu einem regelrechten Dickicht entwickelt, das für unseren Wirtschaftsstandort zum Wachstumshemmnis zu werden droht. Dabei stehen die großen Belastungen noch bevor.“ Mit Sorge blickt der IHK-Präsident auf neue Regelungen, etwa zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, zum Lieferkettengesetz oder die Meldepflichten beim EU-CO₂-Grenzausgleichsmechanismus CBAM, die bereits angekündigt sind.
Es rollt ein Bürokratie-Tsunami auf die Unternehmen zu. Wir brauchen einen Befreiungsschlag und mehr Freiraum für unternehmerisches Handeln, sonst überrollt uns die Regulierungswelle,

mahnt Dr. Waasner.

Doch schon die bestehenden Überregulierungen „binden Kapazitäten, kosten Geld und verhindern oft wichtige Investitionen für Innovationen, Energietransformationen oder Produktneuheiten. Die Bürokratie in Deutschland wird zunehmend zum Standortnachteil“. Dabei sei es für die Wirtschaft gerade in schwierigen Zeiten von Bedeutung, die Rahmenbedingungen wettbewerbsfähig zu gestalten.

Deutliches Beschäftigtenplus bei der öffentlichen Verwaltung

Zwischen 2019 und 2022, also in den Corona-Jahren, stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Oberfranken in der Summe um 5.665 auf knapp 444.000. Im Wesentlichen war dieser Beschäftigtenzuwachs auf die Öffentliche Verwaltung zurückzuführen mit einem Plus von 4.964 oder knapp einem Viertel auf rund 26.200. Das ist zweifellos auf das notwendige Krisenmanagement der vergangenen Jahre zurückzuführen sowie auf eine fehlende Digitalisierung. Brehm: „Ich fürchte aber, auch die Umsetzung einer Vielzahl von Gesetzesinitiativen und Verwaltungsvorschriften ist eine weitere Ursache für diesen Beschäftigtenaufbau. Offenbar haben nicht nur die Unternehmen mit der wachsenden Bürokratie zu kämpfen.“

„Zeitenwende in der Bürokratie“ gefordert

Die IHK legt deswegen bei Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern der Politik regelmäßig den Finger in die Wunde.

Dazu Thomas Zapf, Bereichsleiter Standortpolitik:

Wir setzen uns vehement für weniger Bürokratie im Unternehmensalltag ein.
In ihrer jüngsten Sitzung hat die IHK-Vollversammlung eine Resolution verabschiedet, in der eine „Zeitenwende in der Bürokratie“ gefordert wird.

IHK startet Anti-Bürokratie-Initiative

„Immer mehr Unternehmen wenden sich an uns, weil die Bürokratie, mit der sie tagtäglich konfrontiert werden, schlicht und ergreifend ihre Möglichkeiten übersteigt“, macht Zapf deutlich. „Als IHK starten wir deswegen eine breit angelegte Anti-Bürokratie-Initiative. Dazu haben wir eine Bürokratie-Taskforce eingerichtet.“

IHK-Bürokratiemelder angelaufen

Im Mittelpunkt steht eine Bürokratie-Meldeplattform auf der IHK-Website, die erfolgreich angelaufen ist. Zapf: „Hier können uns Unternehmen konkrete bürokratische Hürden melden.“ Dies könne anonymisiert erfolgen oder auch mit Namensnennung.  Wenn gewünscht, erfolgt die Rückmeldung durch die IHK. Aber: „Auch Positivbeispiele aus einer Kommune oder einer Behörde vor Ort können einen wichtigen Beitrag zur Entbürokratisierung in anderen Teilregionen Oberfrankens leisten. Wir freuen uns deswegen über jeden Hinweis“, so Zapf.

Den Bürokratiemelder erreichen Unternehmen unter:

IHK-Gesetzes-TÜV: Starke Stimme in Gesetzgebungsverfahren
bayreuth.ihk.de/gesetzes-tuev
Monika Kaiser
Tourismus, Handel und Wirtschaftsbeobachtung
Thomas Zapf
Leiter Bereich Standortpolitik