Schiedsgericht

Was ist Schiedsgerichtsbarkeit?

Die Schiedsgerichtsbarkeit ist ein zwischen Geschäfts- bzw. Vertragspartnern vereinbartes Verfahren, in dem die Streitigkeit - ähnlich wie bei „normalen“, staatlichen Gerichten -  abschließend und rechtsverbindlich entschieden wird. Im kaufmännischen Geschäftsverkehr ist die Vereinbarung eines Schiedsgerichts durchaus üblich. So können auch schwierige Streitfälle fachkundig und schnellstmöglich abgeschlossen werden.
Die Schiedsrichter sind in der Verfahrensgestaltung wesentlich freier und flexibler als die Richter eines staatlichen Gerichtes. Sie können daher auch wirtschaftliche Interessen der Parteien stärker berücksichtigen. Auch die Parteien können mehr Einfluss auf das Verfahren nehmen. Diese Flexibilität kann zu schnellen und preisgünstigen Lösungen führen, die vor einem staatlichen Gericht nicht zu erzielen wären.
Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen hat wie ein Urteil. Schiedssprüche sind nach einer Vollstreckbarkeitserklärung durch das zuständige Oberlandesgericht vollstreckbar.

Welche Vorteile bietet mir die Schiedsgerichtsbarkeit?

  • Schiedsgerichtsbarkeit ist schnell. Es können Zeitverluste vermieden werden, die bei der Einschaltung der überlasteten staatlichen Gerichte in der Regel unumgänglich sind.
  • Auch das Verfahren selbst kann flexibler und unbürokratischer und daher häufig schneller geführt werden als ein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten.
  • Da es bei den meisten Schiedsgerichten weder Berufungs- noch Revisionsinstanz gibt, ist das Verfahren nicht nur zügiger sondern auch kostengünstiger, Mit dem Schiedsspruch der ersten und einzigen Instanz ist der Streit endgültig und verbindlich entschieden. Jahrelange Rechtsstreitigkeiten sind daher in der Schiedsgerichtsbarkeit sehr selten.
  • Schiedsgerichtsbarkeit ist vertraulich: Das Verfahren ist von Schiedsrichtern und Parteien streng vertraulich zu behandeln. Anders als beim öffentlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten erfolgt das Schiedsgerichtsverfahren grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bleiben intern. Informationen, die sich negativ auf den Geschäftsverkehr des Unternehmens auswirken könnten, gelangen nicht an die Öffentlichkeit. Viele Unternehmen sehen dies als einen ganz wesentlichen Vorteil.
  • Schiedsgerichtsbarkeit kann Geschäftsbeziehungen bewahren: Die Führung eines Schiedsverfahrens wird wegen der kaufmännischen Wurzeln der Schiedsgerichtsbarkeit von vielen Unternehmern als eine adäquate Form der Streitbeilegung angesehen. Nach Abschluss des Schiedsverfahrens, das im Übrigen sehr häufig mit einer einvernehmlichen Einigung endet, können die Geschäfte häufig unbelasteter weitergeführt werden, als dies nach Führung eines Gerichtsprozesses der Fall ist.
  • Schiedsgerichte schaffen auch im Ausland vollstreckbare Titel: Schiedssprüche sind nach einer Vollstreckbarkeitserklärung durch das zuständige Oberlandesgericht vollstreckbar. Im internationalen Bereich sind Schiedssprüche sehr häufig wesentlich leichter zu vollstrecken als deutsche Urteile. Das liegt daran, dass mehr als 140 Staaten dem sogenannten New Yorker Abkommen von 1958 beigetreten sind, das die Vollstreckung von Schiedssprüchen im Ausland regelt. Hinzukommen weitere entsprechende Abkommen zwischen Deutschland und anderen Staaten. Deutsche Urteile sind dagegen nicht überall auf der Welt vollstreckbar. In China oder Russland zum Beispiel kann grundsätzlich aus einem deutschen Schiedsspruch vollstreckt werden, nicht aber aus einem deutschen Gerichtsurteil.

Worin besteht der Unterschied zwischen Schiedsgericht und Mediation?

Anders als bei der Mediation entscheidet das Schiedsgericht am Ende des Verfahrens verbindlich über die geltend gemachten Ansprüche. Diese Entscheidung hat für die Parteien die Wirkung eines staatlichen Urteils. Die Schiedsrichter können sich also nicht darauf beschränken, allein oder mit den Parteien eine mögliche Lösung auszuarbeiten und den Parteien vorzuschlagen, sich auf deren Umsetzung zu einigen. Allerdings werden auch die Schiedsrichter ausloten, ob die Chance zu einer gütlichen Einigung besteht.
Bei der Mediation dagegen erarbeiten die Konfliktparteien über das strukturierte Mediationsverfahren mit Hilfe eines neutralen Vermittlers (Mediator) freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Lösung ihres Konflikts. Auch eine erfolgreiche Mediation führt überwiegend zu einem Konsens und damit zu einer tragfähigen und dauerhaften Lösung. Allerdings spielt die Freiwilligkeit eine ungleich größere Rolle, da im Gegensatz zum Schiedsgerichtsverfahren kein endgültiger Schiedsspruch des/r Schiedsrichter/s droht.

Welche Wirtschaftskonflikte eignen sich für ein Schiedsgerichtsverfahren?

Grundsätzlich eignet sich jeder Konflikt für ein Schiedsgerichtsverfahren, der eine Eskalationsstufe kurz vor dem Gang zum ordentlichen Gericht erreicht hat oder bei einem Streit, bei dem sich nur noch das Gerichtsverfahren als Alternative anbietet und der wirtschaftliche Aspekt eine Rolle spielt.
Das Schiedsgerichtsverfahren bietet sich besonders an:
  • wenn die flexible Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen von Bedeutung ist,
  • wenn eine schnelle, kostengünstige Entscheidung gesucht wird,
  • wenn Unternehmensinterna zur Sprache kommen,
  • wenn Produktions- und Geschäftsgeheimisse zu wahren sind,
  • wenn der Ruf des Unternehmens leiden könnte,
  • wenn die Geschäftsbeziehung berücksichtigt werden soll,
  • wenn Auslandsbezug besteht.

Was bietet mir das Schiedsgericht der IHK Wiesbaden?

Das Schiedsgericht ist ein Angebot der IHK Wiesbaden für die außergerichtliche Streitentscheidung im Bereich Wirtschaftsrecht.
Die IHK berät sowohl über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts als auch über alternative Konfliktlösungswege. Sie können mit der IHK die Möglichkeiten besprechen, die konkret für Ihr Unternehmen die sinnvollste Lösung bietet - der gerichtlichen Rechtsweg oder eine der verschiedenen Varianten der der außergerichtliche Streitbeilegung.
Die IHK
  • bietet eine moderne Schiedsgerichtsordnung für kaufmännische Streitigkeiten an,
  • administriert das Schiedsgerichtsverfahren,
  • benennt kompetente und neutrale Schiedsrichter,
  • stellt eine Musterschiedsgerichtsklausel zur Verfügung und
  • stellt auf Wunsch geeignete Räume für Sitzungen zur Verfügung.

Wie leite ich ein Verfahren vor dem Schiedsgericht der IHK Wiesbaden ein?

Grundsätzlich müssen sich die Parteien vertraglich auf die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts verständigen. Dazu haben die Parteien entweder schon zu Beginn ihrer Geschäftstätigkeit eine entsprechende Schiedsgerichtsklausel im Vertrag vereinbart, oder es wird – auch nachträglich möglich - eine Schiedsgerichtsvereinbarung (oder auch Schiedsabrede genannt) abgeschlossen.
Antrag
Um das Schiedsgerichtsverfahren einzuleiten, stellt mindestens eine Partei einen Antrag bei der IHK Wiesbaden. Er muss:
  • Namen und die Anschrift (am besten mit E-Mail-Adresse und Telefon) der Parteien, und
  • der Streitgegenstand und somit den Sachverhalt, welcher der Einleitung des Schiedsgerichtsverfahrens zugrunde liegt (ähnlich wie eine Klageschrift) und
  • die Schiedsgerichtsklausel, aus der sich die Zuständigkeit des Schiedsgerichts der IHK Wiesbaden ergibt,
enthalten.
Das Schiedsgericht muss dann gebildet werden, wobei es grundsätzlich aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern besteht. Es ist jedoch auch möglich, dass ein Einzelschiedsrichter das Verfahren leitet und darüber entscheidet. Die Benennung der Richter erfolgt üblicherweise von der IHK.

Wie läuft ein Verfahren vor dem Schiedsgericht ab?

Nach der Bildung des Schiedsgerichts wird das Verfahren durch die Schiedsrichter oder den Einzelschiedsrichter organisiert und durchgeführt. Ein Schiedsverfahren ähnelt im Ablauf zwar einem „normalen” Gerichtsverfahren: Die Parteien fertigen Schriftsätze, es findet in der Regel eine mündliche Verhandlung statt. Auch können Beweisaufnahmen durchgeführt werden.
Allerdings ist das Schiedsgericht in der Verfahrensgestaltung weitestgehend frei. Dabei wird üblicherweise den wirtschaftlichen Bedürfnissen und den geschäftlich sinnvollen Einigungsmöglichkeiten der Parteien größtmöglicher Raum eingeräumt
Es gibt drei Grundsätze, an die sich das Schiedsgericht immer halten muss:
  1. Das Schiedsgericht muss die Parteien gleich behandeln (Gleichbehandlungsgrundsatz).
  2. Das Schiedsgericht muss den Parteien ausreichend Gelegenheit geben, sich zu äußern (rechtliches Gehör).
  3. Das Schiedsgericht muss den Parteien erlauben, zu dem Verfahren ihre Rechtsanwälte mitzubringen. (Es besteht jedoch kein Anwaltszwang!)
Am Ende des Verfahrens steht ein verbindlicher Schiedsspruch, der für die Parteien die gleichen Wirkungen hat wie ein Urteil.

Wie wird ein Schiedsspruch vollstreckt?

Der Kläger muss zunächst bei einem staatlichen Gericht beantragen, dass es die Entscheidung des Schiedsgerichts für durchsetzbar erklärt (Vollstreckbarkeitserklärung). Das Gericht überprüft die Entscheidung des Schiedsgerichts nur daraufhin, ob sie einen besonders schweren Fehler aufweist. Eine für vollstreckbar erklärte Entscheidung des Schiedsgerichts können die Parteien dann genauso wie ein entsprechendes Urteil des staatlichen Gerichts durchsetzen lassen.
Im internationalen Bereich sind Schiedssprüche sehr häufig wesentlich leichter zu vollstrecken als deutsche Urteile. (Siehe hierzu auch Vorteile des Schiedsgerichtsverfahrens)

Wie werden die Schiedsrichter ausgewählt?

Grundsätzlich ernennt die IHK Wiesbaden die Schiedsrichter. Wenn die Parteien jedoch etwas anderes vereinbart haben, steht es ihnen frei die Beisitzer zu ernennen. Die IHK Wiesbaden ist als Einzige befugt, den Vorsitzenden zu benennen. Um zu gewährleisten, dass die Interessen der Parteien in wirtschaftlicher und juristischer Hinsicht berücksichtigt werden, werden nur solche Persönlichkeiten als Schiedsrichter benannt, die aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen für den individuellen Fall besonders geeignet sind.
Den Parteien können einen Schiedsrichter nur wegen Befangenheit (§§ 41, 42 ZPO) oder wegen ungebührlicher Verzögerung bei der Erfüllung seiner Pflichten ablehnen. Dann bestimmt die IHK Wiesbaden einen neuen Schiedsrichter.

Schiedsgerichtsklausel

Die IHK Wiesbaden schlägt allen Parteien, die auf die Schiedsgerichtsordnung der IHK Wiesbaden in ihren Verträgen Bezug nehmen wollen, folgende Schiedsvereinbarung vor:
"Alle Streitigkeiten, die sich im Zusammenhang mit dem Vertrag .... (Bezeichnung des Vertrages) oder über seine Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden.“
Hinsichtlich der Form ist § 1031 Zivilprozessordnung zu beachten. Wichtig: Bei Beteiligung eines Verbrauchers muss die Schiedsklausel in einer separaten Vereinbarung unterzeichnet werden, die keine weiteren Regelungen enthalten darf (Ausnahme: notarielle Urkunden).

Was kostet das Verfahren vor dem Schiedsgericht?

Grundsätzlich richten sich die Kosten und Gebühren nach dem Rechtsanwaltsgebührengesetz. Hinzu kommen auch Vergütungen für Gehilfen (zum Beispiel Protokollführer) und Entschädigungen von Sachverständigen und Zeugen nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz. Eine Ermäßigung der Gebühr tritt ein, wenn ein Vergleich geschlossen wird, bei dem das Schiedsgericht mitwirkt.