Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Umweltpolitik muss Belange der Wirtschaft abwägen

Positionen:
  • Bestehende Regelungen der Umweltpolitik sollten in der EU überall gleich umgesetzt werden: Der Fokus der europäischen Umweltpolitik sollte auf der gleichartigen Um- und Durchsetzung bestehenden Rechts in allen Mitgliedsländern liegen.
  • Vor jeder Neuregulierung im Binnenmarkt sollte die EU eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen und dabei stets die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität respektieren. Die Umsetzbarkeit der gesetzten Umweltstandards insbesondere für KMU sollte durch Abbau unnötiger bürokratischer Anforderungen gewährleistet sein.
  • Die Ökodesign-Richtlinie ermöglicht massive Eingriffe in den Markt und sollte nur der letzte Ausweg sein, wenn keine Alternative wie etwa Produktkennzeichnung, REACH, ROHS oder andere Regelungen greifen.
  •  Keinesfalls sollte Ökodesign zu einem Instrument umfassender Produktions- und Technologielenkung werden, das die Produktvielfalt beschneidet, den Verbraucher entmündigt und Innovationen hemmt.
  • Die EU-Kommission sollte z. B. die Erreichbarkeit der Luft- und Wasserqualitätsziele hinsichtlich der gesetzten Fristen und regionaler Bedingungen sowie der Vereinbarkeit mit anderen umweltrechtlichen Vorgaben kritisch prüfen. Dabei sollten insbesondere die Bedürfnisse von KMU berücksichtigt werden. Die Wirtschaft sollte aktiv und frühzeitig in die Prozesse eingebunden werden.
  • Belange des Naturschutzes und der Wirtschaft und Beschäftigung sollten gleichermaßen Gegenstand einer sorgfältigen Abwägung der verschiedenen Interessen und unterschiedlichen Schutzgüter sein.

Hintergrund:

Seit den 1970er-Jahren hat die EU über 200 Rechtsakte im Umweltbereich verabschiedet. Diese Fülle und Komplexität der Gesetzgebung, wie z. B. im Chemikalien-, Abfall- und Immissionsschutzrecht, führen zu erheblichem bürokratischen Aufwand und damit hohen Kosten. KMU sind besonders betroffen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen und die Attraktivität der EU als Investitionsstandort leiden. Die unterschiedliche Umsetzung in den Mitgliedstaaten in nationales Recht führt außerdem zu Wettbewerbsverzerrungen.
Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft wird entscheidend von der Entwicklung innovativer und ressourceneffizienter Produkte geprägt. Die Fülle und Komplexität der EU-Gesetzgebung ist insbesondere für KMU mittlerweile aber kaum noch zu bewältigen.
Für mehr Ressourceneffizienz setzt die EU auf die Festlegung von strengen Mindeststandards für Produkte. Die Ökodesign-Richtlinie für energierelevante Produkte z. B. dient aktuell der Verringerung des Energieverbrauchs in über 25 Produktgruppen. Künftig könnte aber jede Form der Ressourcennutzung im Zusammenhang mit Herstellung, Gebrauch, Reparatur, Wiederverwendung und Recycling eines Produktes reguliert werden. Damit würden Unternehmen in ihren Produktgestaltungsmöglichkeiten stärker eingeschränkt werden. Die Erfahrung zeigt zudem, dass häufig überambitionierte technische Vorgaben gemacht werden. Es droht eine Überfrachtung, zumal Produkte schon heute komplexen Regeln für Stoffeinsatz, Recycling und Kennzeichnung (beispielsweise CE-Kennzeichnung, REACH, Chemikalienverbotsverordnung  usw.) unterworfen sind.
Die anspruchsvollen europäischen Luft- oder Gewässerqualitätsziele sind für viele Mitgliedstaaten kaum noch in die Praxis umzusetzen. Nicht zufällig gibt es im Umweltbereich EU-weit die meisten Vertragsverletzungsverfahren. Vielfach sind die Vorschriften zur Einhaltung der Ziele nicht praxisgerecht und schaden letztlich der regionalen Wirtschaft.
Viele Beispiele machen deutlich, dass Erfolge im Naturschutz mit unverhältnismäßig hohen Kosten für Wirtschaft und Gesellschaft einhergehen. Der Bau von Infrastruktur jeder Art und die Entwicklung neuer Standorte für die Wirtschaft, insbesondere beim Abbau heimischer Rohstoffe, werden mit erheblichem Prüfaufwand oder aufwändigen Vermeidungs- bzw. Kompensationsmaßnahmen befrachtet. Wirtschaftliche Dynamik geht so verloren.