Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten

Positionen:
  • Die Wirtschaft kann durch den Einsatz technischer Innovationen wie moderne Fahrerassistenz- und Warnsysteme und künftig automatisiert bzw. autonom fahrende Fahrzeuge zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Verkehrssicherheit im Straßenverkehr beitragen. Die Politik sollte nach Meinung der Wirtschaft diese Entwicklung fördern und z.B. durch die Sicherstellung einer intakten und bedarfsgerechten Verkehrsinfrastruktur unterstützen. Ein flächendeckendes Monitoring der Infrastruktur kann auch Grundlage für das Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur sein.
  • Bund und Länder sollten an den Bundesfern- und Landesstraßen (sichere) Rastanlagen bzw. Parkplätze in hinreichendem Ausmaß und mit geeigneter Infrastruktur (z.B. im Sanitärbereich) zur Verfügung stellen, um den im gewerblichen Güterkraft- und Personenverkehr sowie im Werkverkehr eingesetzten Fahrern die Einhaltung der Vorschriften zu den Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten zu erleichtern. Neben dem überörtlichen Straßennetz bieten sich in zahlreichen Fällen auch lokale Gewerbegebiete, in denen z.B. Autohöfe entwickelt werden können, oder die Erweiterung bestehender Anlagen an.
  • Damit die täglichen und reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten, die die Fahrer im stehenden Fahrzeug verbringen dürfen, auch der Erholung der Fahrer dienen können, sollte der Einbau von Standklimaanlagen und Standheizungen gesetzlich vorgeschrieben werden. Dies gilt nur für Fahrzeuge, in denen die Fahrer die genannten Ruhezeiten tatsächlich und regelmäßig verbringen. Die Regelmäßigkeit lässt sich u.a. aus den Aufzeichnungen zu den Lenk- und Ruhezeiten oder den im Betrieb angefertigten Arbeitszeitaufzeichnungen nachvollziehen. Diese Regelung sollte EU-weit getroffen werden.
  • Verbesserungen sind auch durch nicht interpretationsfähige und verständliche Regelungen, zum Beispiel bei der Ladungssicherung, den Gefahrgutvorschriften oder dem Berufskraftfahrerqualifikationsrecht möglich, z.B. wenn die Vorschriften für die Lagerung von Gefahrstoffen und wassergefährdenden Stoffen an vielen verschiedenen Stellen geregelt sind und dadurch die Einheitlichkeit sowie Widerspruchs- und Überschneidungsfreiheit der konkreten Regelungen leidet. Grundsätzlich bietet es sich auch hier an, alle Regelungen verbindlich für alle Mitgliedsstaaten zu regeln und nationale Sonderwege wo immer möglich zu vermeiden.
  • Generelle Lkw-Überholverbote auf Bundesfernstraßen sowie Lkw-Durchfahrtsverbote, die zu Ausweich- und Umwegverkehren führen, können sich negativ auf die Leichtigkeit und Effizienz des Verkehrs auswirken.
  • Die zeitweise Mitnutzung von Standstreifen auf Autobahnen sollte auf geeigneten Abschnitten geprüft und ermöglicht werden, wenn dies der Verflüssigung des Verkehrs dient.
  • Der Einsatz von Verkehrstelematik sollte - unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften - verstärkt und weiterentwickelt werden.
  • Durch Systeme zur Verbesserung der aktiven und passiven Sicherheit, z. B. Notbremssysteme, Spurhalteassistenten und andere Warn- und Assistenzsysteme können deutliche Sicherheitsgewinne erzielt werden. Sie sollten EU-weit durch gesetzliche Regelungen zur Pflichtausstattung von Neufahrzeugen werden.
  • Schulungs- und Ausbildungsanforderungen an gewerblich eingesetzte Fahrer können helfen, die allgemeine Straßenverkehrssicherheit und die Energieeffizienz zu verbessern. Neben den gesetzlich verpflichtenden Qualifizierungsmaßnahmen leisten viele Unternehmen einen wichtigen Beitrag durch zusätzliche eigene Schulungsmaßnahmen. Die für den Wirtschaftsverkehr bestehenden Förderprogramme sollten, insbesondere wenn sie wie die bestehenden Ausgleichsmaßnahmen aus der LKW-Maut bereits von der Wirtschaft finanziert werden, aufrechterhalten und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben weiterentwickelt werden, wobei der Bandbreite der sicherheitsrelevanten Themengebiete Rechnung getragen werden sollte. Ggf. sollte zur Förderung der Straßenverkehrssicherheit auch eine Anpassung der rechtlichen Restriktionen bei der Förderung gesetzlich vorgeschriebener Qualifizierungsmaßnahmen verfolgt werden.
  • Für die Wirtschaft ist die Sicherheit bei Güterbeförderungen unabhängig vom eingesetzten Verkehrsträger von besonderer Wichtigkeit. Neben der Verantwortung Dritten gegenüber sind Unfälle und damit einhergehende Güterschäden stets für alle Beteiligten und Betroffenen mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Vor diesem Hintergrund spricht sich die Wirtschaft dafür aus, dass die Regelungen zur Ladungssicherung folgende Aspekte berücksichtigen: Objektivierung durch Orientierung am „Stand der Technik“, Klarheit (auch im Sinne von Interpretationsfreiheit), Einheitlichkeit (auch zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen), Praktikabilität (auch im Sinne von Wirtschaftlichkeit).
  • Präventive wie auch nachgelagerte Maßnahmen zur Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der Nutzbarkeit der Verkehrsinfrastruktur sind insbesondere in den kälteren Jahreszeiten von großer Wichtigkeit. Um Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer bestmöglich zu schützen und wirtschaftliche Schäden zu minimieren spricht sich die Wirtschaft dafür aus, dass die öffentliche Verwaltung hinreichend Personal und Mittel vorhält, um Behinderungen im Verkehrswegenetz zu minimieren bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen.
  • Wenn Durchgangsverkehre Innenstädte belasten, können Umgehungsstraßen eine Lösung darstellen. Dies vor allem, wenn die alternativen Gegenmaßnahmen in verkehrlichen Restriktionen, z.B. Tempo 30 oder 40 auf Ortsdurchfahrtsstraßen, Verkehrsbehinderungen durch Umbaumaßnahmen, Durchfahrtsverboten und anderen Maßnahmen bestehen. Da hierdurch oftmals nur Verkehr verdrängt wird (mit entsprechenden Umwegverkehren und steigenden Umweltbelastungen), sollte ein schlüssiges Verkehrskonzept zugrunde liegen.
  • Einschränkungen beim freien (grenzüberschreitenden) Waren und Personenverkehr, immerhin eine Grundsäule der Europäischen Union, werden von der Wirtschaft sehr kritisch gesehen. Dies gilt insbesondere, wenn diese nicht allgemein gelten oder an spezifische Rahmenbedingungen geknüpft und somit nicht wettbewerbsneutral ausgestaltet sind. Ein Beispiel für bürokratische Hürden bei Transporten im Binnenverkehr der Union sind die zunehmende Anzahl von Regelungen zur Entsendung von Arbeitnehmern, die speziell Omnibus- und Güterkraftverkehrsunternehmen hohen administrativen Aufwand abverlangen. Speziell für kleinere und mittlere Unternehmen ohne größeren Verwaltungsapparat ist die rechtskonforme Umsetzung dieser national recht unterschiedlichen Pflichten nur schwer zu leisten.


Hintergrund:

Baden-Württemberg ist aufgrund seiner zentralen Lage in Europa eines der wesentlichen Transitländer für Güterverkehre. Der überwiegende Teil aller Güterverkehre findet auf der Straße statt. Die meisten Prognosen gehen von einem anhaltenden Wachstum des Gütertransports aus. Dass die Unfallzahlen und die schädlichen Umweltemissionen sich nicht analog zu diesem Wachstum entwickeln, liegt unter anderem an den zahlreichen technischen Innovationen im Nutzfahrzeugbereich, an der kontinuierlichen Verbesserung der Kenntnisse der Kraftfahrer und an den Anforderungen an die Nutzfahrzeugindustrie, die Kraftstoffeffizienz und das Emissionsverhalten (primär aufgrund von Rechtsvorschriften) zu verbessern.
Zwar sind damit Verteuerungen zu Lasten der Unternehmen verbunden. Andererseits sollte die allgemeine Verkehrssicherheit und die Sicherheit des Fahrpersonals Vorrang haben. Von Lastwagen verursachte Unfälle beinträchtigen im Übrigen Image und Akzeptanz der Verkehrsbranche in der Öffentlichkeit.
Zur Leichtigkeit des Verkehrs gehört auch, dass bürokratische Hemmnisse insbesondere beim Grenzübertritt von Fahrzeugen so gering als möglich gehalten werden. Tatsächlich hat sich in jüngster Zeit im Zusammenhang mit der Zunahme bzw. Erweiterung von nationalen Regelungen zur Entsendung - bspw. in Deutschland,
Frankreich, Österreich, Italien - der administrative Aufwand bei vielen Güterkraft- und Busunternehmen erheblich vergrößert. Hinzu kommt ein erhebliches Maß an Verunsicherung ob der rechtskonformen Umsetzung der jeweiligen Vorgaben.