Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Europäische Industriepolitik mit Augenmaß

Positionen:
  • Bekenntnis zur Industrie: In der Europa 2020 Strategie der EU-Kommission kommt die Bedeutung der Industrie für den Wirtschaftsstandort Europa zum Ausdruck. Das Ziel der Europäischen Kommission, den Anteil der EU-Industriepolitik an der EU-Bruttowertschöpfung von aktuell rund 15% auf 20% bis zum Jahr 2020 zu steigern, diese Zielmarke darf aber nicht zu einer interventionistischen Politik zugunsten vermeintlicher Schlüsselindustrien führen. Zudem sollte ein politisches „Mehr“ für die Industrie nicht zu einem „Weniger“ bei Dienstleistungen und Handel führen. Hinzu kommt, dass das Bekenntnis der EU-Kommission bis dato zu wenig konkreten Maßnahmen geführt hat. Insbesondere im Bereich Industrie 4.0 fehlt ein europaweites Konzept.
  • Die Wirtschaft fordert die Entscheidungsträger auf, bei Umwelt- und Klimaschutzziele die Belange der Industrie zu berücksichtigen, um überhöhte Kosten und globale Wettbewerbsnachteile zu vermeiden.
  • Die Wirtschaft setzt sich für bessere Rahmenbedingungen zur Förderung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit ein. Sie fordert eine Erleichterung des Normenzugangs und Beteiligung am Normungsprozess bei dezentraler Organisation der Normungsarbeit.
  • Die EU sollte nicht bestimmte Forschungsfelder oder technologische Lösungsansätze fest- oder vorschreiben. Die Mitgliedstaaten haben unterschiedliche wirtschaftliche Strukturen und Stärken im Technologiebereich. Eine auf einzelne Technologien ausgerichtete Forschungsförderung gefährdet die Wettbewerbsneutralität.
  • Die Wirtschaft spricht sich ausdrücklich gegen ein Verbot bestimmter Produkte, eine weitere Verschärfung von Umwelt- und Ressourceneffizienzstandards für die öffentliche Hand sowie strikteren Recycling- und Ökostandards aus. Solche Entwicklungen belasten, schaffen weitere Bürokratie und gefährden die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
  • Bei allen Maßnahmen zur Förderung der Industrie ist zu prüfen, wie sie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärken können. Der Wettbewerbsfähigkeitstest sollte bei allen Vorhaben angewandt werden.

Hintergrund:

Mit der Europa-2020-Strategie verfolgt die EU ein industriepolitisches Konzept, welches Investitionen in neue Technologien fördern, das Unternehmensumfeld verbessern und den Zugang zu Märkten und Finanzierung erleichtern soll. Neue Rechtsvorschriften sollen darauf überprüft werden, wie sie die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen. Das Normungssystem soll effizienter gestaltet und an neue Entwicklungen angepasst werden. Die EU plant eine verstärkte Förderung von Technologien für saubere Produktion, umweltfreundliche Fahrzeugen und Schiffen sowie von intelligenten Netzen. Die europäische Industrie benötigt verlässliche Rahmenbedingungen: stabile Finanzmärkte, qualifizierte Fachkräfte, bezahlbare Energie, eine leistungsfähige Infrastruktur sowie eine effiziente Verwaltungs- und Genehmigungspraxis und eine Rechtssetzungspraxis, bei der die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit im Vordergrund steht und bürokratische Hindernisse zurück gedrängt werden.