Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Vertragsfreiheit verteidigen

Positionen
  • Die Wirtschaft setzt sich nachdrücklich für die Vertragsabschlussfreiheit ein. Einschränkungen darf es aus der Sicht der Wirtschaft nur in besonders wichtigen Ausnahmefällen geben. Dabei dürfen die Schranken nicht über das unbedingt Erforderliche hinausgehen.
  • Die inhaltliche Vertragsgestaltungsfreiheit bei Verträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmen sollte mehr den Freiheitsaspekt berücksichtigen, ohne dass Verbrauchern der Schutz vor einer unangemessenen Übervorteilung entzogen werden soll.
  • Die Überprüfung, ob eine vertragliche Vereinbarung eine unangemessene Benachteiligung beinhaltet, darf nicht in eine richterliche Preiskontrolle ausarten.
  • Die Wirtschaft fordert eine Herabsetzung der rechtlichen Hürden für den Abschluss von Individualverträgen.
  • Eine undifferenzierte Übertragung von Verbraucherschutzgrundsätzen auf Verträge zwischen Unternehmen ist zu vermeiden.
  • Bei Verträgen gegenüber großen Unternehmen sollte der Vertragsgestaltungsfreiheit Vorrang vor einer nachträglichen richterlichen Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht eingeräumt werden. Die Grenzen von Treu und Glauben, der Sittenwidrigkeit oder des Marktmissbrauchs reichen als Schutznormen aus.
  • Entsprechendes gilt bei Verträgen mit einem großen Volumen zwischen Unternehmen. Auch insoweit sollte die richterliche Inhaltskontrolle nicht gelten. Die Flexibilität freier Vertragsgestaltungen sollte Vorrang vor dem Schutz durch eine richterliche Inhaltskontrolle haben, da selbst kleine Unternehmen Verträge mit erheblicher Größenordnung grundsätzlich nicht unbedacht ohne sorgfältige Überprüfung eingehen.



Hintergrund:

Die Vertragsfreiheit ist ein wichtiges Element einer freiheitlich geprägten Wirtschaftsordnung. Sie ist für die erfolgreiche deutsche Wirtschaft unabdingbar. Die Vertragsabschlussfreiheit wird vom Gesetzgeber noch weitgehend respektiert. Dagegen ist die inhaltliche Vertragsgestaltungsfreiheit bei Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern weitgehend abgeschafft. Selbst bei Verträgen zwischen Unternehmen wird sie immer stärker zurückgedrängt. Zwar beschränkt sich die intensive richterliche Inhaltskontrolle auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die Rechtsprechung legt aber nahezu jeden Vertrag als AGB aus, so dass Individualverträge nur noch selten vorliegen. Ein rechtssicherer Abschluss von Individualverträgen ist faktisch unmöglich. In der Konsequenz bereitet es Probleme, rechtssichere Verträge mit ausländischen Vertragspartnern auf der Basis der zwischen deutschen Unternehmen geltenden Rechts abzuschließen, da die Gefahr einer unwirksamen AGB-Klausel hoch ist. Bei Verträgen mit ausländischen Vertragsparteien wird daher häufig die Anwendbarkeit deutschen Rechts vermieden.
Unternehmer und Verbraucher müssen frei entscheiden können, ob und mit wem sie Verträge abschließen. Dass es Grenzen gibt, bspw. bei marktstarken oder gar Monopolunternehmen, insbesondere wenn es um lebenswichtige Güter geht, ist offensichtlich. Es beunruhigt aber, dass immer wieder eine generelle Einschränkung der Vertragsabschlussfreiheit bei Verträgen mit Verbrauchern zu Lasten der Unternehmen diskutiert wurde. Hinzu kommt, dass der Staat vermehrt versucht, Vertragsabschlüsse zu erschweren, die er aus Sicht des „verständigen“ Verbrauchers für falsch hält.
Bei Verträgen zwischen Unternehmen sollte wieder das Bild mündiger und eigenverantwortlicher Unternehmer gelten, die selbst bestimmen können, wie ihre Vertragskonditionen und Risikoverteilungen im Gesamtgefüge des Vertrages aussehen. Auch wenn es im Interesse des Schutzes marktschwacher und unerfahrener Unternehmen Grenzen für die Vertragsgestaltungsfreiheit zur Vermeidung von Missbräuchen geben muss, muss es zumindest in den Fällen, in denen ein solches Schutzbedürfnis nicht oder kaum erkennbar ist, mehr Gestaltungsfreiraum geben.