Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Rechtssichere Rahmenbedingungen für Infrastrukturprojekte

Positionen:
  • Die Akzeptanz von Neu-, Ausbau- und Erweiterungsvorhaben, beispielsweise von Energieerzeugungsanlagen oder Speichern, ist von hoher Bedeutung. Ähnlich wie beim Netzausbau sollten die unterschiedlichsten Interessen aller Beteiligten und die verschiedene Schutzgüter sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Anstrengungen zur Reduzierung von Lärm- und Umweltbelastung sollten sich im Rahmen des wirtschaftlich Vertretbaren bewegen.

  • Natur- und Artenschutz an Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit messen: Auch Natur- und Artenschutz sollten insbesondere im Zusammenhang mit Infrastrukturprojekten stärker dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unterworfen werden. Dies gilt sowohl für die gesetzlichen Grundlagen, als auch für die konkrete Handhabung durch die Behörden. Es gab behördliche Entscheidungen, die nicht nur bei vielen Unternehmen für Verständnislosigkeit gesorgt haben. Soweit dazu Anpassungen EU-rechtlicher Bestimmungen erforderlich sind, werden Bund und Land aufgefordert, sich für entsprechende Änderungen einzusetzen.

  • Infrastrukturelle und industrielle Großprojekte erfordern einen Paradigmenwechsel. Politik, Verwaltung und Investoren sollten zukünftig ihre Projektziele im Vorfeld erklären, für eine transparente Verfahrensgestaltung sorgen und auch die Grenzen der Bürgerbeteiligung aufzeigen. Der frühzeitige Einsatz optionaler Beteiligungsverfahren kann den Planungsprozess erleichtern und helfen, langwierige teure Verfahren zu vermeiden.

  • Projekte strategisch planen: Bei Verkehrs- und Energienetzen sollte in Korridoren gedacht werden und nicht in Einzelprojekten.

  • Zügige Umsetzung unerlässlich: Wichtige Investitionsprojekte sollten nach der politischen Beschlussfassung zeitnah planungsrechtlich und baulich umgesetzt werden.

  • Planungs-, Genehmigungs- und Rechtswegverfahren können und sollten weiter gestrafft werden, ohne dabei wichtige Beteiligungsrechte der Betroffenen zu beschränken. Planungszeiten von zehn Jahren und mehr sind äußerst problematisch. Parlamentarisch beschlossene und gerichtlich abgesicherte Projekte sollten aus Sicht der Wirtschaft konsequent realisiert werden. Dies schließt ein Reagieren auf völlig veränderte Umstände nicht aus.

  • Politik, Energieversorger und Bürger sollten sich ihrer Verantwortung für den Infrastrukturausbau stellen. Denn Gesamtplanungen können nur gelingen, wenn sie in den Regionen unter Einbeziehung aller Akteure zügig umgesetzt werden.

  • Akzeptanz steigern durch kontinuierliche Projekttransparenz: Eine breit angelegte Öffentlichkeitsbeteiligung braucht funktionierende Informations- und Beteiligungsformate. Über moderne Informationstechnologien sollten Planungen einfach, verständlich und transparent aufbereitet werden. Das Internet bzw. die digitalen Medien sollten neben herkömmlichen Veröffentlichungen in Amtsblättern und Presseveröffentlichungen treten. Wichtig ist ein kontinuierlicher Informationsfluss.

  • Infrastrukturplanung sollte zukunftsweisend in intelligenten Netzen erfolgen: Intelligente Netze können dazu beitragen, den Ressourcenverbrauch einer Stadt zu senken, die Ver- und Entsorgung zu verbessern sowie klimagerechte und kostengünstige Lösungen aufzuzeigen. Die Digitalisierung ermöglicht schnellere Reaktionen der Kommunen auf Veränderungen. Die Stadtplanung 2.0 sollte darauf aufsetzen. Neue Mobilitätsformen wie Car-Sharing und E-Bikes sollten in einem Gesamtverkehrsmanagementkonzept berücksichtigt werden - im Interesse von Unternehmen und ihrer Fachkräfte.

Hintergrund

Die hervorragende Ausgangsposition Deutschlands als einer der leistungsstärksten Wirtschaftsnationen weltweit mit guten Zukunftsperspektiven ist auch dank der baden-württembergischen Wirtschaft mit Innovationskraft, Flexibilität, Leistungswille und einer starken Orientierung am Gemeinwohl bei Zurückstellung von Individualinteressen erarbeitet worden. Insbesondere in einem Ballungsraum wie der Region Stuttgart stehen hier die verschiedenen Akteure vor besonderen Herausforderungen. Infrastrukturprojekte und industrielle Großvorhaben sind eine wesentliche Basis für Wohlstand und Arbeitsplätze. Gleichzeitig wird der Ausbau von Infrastrukturprojekten wie der Bau von Kraftwerken, Windrädern und Hochspannungsleitungen zunehmend von Bürgern in Frage gestellt. Zur Umsetzung der Energiewende sind jedoch Investitionen, in Kraftwerke, Netze oder Energiespeicher, erforderlich. Diese Projekte kommen oft nur langsam voran. Vor allem zwischen den Bundesländern fehlt eine Koordination. Wenn viele Jahre von der Bedarfsfeststellung bis zum „ersten Spatenstich“ vergehen, können sich Rahmenbedingungen durch technischen Fortschritt und neue Informations- und Abstimmungsbedarfe verändern. Das gewachsene Bedürfnis nach Transparenz und Bürgerbeteiligung wird respektiert. Wird diesem Bedürfnis nachgekommen, muss dies aber nicht zwingend mit unangemessenen Verzögerungen und Unsicherheiten für die Projektrealisierung zum Nachteil der beteiligten Unternehmen verbunden sein. Weiter sind Breitbandinfrastrukturen eine notwendige Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum. Gerade der ländliche Raum ist häufig noch unzureichend mit breitbandigen Internet-Anschlüssen versorgt. Rund ein Drittel unseres Wirtschaftswachstums und damit auch viele Arbeitsplätze hängen mittlerweile vom Vorhandensein schneller Internetanschlüsse ab.