Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Masterplan gegen Fachkräftemangel

Positionen:

  • Die vorhandenen heimischen Fachkräftepotenziale sollten optimal ausgeschöpft werden. Dies bedarf gemeinsamer Anstrengungen von Politik, Arbeitsverwaltung, Wirtschaft und Sozialpartnern und der Gesellschaft auf den Feldern schulischer, akademischer sowie beruflicher Aus- und Weiterbildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Beschäftigung Älterer sowie Integration zugewanderter Menschen.
  • In der Schule sollte mit einer besseren, berufsorientierenden Förderung auf die Anforderungen einer Ausbildung vorbereitet werden. Dabei ist eine intensive Kooperation von Eltern, Schulen, Hochschulen, Wirtschaft und Sozialpartnern anzustreben. Öffentliche und private Arbeitgeber sind aufgefordert, ihre Angebote an berufsorientierenden Praktika zu verbessern.
  • Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss sollte auf ein Minimum reduziert werden.
  • Das Interesse für technische Fächer muss frühzeitig geweckt und gefördert werden, um dem im MINT-Bereich besonders ausgeprägten Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Die Hochschulen sollten sich stärker an den Anforderungen der Wirtschaft und Gesellschaft orientieren.
    Durch bessere Beratung und Begleitung sollte die Zahl der Hochschulabbrecher reduziert werden.
  • Eine gezielte, qualifikationsorientierte und flexible Zuwanderungssteuerung kann zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte beitragen.
    Ergänzend sollten die Lücken durch eine an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes orientierte gesteuerte Zuwanderung geschlossen werden. So gelingt es, ein ausreichendes Fachkräfteangebot sicherzustellen und die Technologieführerschaft der regionalen Wirtschaft zu erhalten.
  • Zur Unterstützung einer flächendeckenden regional und lokal verankerten Willkommenskultur unterhält die IHK Region Stuttgart die vom Bund geförderte KAUSA-Servicestelle und den Welcome Service Region Stuttgart, Anlaufstellen für Zuwanderer und hier lebende Migranten mit Informations- und Lotsenfunktion zu Ausländer- und Melderecht, Wohnungsmarkt, Kinderbetreuung, Schulen, Aus- und Weiterbildung.
  • Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse sollte insgesamt vorangetrieben werden. Die IHK engagiert sich im Rahmen des Anerkennungsgesetzes (BQFG) als Anlaufstelle. Sie ist Mitträgerin der IHK-FOSA, die zentral die Anträge bearbeitet.
  • Die Wirtschaft setzt sich dafür ein, mehr Möglichkeiten für einen weiteren Aufenthalt im Land für ausländische Absolventen an unseren Hochschulen vorzusehen, bei denen die Integration in der Regel bereits stattgefunden hat. Die geplante europäische Harmonisierung der Einwanderungspolitik (Blue Card) darf die Bemühungen nicht konterkarieren.
  • Der Zugang zu Bildung und Integration sollte allen Bevölkerungsschichten zugänglich sein. Ausländischen Kindern und Jugendlichen müssen gleiche Bildungschancen ermöglicht werden. Durch aktive Förderung bereits in jungen Jahren muss erreicht werden, dass sie einen besseren Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen bekommen können.

Hintergrund:

Schon heute klagt eine stetig wachsende Zahl von Unternehmen in der Region Stuttgart darüber, dringend benötigte Fachkräfte nicht auf dem Arbeitsmarkt finden zu können. Die Situation wird sich in den kommenden Jahren durch die demografische Entwicklung weiter zuspitzen. In den Jahren 2028 bis 2030 werden bereits über 400 000 Fachkräftestellen, und damit jede 15. Stelle, unbesetzt bleiben. Besonders groß wird der Mangel an Meistern, Technikern, Fachwirten und Fachkaufleuten – für jede siebte Stelle werden die Unternehmen vergeblich nach diesen Fachleuten suchen. Zu viele Jugendliche verlassen die Schulen ohne Abschluss, besonders hoch ist der Anteil junger Migranten an dieser Gruppe. Auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren ist steigerungsfähig, Fachkräftepotentiale außerhalb Deutschlands werden zudem bislang wenig genutzt.
Gelingt es insbesondere, an Schulen mehr Interesse an technischen Ausbildungsberufen und Studiengängen zu wecken, könnten möglicherweise auch mehr junge Frauen für diese Themen gewonnen werden. Dies hätte neben einer Verbesserung für den unternehmensrelevanten Fachkräftemarkt auch den Effekt, mehr Frauen Aufstiegschancen in technisch orientierten Unternehmen zu eröffnen.