Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern

Positionen:
  • Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sollte verbessert werden. Damit Betriebe genügend Fachkräfte finden, müssen vorhandene und neue Potenziale erschlossen werden. Dazu ist ein Kinderbetreuungsangebot erforderlich, das sich an den Bedürfnissen berufstätiger Eltern orientiert. Auch die Pflege von Familienangehörigen sollte mit einer beruflichen Tätigkeit in Einklang gebracht werden können.
  • Damit berufstätige Eltern ihre Kinder arbeits- oder wohnortnah betreuen lassen können, sollten die Angebote für alle Altersstufen – auch für Schulkinder ausgebaut werden.
  • Die Betreuungsangebote sollten an den Bedürfnissen berufstätiger Eltern ausgerichtet sein. In der Kindergartenbetreuung sind die Kommunen gefordert, ihre Fördergrundsätze so zu gestalten, dass den Kindertagesstätten die notwendige Flexibilität ermöglicht wird (bspw. für echte Ganztagesbetreuung, Verringerung der Schließtage, Sharing-Plätze, Notfallbetreuung, Wochenendangebote).
  • Die Betreuung sollte auch am Arbeitsort stattfinden können, deshalb sollten Kindergartenzuschüsse generell unabhängig vom Wohnort vergeben werden. Das seit 1. Januar 2009 in der Kindertagesbetreuung geltende Prinzip „Geld folgt Kind“ sollte flächendeckend umgesetzt werden.
  • Anstelle der bestehenden Planung in der Kindertagesbetreuung plädieren wir für ein Gutscheinsystem, in dem Eltern bei einer zertifizierten Einrichtung oder Tagesmutter ihrer Wahl ihren Betreuungsgutschein einlösen können; damit wird zugleich der Qualitätswettbewerb gefördert.
  • Private Anbieter dürfen dabei gegenüber anderen Trägern nicht benachteiligt werden. Arbeitgeber sollten den Wert des Gutscheins aufstocken können, um das Angebot besser mit den betrieblichen Bedürfnissen abzustimmen.
  • Auch für Schulkinder benötigen berufstätige Eltern eine verlässliche Betreuung am Nachmittag wie ganztags in der Ferienzeit. Der Ausbau der Ganztagsschulen ist aus Sicht der Wirtschaft zu begrüßen, er sollte allerdings auch die unteren Klassen der weiterführenden Schulen mit einbeziehen. Sinnvoll ist auch, Angebote zur Ferienzeitbetreuung über die Schulen zu koordinieren.
  • Die Landesregierung sollte die gesetzlichen und finanziellen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Eltern den für ihr Kind bis zum Ende der Schulpflicht passenden Betreuungsplatz finden und bezahlen können.
  • Die Pflegestützpunkte in den Landkreisen sollen Ansprechpartner für die Unternehmen sein, die ihre Beschäftigten in diesem Bereich unterstützen möchten.
  • Die Wirtschaft setzt sich dafür ein, dass gesetzliche Regelungen zur Pflege von Angehörigen, wie etwa Pflegezeit, nicht zu weiteren bürokratischen und finanziellen Lasten für die Wirtschaft führen.


Hintergrund:

Qualifizierte Fachkräfte werden immer knapper. Aufgrund des demografischen Wandels schrumpft die Zahl der jungen Menschen. Gleichzeitig müssen sich viele gut ausgebildete Fachkräfte wegen fehlender bedarfsgerechter Kinderbetreuung immer noch zwischen Familie und Beruf entscheiden. Eine zusätzliche Herausforderung wird für viele Beschäftigte außerdem die Pflege naher Angehöriger sein. Dies führt dazu, dass insbesondere Frauen dem Arbeitsmarkt nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. Die Beschäftigungsquote von Frauen beträgt in Baden-Württemberg knapp 54 Prozent (Männer 63 Prozent). Zudem arbeiteten 2015 in Deutschland 46 Prozent der Frauen in Teilzeit, das heißt weniger als die tariflich oder vertraglich normalerweise vereinbarte Arbeitszeit. Bei den Männern tut dies nur jeder zehnte.
Maßnahmen, die die Erwerbstätigkeit von Müttern und pflegenden Angehörigen steigern, führen nicht nur zu einer Verbesserung des Arbeitskräfteangebots, sondern verbessern die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts, schaffen mehr Wachstum sowie höhere Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträge.