Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Mit Hochschulpolitik Fachkräftemangel entgegenwirken

Positionen:

  • Die Bemühungen um die Chancen beruflich Qualifizierter an den Hochschulen dürfen sich nach Meinung der Wirtschaft nicht auf die Erweiterung der rechtlichen Rahmenbedingungen beschränken. Vor- und Brückenkurse sollten den Übergang an die Hochschule erleichtern, berufsbegleitende Studienangebote der besonderen Lebenssituationen beruflich Qualifizierter Rechnung tragen. Im Beruf oder durch Weiterbildung erbrachte Lernleistungen sollten im jeweils anderen Bildungsbereich anerkannt und angerechnet werden. Nicht nur Bachelor-, auch Masterstudiengänge sollten für Absolventen der Meisterebene geöffnet werden.
  • Die Wirtschaft setzt sich für eine Ausgestaltung des Bachelorstudiums ein, die einen eigenständigen qualifizierten Berufseinstieg ermöglicht. Für die Studiendauer sollte dies der Maßstab sein.
  • Im Studium sollten mehr praxisrelevante Kompetenzen vermittelt werden. Für eine praxisgerechte Ausgestaltung der Studieninhalte ist eine engere Verzahnung von Hochschulen, Wirtschaft und Sozialpartnern erforderlich. Dazu bietet es sich an, Studieninhalte im Dialog mit Wirtschaft und den Sozialpartnern zu erarbeiten. Integrierte Praxisphasen und die Beteiligung von Praxisvertretern in der Lehre sollten Standard sein. Starke Hochschulräte garantieren in diesem Zusammenhang die ausgewogene strategische Ausrichtung der Hochschulen und tragen dazu bei, auch die wirtschaftlichen Belange in die Hochschule zu transportieren. Die Wirtschaft unterstützt in diesem Zusammenhang insbesondere die Duale Hochschule am Standort Stuttgart.
  • Die Hochschulen sollten sich mit ihren Studienangeboten stärker am Fachkräftebedarf der Wirtschaft orientieren. Für beruflich Qualifizierte sollten adressatengerechte berufsbegleitende Studiengänge eingerichtet und die im Beruf oder durch Weiterbildung erworbenen Qualifikationen durch die Hochschulen angerechnet werden. Die IHKs in Baden-Württemberg haben mit der Webanwendung „IHK-Fachkräftemonitor” ein Werkzeug entwickeln lassen, das die aktuellen Entwicklungstrends für 105 Berufsgruppen und 19 Branchen in den 12 baden-württembergischen Regionen bis zum Jahr 2030 aufzeigt. Dieses Instrument sollte intensiv sowohl von der Politik zur Orientierung für den Ausbau der Bildungsinfrastruktur als auch von Jugendlichen bei ihrer Berufswahl und Karriereplanung, von Unternehmen bei ihrer Personalplanung sowie von Bildungsanbietern für die Entwicklung ihrer Angebote genutzt werden.

Hintergrund:

Bereits heute sind qualifizierte Naturwissenschaftler und Ingenieure Mangelware. Im Jahr 2030 werden 65 000 Absolventen (-23 Prozent) weniger die Hochschulen verlassen und damit wieder dem Niveau von 2007 entsprechen. Dann werden der Wirtschaft über 30 000 Akademiker fehlen, darunter 9 000 Ingenieure und Naturwissenschaftler.
Daneben berichten Unternehmen von qualitativen Defiziten der Hochschulausbildung, die sich negativ auf die Einsetzbarkeit der Absolventen in den Betrieben auswirken. Insbesondere in den Bachelorstudiengängen ist an vielen Hochschulen die für eine Beschäftigungsfähigkeit erforderliche Praxisorientierung im Studium und die Vermittlung von arbeitsmarktrelevanten Kompetenzen noch verbesserungswürdig. Für beruflich Qualifizierte ohne formale Hochschulzugangsberechtigung sollten die Angebote stärker auf deren besondere Situation Rücksicht nehmen.