Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Mit dem Abbau von Bürokratie Wachstum fördern

Positionen:
  • Die Wirtschaft fordert die Ermittlung der Bürokratielasten für Unternehmen durch neue Gesetze bereits in der Konzeptionsphase. Ohne nachvollziehbare Kostenermittlung sollten Gesetzentwürfen konsequent zurückgewiesen werden. Auch die Belastung der Verwaltung durch neue Gesetze sollte rechtzeitig vorher geprüft werden.
  • Die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht nur für ein Gesetz insgesamt, sondern für jede einzelne Norm, wird angemahnt.
  • Die Wirtschaft setzt sich für einen weiteren Ausbau der Befugnisse des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) zur vollständigen Erfassung aller Kosten für Unternehmen und Verwaltung ein, die von einer Norm ausgehen. Die Befugnisse sollten insbesondere auf Bundestags- und Bundesratsinitiativen sowie Satzungen von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts erstreckt werden.
  • Die Wirtschaft setzt sich für eine transparente Darstellung der Bürokratielasten ein, bspw. durch ein jährliches Ranking der 100 Normen mit den höchsten Kostenbelastungen.
  • Jährlich sollten Bürokratiekosten und Entlastungserfolge gegenüber gestellt werden.
  • Nach drei Jahren sollten alle neuen Gesetze und die dazu ergangenen Rechtsverordnungen, Verwaltungsvorschriften usw. mit dem Fokus auf Zielerreichung, Effizienz, Verhältnismäßigkeit und Negativeffekte sowie Ermittlung der tatsächlichen Kostenbelastung der Wirtschaft evaluiert werden.
  • Gesetze, deren spürbare Wirkung nicht innerhalb von drei Jahren nachgewiesen werden kann, sollten wieder abgeschafft werden. Eine Korrektur kann auch für einzelne die Wirtschaft belastende Regelungen aus einem Gesetz angebracht sein, wenn wenig effiziente Maßnahmen im Verhältnis zu den Belastungen der Wirtschaft unverhältnismäßig erscheinen.
  • Für jede neue Norm sollte eine andere abgeschafft werden.
  • Es bietet sich an, die Erfahrungen der Einheitlichen Ansprechpartner beim Auffinden von Deregulierungspotential zu nutzen.


Hintergrund:

Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2009 betrugen die Kosten der deutschen Wirtschaft allein durch ca. 9.200 Informationspflichten des Bundesgesetzgebers ca. 47,6 Milliarden Euro. Trotz Deregulierungsbemühungen in den letzten Jahren dürfte die Gesamtbilanz von Bürokratieabbau und der Verabschiedung neuer Vorschriften mit Belastungen für die Wirtschaft nur begrenzte Erfolge ausweisen. So sind bspw. durch Einführung und Umsetzung des Mindestlohns erhebliche Mehrbelastungen durch Informations- und Dokumentationspflichten hinzugekommen. Die Kosten zur Einhaltung zahlreicher staatlicher Vorgaben, z. B. technischer Normen, sind dabei ebenso wenig eingerechnet wie die Belastungen durch Rechtsnormen der Bundesländer, Kommunen oder Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Zu den Kosten des gewaltigen Verwaltungsapparats zur Administrierung und Überwachung des Regelungsteppichs wird die Wirtschaft über Steuern und Gebühren noch einmal herangezogen. Auf etliche dieser Normen kann verzichtet werden, ohne den geordneten Ablauf innerhalb eines funktionierenden komplexen Gemeinwesens zu gefährden. Zwar hat Deutschland mit der Schaffung des Nationalen Normenkontrollrats (NKR) reagiert und dabei gute Erfolge erzielt. Die Wirtschaft hat aber den Eindruck, dass die Vermeidung unnötiger Bürokratie in der Bundesgesetzgebung noch nicht bei allen Bundesministerien den notwendigen Stellenwert besitzt.
Die Wirtschaft setzt sich dafür ein, auch den Aufwand neuer Gesetze für die Verwaltung zu ermitteln und mit in die parlamentarischen Überlegungen einzubeziehen. Eine überlastete Verwaltung kann die Wirtschaft beeinträchtigen, weil bspw. die Zeit für die sorgfältige Planung wichtiger Infrastrukturvorhaben oder die Entwicklung von Strategien zum Wohl der Wirtschaft fehlt.
Von Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts geht viel Bürokratie zu Lasten der Wirtschaft aus. Als Beispiele können die Sozialversicherungsträger oder die Berufsgenossenschaften genannt werden. Deshalb lohnt eine Überprüfung durch den Normenkontrollrat auch von deren Regelwerke, die sich belastend auf die Wirtschaft auswirken.