Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Masterplan für Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt

Positionen:
  • Für die berufliche Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sind zusätzliche Mittel erforderlich. Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände sollten sich bald über Höhe und Verteilung der Mittel einigen.

  • Die Dauer der Asylverfahren sollte, soweit dies mit Grundsätzen der Sicherheit in Einklang zu bringen ist, weiter verkürzt werden, damit Asylbewerber rasch über ihr Bleibrecht informiert sind und ihre berufliche Integration angehen können. Dazu sollten ausreichend Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie genügend Räumlichkeiten für Asylbearbeitung, Beratung und Unterbringung in den Erstaufnahmestellen nötig.

  • Die Erfassung von Vorbildung, Qualifikationen sowie Bereitschaft und Fähigkeit zur Aufnahme einer Berufsausbildung sollte zeitnah in der Aufnahmephase geschehen. Traumatisch belastete Flüchtlinge, die mehr Zeit für die Entwicklung beruflicher Perspektiven brauchen, dürfen bei dieser Erfassung nicht verloren gehen.

  • Alle Flüchtlinge müssen mit Blick auf ihre Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft den sicheren Umgang mit der deutschen Sprache erlernen. Insbesondere am Arbeitsplatz sind Deutschkenntnisse für die Kommunikation mit Kunden und anderen Beschäftigten wichtig.

  • In den vom Bundesamt für Migration und Flüchtlingen organisierten Integrationskursen sollten aus Sicht der Wirtschaft zusätzliche Module für Sprachunterricht angeboten und finanziert werden.

  • Für anerkannte Asylbewerber und Asylbewerber mit einer hohen Anerkennungswahrscheinlichkeit und guten Chancen für eine zügige Vermittelbarkeit am Arbeits- oder Ausbildungsmarkt sollten Intensität und Qualität der Sprachkurse diesen Chancen angepasst werden.

  • Für junge Flüchtlinge in Ausbildung und mit Berufsschulpflicht müssen weiterhin ausreichend Vorbereitungsklassen eingerichtet werden. Dazu brauchen die Berufsschulen ausreichend Personal und Räumlichkeiten.

  • Der Zugang zu Integrationskursen und Berufsschulklassen mit Sprachunterricht sollte zeitnah nach der Aufnahme der Asylbewerber und Flüchtlinge ermöglicht werden.

  • Die Durchlässigkeit von Aufnahmestrukturen und Beschäftigung, Ausbildung und Berufsschulsystem muss nach Meinung der Wirtschaft erhöht werden, der Wechsel von Vorbereitungsklassen ins reguläre Schulsystem für Begabte möglich sein.



Hintergrund:

Der große Flüchtlingsstrom nach Deutschland bietet den Unternehmen auf lange Sicht eine Perspektive im Kampf gegen den zunehmenden Fachkräftemangel. Viele Unternehmen sind bereit, Flüchtlinge auszubilden und zu beschäftigen. Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten fördern die Integration anerkannter Asylbewerber und geduldeter Flüchtlinge in unsere Gesellschaft. Betriebe sehen aber folgende Hürden bei der Beschäftigung von Asylbewerbern und Flüchtlingen:
  • Fehlende Deutsch-Kenntnisse. Nur wenige Flüchtlinge mit einer guten Prognose für Bildung und Beschäftigung erhalten Deutschunterricht. Den sicheren Umgang mit der deutschen Sprache zu erlernen, dauert oft ein Jahr und mehr. Die Kurse für Asylbewerber und Flüchtlinge bieten meist nur einen geringeren Level.
  • Feststellung der Qualifikation. Oft dauert es viele Monate, manchmal Jahre bis bestehende Qualifikationen oder Bereitschaft und Fähigkeit zur Aufnahme einer Berufsausbildung festgestellt und bei den Arbeitsagenturen dokumentiert sind. Ursachen sind fehlende Unterlagen, Sprachbarrieren, Überlastung der zuständigen Stellen sowie traumatische Erlebnisse der Flüchtlinge, die erst verarbeitet werden müssen.
  • Aufenthaltsrecht. Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge dürfen zwar nach drei Monaten in Deutschland mit Genehmigung der Ausländerbehörde eine Arbeit aufnehmen. Sie und damit auch potenzielle Arbeitgeber und Ausbildungsbetriebe wissen aber oft nicht, ob sie später dauerhaft bleiben dürfen oder nur ein befristetes Aufenthaltsrecht erhalten. Dies verunsichert Arbeitgeber, zumal jede duale Ausbildung mit Investitionen verbunden ist. Verbesserungen wurden durch das Integrationsgesetz erreicht, dass eine Duldung für zwei weitere Jahre vorsieht, wenn nach einem erfolgreichen Ausbildungsabschluss eine anschließende ausbildungsadäquate Beschäftigung aufgenommen wurde. Betriebe müssen mit dieser 3 + 2-Regelung nicht mehr fürchten, dass Auszubildende während oder kurz nach der Lehre abgeschoben werden.