Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Gegen Überregulierung im Zoll- und Außenwirtschaftsrecht

Positionen:

Zollrecht:

  • Die operative Umsetzung des europäischen Zollrechts durch die Zollverwaltungen und deren Anforderungen an die deutsche Wirtschaft müssen sich am Grundsatz „so wenig wie möglich, so viel wie nötig“ orientieren. Bei Rechtsänderungen müssen Unternehmen eine angemessene Umsetzungsfrist bekommen.
  • Besonders vertrauenswürdige Unternehmen (unter anderen Authorized Economic Operator (AEO)) müssen messbare Vorteile in der Zollabwicklung erhalten.



Außenwirtschaftsrecht:

  • Die Reform der Dual-Use-Verordnung darf nicht dazu führen, dass durch Verallgemeinerungen und fehlende Rechtsdefinitionen Unternehmen ihre internationalen Geschäfte exportkontrollrechtlich nicht mehr beurteilen können oder den Anschluss bei Zukunftstechnologien verlieren. Unternehmen müssen sich weiterhin an klaren Vorgaben orientieren können. Menschenrechtsverletzungen müssen von der Politik mit entsprechenden Maßnahmen wie Embargoverordnungen geahndet werden. Diese können von der Wirtschaft umgesetzt werden.
  • Es ist in erster Linie Aufgabe des Staates, die Einhaltung von Menschenrechten durchzusetzen sowie Sozial- und Umweltstandards zu fördern, auch in Entwicklungs- und Schwellenländern. Die Politik sollte davon absehen, Verantwortung einseitig auf Unternehmen zu übertragen. Gesetzliche Standards, Verpflichtungen und Eingriffe in Unternehmensentscheidungen sollten so ausgestaltet werden, dass sie das vielfältige freiwillige Engagement der Unternehmen ausdrücklich würdigen und nicht behindern.
  • Im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen in der Europäischen Union (EU) muss sich das Umsetzungsniveau der Exportkontrolle auf einem gleichen Niveau bewegen. Der Weg der Umsetzung hingegen kann und sollte die unterschiedlichen Traditionen und die unterschiedliche Wirtschaftsstruktur der Mitgliedsstaaten widerspiegeln, um so auch Raum für Verbesserungen zu schaffen. Eine geplante Beschränkung von Ausfuhrgenehmigungen auf ein Jahr wird von der Wirtschaft abgelehnt.



Hintergrund:

Internationale Lieferketten verändern sich durch Industrie 4.0 und werden immer komplexer. Dabei geht es nicht nur um eine möglichst effiziente Zollabwicklung mit Hilfe erleichterter Verfahren, sondern auch um die Beachtung aller gültigen Exportkontrollvorschriften. Beides ist nur möglich durch eine nahtlose Einbindung in betriebliche und IT-gesteuerte Prozesse.
Zollverfahren werden seit dem 1. Mai 2016 vom neuen europäischen Zollrecht, dem Unionszollkodex, geregelt. Die angekündigten Erleichterungen sind ausgeblieben, im Gegenteil drohen Abläufe schwieriger zu werden – verursacht durch kurzfristige Änderungen bei EU-Regelungen und nationalen Durchführungsbestimmungen. Dies hat regelmäßig kostspielige Auswirkungen in der Lieferkette. Auch als besonders vertrauenswürdig eingestufte Unternehmen (AEO) erhalten keine messbaren Erleichterungen.
Zunehmend kurzfristig greifen Embargos und Exportkontrollvorschriften in betriebliche Prozesse ein und beschränken den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Verstöße gegen die Vorschriften können gravierende wirtschaftliche und strafrechtliche Konsequenzen haben. Die EU plant eine weitreichende Reform des Exportkontrollrechts. Geplant sind allgemeine Liefervorbehalte im Fall von Menschenrechtsverletzungen und für sogenannte Überwachungstechnologien. Beides träfe die Industrie schwer, da Unternehmen mangels rechtsicherer Begriffsbestimmung die Überprüfung eines Sachverhalts nicht leisten können. Die zunehmende Bürokratie belastet auch gerade kleine und mittlere Unternehmen zum Beispiel durch zusätzliche Berichtspflichten über Wertschöpfungsprozesse.
Dabei haben Unternehmen – auch wenn es ihnen wichtig ist, dass Lieferanten nachhaltig wirtschaften – nur begrenzten Einfluss und Kontrollmöglichkeiten auf die Einhaltung der Standards entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Andererseits tragen Unternehmen schon jetzt Verantwortung, zum Beispiel beim Bezug ihrer Rohstoffe oder mit Initiativen zur Verhinderung der Korruption.