Wirtschaftspolitische Position der IHK Region Stuttgart

Reform der EU-Haushaltspolitik soll Wettbewerb stärken

Positionen:
  • Der EU-Haushalt sollte als zentrales Instrument Europas zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung im Sinne der Lissabon-Strategie dienen. Transfers dürfen nicht dazu verwendet werden, überholte Strukturen zu festigen und Mitgliedsländer von den Lasten notwendiger Anpassungsprozesse zu befreien. Subventionen sollten deshalb nur unter engen Voraussetzungen, nicht nach dem Gießkannenprinzip und unter strikter Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen gewährt werden. Finanzielle Probleme einzelner Mitgliedsstaaten als Argument für dauerhaft neue Fördertöpfe oder Hilfsprogramme lehnt die Wirtschaft ab.

  • Die Ausgaben der Europäischen Union (EU) sollten sich auf Felder konzentrieren, die für die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsstärke von Bedeutung sind, wie Forschung, Entwicklung und Innovation. Die Wirtschaft erwartet von der EU mehr Achtsamkeit, die Ziele der Förderpolitik mit effizienten Instrumenten und mit wettbewerbsorientierten Ansätzen zu erreichen.

  • Das EU-Finanzierungssystem muss nach Meinung der Wirtschaft transparenter und leistungsgerechter gestaltet werden. Eine eigene Steuerkompetenz der EU jenseits der nationalen parlamentarischen Kontrolle, die die Gefahr weiterer Sondersteuern und zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft birgt lehnt die Wirtschaft ab und mahnt bei europäischen Institutionen einen sorgsamen Umgang mit Haushaltsmitteln unter Begrenzung des Ausbaus des eigenen Verwaltungsapparats an.

  • Die EU sollte die Chancen zur Einsparung von Kosten durch die strikte Einhaltung des Grundsatzes der Subsidiarität nutzen.

  • Fördermittel sollten in benachteiligten Regionen prioritär auf die Verbesserung der regionalen Infrastruktur konzentriert werden und eine effektive Nutzung ermöglichen.

  • Beihilfen sollten Impulse für Investitionen setzen, die langfristig selbstragendes Wachstum und Beschäftigung in der Region erzeugen.

  • Als Förderziele sieht die Wirtschaft einen weiteren Abbau regionaler Ungleichgewichte in Deutschland, etwa beim Breitbandausbau, bei Verkehrs- und Energieinfrastrukturen und im Forschungs- und Entwicklungsbereich.

  • Die Wirtschaft setzt sich grundsätzlich für die Gleichbehandlung aller Unternehmen beim Zugang zu Fördermitteln ein.

  • Der Vorrang von Darlehen vor Zuschüssen sollte nicht absolut gelten. Zurückfließende Mittel sollten als Anreiz bis zur Zielerreichung in der Region verbleiben. Revolvierend einsetzbare Mittel erhöhen das Bestreben, diese effizient einzusetzen.

  • Transparenzvorschriften dürfen nicht dazu führen, dass Geschäftsdaten zu veröffentlichen sind, die nachteilig für Unternehmen sind.

  • Die Wirtschaft setzt sich dafür ein, erhoffte Programm- und Maßnahmenerfolge bereits ex-ante festzulegen und Erfahrung der Wirtschaft bei Abwicklungsvereinfachung einbeziehen. Systemumstellungen dürfen nicht zu neuer Bürokratie führen.

  • Nationale und regionale Zuständigkeiten sollten aus Sicht der Wirtschaft gewahrt bleiben, soweit die Kommission keine Kompetenzen besitzt (etwa in den Bereichen Bildung, Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, Soziales).

  • Die künftige EU-Politik sollte im Interesse der Wirtschaft gegenüber den Mitgliedsstaaten stringenter werden und die Europa-2020-Strategie sowie Fachpolitiken unterstützen. Um die Mittel effektiver einzusetzen, sollen diese auch an makroökonomische Rahmenbedingungen geknüpft werden.

 


Hintergrund:

Ein Ziel der Europäischen Union ist die Angleichung der Lebensverhältnisse in ihren Mitgliedsstaaten, weshalb die  schwächeren Mitgliedsländer von den stärkeren über den EU-Haushalt unterstützt werden. Rund drei Viertel des EU-Haushalts bestehen aus Agrarsubventionen und Strukturfördermitteln (EU-Finanzrahmen 2014 - 2020), die vor allem strukturschwachen Regionen in der EU zukommen sollen. Trotzdem konnte das Ziel gleicher Lebensverhältnisse bislang nicht erreicht werden.
Die anhaltende Dominanz der Ausgaben für die Landwirtschaft und die Strukturförderung beschränken nämlich die Handlungsfähigkeit der Union und bewirken gleichzeitig eine sehr hohe Belastung der großen Nettozahler wie Deutschland.
Auf diese Weise bleibt nicht nur ein Großteil der EU-Haushaltsmittel als Instrument der Förderung der Wirtschaft und damit auch den Mitgliedsunternehmen vorenthalten. Auch die der Wirtschaft zugute kommenden Fördermittel werden nur sehr bedingt zur Stärkung von Wachstum und Beschäftigung im Sinne der Lissabon-Strategie eingesetzt und die Verteilung lässt an vielen Stellen die notwenige Effizienz vermissen.