Krise verhärtet sich

Die Geschäftslage der Industrieunternehmen in der Region Stuttgart erreicht erneut einen Tiefpunkt – nur übertroffen von der Finanzkrise und dem Beginn der Corona-Pandemie. Der Lageindikator liegt nun bei -28 Punkten. 42 Prozent der Industriebetriebe bewerten ihre aktuelle Lage als schlecht, lediglich 13 Prozent als gut – ein Rückgang um zwei Prozentpunkte gegenüber dem Frühsommer. Die schlechte Stimmung in der Region hat klare Ursachen: Die gedämpfte Binnennachfrage bereitet nahezu allen Unternehmen Sorgen. 79 Prozent nennen sie als Geschäftsrisiko. In der Folge verzeichnen 41 Prozent der Betriebe rückläufige Auftragseingänge aus dem Inland, während nur 6 Prozent eine Zunahme melden.
Im Verbund mit den hohen Standortkosten und geopolitischen Spannungen verschlechtert sich auch die Geschäftserwartung. Nur noch 19 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung ihrer Lage (minus ein Prozentpunkt). Gleichzeitig erwarten nun 28 Prozent schlechtere Geschäfte – vier Prozentpunkte mehr als im Frühsommer. Der Erwartungsindikator fällt dadurch auf knapp -10 Punkte.
Am Arbeitsmarkt zeigt sich die konjunkturelle Schwäche ebenfalls deutlich: Der Bedarf an Fachkräften nimmt weiter ab. Der Fachkräftemangel wird aktuell nur von 21 Prozent der Unternehmen als Risiko beklagt und spielt damit eine untergeordnete Rolle. Neueinstellungen sind selten – lediglich 7 Prozent der Betriebe planen mit steigender Beschäftigung, während 46 Prozent einen Stellenabbau erwarten.
Hohe Arbeitskosten bleiben das zweitmeistgenannte Geschäftsrisiko. 63 Prozent der Befragten nennen sie – nahezu unverändert zum Frühsommer. Bei einer Kapazitätsauslastung von nur 75 Prozent schlagen diese Kosten besonders stark zu Buche.
Geopolitische Spannungen bleiben präsent: 56 Prozent der Unternehmen sehen ungelöste Handelskonflikte weiterhin als Risiko – drei Prozent weniger als im Frühsommer. Eng damit verbunden sind die Sorgen um die schwächelnde Auslandsnachfrage, die um einen Punkt auf 55 Prozent gestiegen ist. Ein nachlassendes Wachstum in China und US-Zölle von 15 Prozent setzen der exportstarken Region zu. Zusatzzölle auf Stahl und Aluminium, die nun bei 50 Prozent liegen, belasten insbesondere den Fahrzeug- und Maschinenbau.
Den hohen Zöllen zum Trotz haben sich die Exporterwartungen in die USA gegenüber dem Frühsommer um 17 Punkte verbessert, bleiben jedoch bei –16 Punkten weiterhin sehr ernüchternd. Grund für die bessere Einschätzung ist, dass der Frühsommer von deutlich mehr Unsicherheit und der Angst vor noch höheren Zöllen geprägt war. Hoffnung geben die Absatzmärkte in Mittel- und Südamerika sowie Asien (ohne China), wo jeweils vier Prozent mehr Unternehmen mit steigenden Exporten rechnen. Die Eurozone hingegen bleibt hinter den Erwartungen zurück: Jeweils 20 Prozent der Betriebe rechnen dort mit steigenden bzw. fallenden Exportzahlen.
Der vom Bundeskanzler ausgerufene „Herbst der Reformen“ bleibt bislang aus. Die aktuelle Wirtschaftspolitik der schwarz-roten Koalition genießt wenig Vertrauen – 45 Prozent der Unternehmen sehen sie als Risiko, ein Prozentpunkt mehr als im Frühsommer. Entlastungen sind in der Region noch nicht spürbar. Konsequenterweise bleiben daher auch die Investitionen aus. Entsprechend zurückhaltend zeigen sich die Betriebe bei Investitionen: Unverändert planen nur 14 Prozent eine Zunahme in den kommenden zwölf Monaten, während 41 Prozent mit einem Rückgang rechnen – drei Prozentpunkte mehr als im Frühsommer.
Bei den Investitionsgüterproduzenten hat sich die Lage deutlich verschlechtert. 48 Prozent beurteilen die derzeitigen Geschäfte als schlecht, weniger als 10 Prozent als gut. Der Lageindikator bricht im Vergleich zum Frühsommer um 18 Punkte auf -39 Punkte ein. Diese Entwicklung zeigt, dass Unternehmen angesichts der schwachen Konjunktur weniger in neue Maschinen, Anlagen oder Infrastruktur investieren. Als Frühindikator deutet dies darauf hin, dass die Flaute noch länger anhalten könnte.
Auch die Vorleistungsgüterproduzenten kommen nicht aus ihrer angespannten Lage heraus. Der Lageindikator bleibt bei -25 Punkten. Das zeigt, dass nachgelagerte Produktionsstufen weiterhin nur geringe Mengen einkaufen und die Produktionstätigkeit schwach bleibt.
Bei den Konsumgüterproduzenten zeigen sich im Herbst neutrale Entwicklungen. Zwar sinkt der Anteil positiver Geschäftslagen um 6 Prozent, gleichzeitig geht jedoch auch der Anteil negativer Bewertungen um den gleichen Wert zurück. Der Lageindikator bleibt damit stabil bei 0 Punkten.