Industrie Jahresbeginn 2025
Schwerer Weg aus der Rezession
Die wirtschaftliche Lage der Industrieunternehmen in der Region Stuttgart verschlechtert sich erneut. Die Probleme sind vielfältig: Die Kaufzurückhaltung der Haushalte führt zu einer geringeren Nachfrage nach Gütern. Acht von zehn Unternehmen sehen den Inlandsabsatz als Geschäftsrisiko. Auch die Auslandsnachfrage bleibt verhalten. In der Vergangenheit konnte die Exportwirtschaft besonders in schwierigen konjunkturellen Phasen positive Impulse setzen. Doch erhöhter Wettbewerb und zunehmender Protektionismus erschweren die Exportbedingungen. 39 Prozent der Unternehmen sehen eine fallende Tendenz im Auftragseingang aus dem Ausland, und etwa 51 Prozent betrachten den Auslandsabsatz als Geschäftsrisiko. Ein Ausweg aus der Krise kann nur durch verbesserte Rahmenbedingungen vor Ort erreicht werden. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrieunternehmen wird durch mehrere Faktoren eingeschränkt: nicht wettbewerbsfähige Energiekosten, hohe Arbeitskosten, übermäßige Bürokratie und fehlende Fachkräfte führen zu unattraktiven Standortbedingungen in der Region Stuttgart.
Der Geschäftslageindikator hat sich im Vergleich zum Herbst 2024 weiter verschlechtert. Aktuell bewerten etwa 16 Prozent der Unternehmen ihre Geschäftslage als gut, während 38 Prozent sie als schlecht einschätzen – ein Anstieg um 2 Prozentpunkte gegenüber der letzten Konjunkturumfrage. Seit Beginn des Ukraine-Krieges leeren sich die Auftragsbücher, und die Umsätze brechen immer wieder ein. Derzeit bewerten 65 Prozent der Unternehmen ihren Umsatz niedriger als im Vorjahresquartal. Die seit Monaten anhaltende schwache Nachfrage zeigt sich nun auch in einer deutlich geringeren Produktion. Die Kapazitätsauslastung liegt derzeit durchschnittlich bei 77 Prozent der Unternehmen und damit etwa 6 Prozentpunkte unter dem 10-Jahres-Durchschnitt.
Innerhalb der Industriebranchen zeigt sich eine homogene Entwicklung: Der Fahrzeugbau leidet derzeit unter einem starken Nachfragerückgang bei Elektroautos. Die Metallindustrie kämpft mit hohen Standortkosten, während die Maschinenbauunternehmen aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs weiterhin unter Druck stehen.
Neben den konjunkturellen Risiken, wie der schwachen Nachfrage, haben auch die strukturellen Risiken zugenommen. Ein erhöhter Kostendruck belastet die Ertragslage der Unternehmen. Das Risiko steigender Arbeitskosten wird inzwischen von 66 Prozent der Unternehmen als bedeutend eingestuft, im Herbst waren es noch 57 Prozent. Auch das Risiko hoher Energiekosten hat an Bedeutung gewonnen und rangiert mit 54 Prozent auf Platz drei der Risiken.
Angesichts der strukturellen Herausforderungen bietet die derzeitige Wirtschaftspolitik mit ihrem Schlingerkurs den Unternehmen nur wenig Rückhalt. Viele Unternehmen sind zunehmend verunsichert und blicken angespannt auf die Neuwahlen Ende Februar. 46 Prozent der Unternehmen sehen in den aktuellen wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung – der höchste Wert seit Einführung dieser Antwortoption im Jahr 2010. Diese Unsicherheit wirkt sich negativ auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen aus. Ungefähr jedes zweite Unternehmen plant, in den kommenden 12 Monaten seine Investitionen im Inland zu verringern. Von den Unternehmen, die auch im Ausland investieren, planen etwa 36 Prozent, Investitionen im Inland zugunsten von Investitionen im Ausland zurückzustellen.
Aufgrund der schwachen Konjunktur herrscht bei vielen Unternehmen ein Einstellungsstopp. Rund 45 Prozent der Unternehmen erwarten in den nächsten 12 Monaten einen Rückgang der Beschäftigtenzahl. Das Problem des Fachkräftemangels tritt angesichts der vielen Herausforderungen in den Hintergrund. Nur noch 27 Prozent sehen hierin ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung.
Die kommenden Monate könnten für die Exportwirtschaft in der Region Stuttgart spannend werden. Traditionell galt der Export als Konjunkturmotor, insbesondere in Krisenzeiten wie nach der Corona-Pandemie, als Nachfrageimpulse aus China für einen Aufschwung sorgten. Mit der Wahl des neuen US-Präsidenten, der eine weniger handelsfreundliche Politik verfolgt, könnten jedoch neue Unsicherheiten entstehen. Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump Zölle auf Stahl und Aluminium verhängt. Auch diesmal droht er der Europäischen Union und anderen Handelspartnern mit Zöllen, was deutsche Unternehmen treffen könnte. Die USA sind für Baden-Württemberg der wichtigste Handelspartner mit dem größten Exportvolumen. Derzeit sind die Exporterwartungen nach Nordamerika noch positiv: Rund 35 Prozent der exportierenden Unternehmen erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine Steigerung der Exporte, während nur jedes fünfte Unternehmen einen Rückgang befürchtet.
Die Europäische Union hat jedoch auch andere potenzielle Märkte im Blick. Nach jahrelangen Verhandlungen wurde im Dezember 2024 ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Ländern abgeschlossen. Die regionale Wirtschaft erhofft sich dadurch neue Handelschancen, was den Indikator von –5 Punkten auf 11 Punkte zum Jahresbeginn ansteigen lässt.
Die schwache Konjunktur in der EU und der Eurozone hält jedoch weiterhin an. Die Nachfrage nach Gütern bleibt verhalten, und auch aus Asien gibt es derzeit kaum positive Entwicklungen.