Industrie, Jahresbeginn 2024

Industrie, Jahresbeginn 2024: Entwicklung ist zäh

Die Wirtschaftslage bei den Industrieunternehmen in Baden-Württemberg steckt weiterhin tief in der Krise. Seit der Konjunkturumfrage im Herbst 2021 gab es mehrere konjunkturelle Auf-und-Abs, jedoch ist ein negativer Trend erkennbar. Der Krieg in der Ukraine und der Wegfall russischer Gaslieferungen führten zu starken Preisansteigen am Energiemarkt. Ein mögliche Gasknappheit konnte im Herbst 2022 nicht ausgeschlossen werden, und Strompreise befanden sich auf einem Rekordhoch. Die hohen Strompreise zogen sich durch alle Wertschöpfungsketten. Besonders energieintensive Branchen mussten ihre Produktion zurückstellen. Die zeitweise hohe Inflation führte bei den Haushalten zu einem Rückgang der Konsumbereitschaft. Insgesamt kühlte sich die Konjunktur deutlich ab. Zum Jahresbeginn 2024 hat sich die Lage kaum verbessert. Die Auftragslage in der Industrie hat sich im Vergleich zum Herbst 2023 etwas verbessert, bleibt im Saldo jedoch negativ. Der Indikator steigt von -48 Punkten auf -26 Punkte zum Jahresbeginn 2024 an. 39 Prozent der Unternehmen geben an, dass die Tendenz im Auftragseingang fallend ist – das sind circa 14 Prozentpunkte weniger als zur vorherigen Umfrage. Eine steigende Tendenz im Auftragseingang melden 13 Prozent der Unternehmen. 7 von 10 Unternehmen sehen ein Geschäftsrisiko bei der niedrigen Inlandsnachfrage.
Der Indikator der aktuellen Geschäftslage steigt im Vergleich zum Herbst 2023 leicht um 3 Punkte auf circa 9 Punkte an. 29 Prozent der Unternehmen der Industrie melden eine gute und 20 Prozent eine schlechte Geschäftslage. Der Umsatz hat im Vergleich zum Vorjahresquartal abgenommen. Der Indikator sinkt von -5 Punkten auf -18 Punkte. Die Ertragslage empfindet jedes vierte Unternehmen als schlecht. Die schlechte Auftragslage der vergangenen Monate spiegelt sich auch in der Kapazitätsauslastung wider: Die Auslastung liegt mit circa 80 Prozent etwas unter dem 10-Jahresdurchschnitt von 84 Prozent.
Innerhalb der Industrie ist die Entwicklung der Geschäftslage sehr heterogen. Die Unternehmen der Metall- und Papierindustrie leiden weiterhin stark unter den hohen Energiekosten. Für viele sind diese im internationalen Vergleich nicht wettbewerbsfähig. Die hohen Energiepreise sind vor allem in der Metallindustrie schwer zu tragen. Der Indikator der Ertragslage sinkt im Vergleich zum Herbst von -5 Punkten auf -10 Punkte ab. Circa 31 Prozent melden dabei eine schlechte Ertragslage, das sind circa 4 Prozentpunkte mehr als bei der vorherigen Umfrage. Trotz der vielen Herausforderungen, die der Transformationsprozess für den Fahrzeugbau mit sich bringt, verbessert sich die Lage bei den Fahrzeugherstellern und Zulieferern um 15 Punkte und steigt auf 36 Punkte an. 43 Prozent befinden sich in einer guten Geschäftslage, nur noch 7 Prozent in einer schlechten. Besonders die Exporterwartungen haben sich im Vergleich zur vorherigen Konjunkturumfrage verbessert. Der Indikator steigt von 3 Punkten auf 20 Punkte an. Bei den Herstellern des Maschinenbaus sieht die Lage jedoch bedenklicher aus. Die schwache Konjunktur und die schlechte Auftragslage drücken die Stimmung weiterhin. Der Lageindikator bleibt im Vergleich zum Herbst 2023 mit -2 Punkten gleich. Im Gegensatz zum Fahrzeugbau können die Exporterwartungen (mit -1 Punkt) die Stimmung nicht heben. Bei den Unternehmen der Elektrotechnik gibt es einen kleinen Lichtblick hinsichtlich der Exporterwartungen: Diese haben sich um circa 16 Punkte verbessert. Der Indikator liegt nun mit 13 Punkten im positiven Bereich. Auch der Indikator der Geschäftslage ist um 6 Punkte auf 13 Punkte angestiegen. Die Tendenz im Auftragseingang bleibt mit -17 Punkten weiterhin schlecht, jedoch besser als im Vergleich zum Herbst 2023 (-39 Punkte) und Frühsommer 2023 (-20 Punkte).  
Obwohl der Strompreis im Vergleich zum Sommer 2022 deutlich gesunken ist, sind die hohen Energiekosten für die Unternehmen weiterhin schwer tragbar. 58 Prozent der Unternehmen in der Industrie sehen die hohen Energiepreise als ein Geschäftsrisiko. Besonders bei Industrieunternehmen mit energieintensiver Produktion wie der Nahrungsmittelherstellung oder der Metallindustrie stellen die hohen Energiekosten ein Problem dar.
Neben den Energiekosten gibt es weitere Kostenfaktoren, die für die Unternehmen zunehmend problematischer werden. Der Fachkräftemangel, der von 52 Prozent der Unternehmen als ein Geschäftsrisiko wahrgenommen wird, übt Druck auf Löhne und Gehälter aus. Circa 56 Prozent der Unternehmen sehen die steigenden Arbeitskosten als ein Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung am Standort Baden-Württemberg.
Im Vergleich zu den vorherigen Konjunkturumfragen hat auch das Risiko Wirtschaftspolitik deutlich zugenommen. Dabei wurde in den Freitextantworten des Öfteren die belastende Bürokratie genannt, unter der vor allem klein- und mittelständische Unternehmen leiden. Aber auch die ständigen Kurswechsel führen bei den Unternehmen zu Planungsunsicherheit, was die Investitionen hemmt.
Die Zukunftsaussichten bleiben getrübt. Der Indikator für die Geschäftserwartungen der kommenden 12 Monate steigt von -23 Punkten auf -12 Punkte an. 18 Prozent der Unternehmen erwarten bessere Geschäfte, 52 Prozent gleichbleibende und 30 Prozent schlechtere Geschäfte. Die schlechte Stimmung hemmt Investitionspläne. Der Indikator bleibt mit -8 Punkten im negativen Bereich. Die Hauptmotive bleiben Ersatzbedarf (68 Prozent), Rationalisierung (50 Prozent) und Digitalisierung (50 Prozent). Wegen der aktuellen wirtschaftlichen und politischen unsicheren Situation ist bei den vergangenen Konjunkturumfragen das Investitionsmotiv “Kapazitätserweiterung” stark zurückgegangen. Nur noch circa 20 Prozent der Unternehmen investieren in Kapazitätserweiterungen, das ist im Vergleich zum Vorjahr (Jahresbeginn 2023) ein Rückgang um fast 10 Prozentpunkte.
Bei den Exporterwartungen gibt es für die baden-württembergischen Industrieunternehmen einen kleinen Hoffnungsschimmer. Vor allem die Exporterwartungen nach Nordamerika sind im Vergleich zum Herbst nochmal angezogen. Der Indikator steigt von 11 Punkten auf 24 Punkte an. Ebenfalls positive Signale gibt es aus Asien und Süd- und Mittelamerika, da steigt der Indikator ebenfalls. Bei den Handelspartnern innerhalb der Eurozone und der restlichen EU/EFTA ist die abgeschwächte Konjunktur weiterhin spürbar. Die Indikatoren der Exporterwartung sind von einem niedrigen Niveau leicht angestiegen, befinden sich aber im Saldo weiterhin im negativen Bereich.