Bauwirtschaft, Frühsommer 2025
Die Talfahrt geht weiter
Die Bauwirtschaft setzt ihre konjunkturelle Talfahrt fort. Seit Beginn des Ukraine-Krieges hat sich die Nachfrage in der Branche nicht nachhaltig erholt. Hauptursachen sind die stark gestiegenen Energiekosten, die die Preise für Baustoffe erheblich verteuert haben, sowie die mehrfachen Leitzinserhöhungen im Zuge der Inflation. Diese Zinsschritte haben auch die Renditen deutscher Bundesanleihen steigen lassen, an denen sich langfristige Baufinanzierungen orientieren.
Mit der im Koalitionsvertrag verankerten Neuverschuldung wird in den kommenden Jahren ein höheres Angebot an Bundesanleihen erwartet – was tendenziell weiteren Zinssteigerungen Vorschub leisten dürfte. Die Finanzierung von Bauprojekten wird dadurch zunehmend erschwert, was die ohnehin schwache Nachfrage zusätzlich belasten könnte.
Allerdings gibt es auch gegenläufige Entwicklungen, die auf eine mögliche Entspannung bei den Finanzierungskosten hindeuten: Zum einen hat die Europäische Zentralbank angesichts der rückläufigen Inflation den Leitzins zuletzt wieder gesenkt. Zum anderen sorgt die aktuelle Wirtschafts- und Handelspolitik der Vereinigten Staaten für eine verstärkte Nachfrage nach deutschen Bundesanleihen, die als sichere Anlage gelten. Dies führt zu Kurssteigerungen und damit sinkenden Renditen.
Die Geschäftslage der Bauunternehmen in Baden-Württemberg bleibt im Frühsommer 2025 angespannt. Nur noch 24 Prozent der Betriebe bewerten ihre wirtschaftliche Situation als gut – ein Rückgang um vier Prozentpunkte gegenüber Jahresbeginn. Gleichzeitig berichten 19 Prozent der Unternehmen von einer schlechten Geschäftslage.
Die Auftragslage im Baugewerbe bleibt angespannt – mit spürbaren Folgen für die Produktion. Seit über zwei Jahren leeren sich die Auftragsbücher der Bauunternehmen, was sich zunehmend in der Bauproduktion niederschlägt. Nur 10 Prozent der Betriebe berichten von einer gestiegenen Produktion im Vergleich zum Vorjahresquartal, während 44 Prozent einen Rückgang verzeichnen. Auch die Ertragslage bleibt kritisch: 29 Prozent der Unternehmen bewerten sie als schlecht.
Der Auftragseingang zeigt weiterhin eine deutlich negative Tendenz. Zwar verbessert sich der entsprechende Indikator im Frühsommer leicht um 3 Punkte auf –37 Punkte, doch bleibt das Niveau äußerst niedrig. Besonders betroffen ist der private Wohnungsbau, der einen Großteil der Bauproduktion ausmacht: Hier meldet jedes zweite Unternehmen einen Rückgang.
Am stärksten verschlechtert sich die Lage im Straßen- und Tiefbau. Der Indikator fällt von –5 Punkten zu Jahresbeginn auf –32 Punkte im Frühsommer – ein deutlicher Einbruch. Die angekündigten Infrastrukturinvestitionen der Bundesregierung dürften laut Einschätzung vieler Unternehmen nur einen begrenzten konjunkturellen Impuls auslösen.
Trotz Auftragsflaute bleibt der Fachkräftemangel das dominierende Risiko im Baugewerbe. Rund 66 Prozent der Unternehmen blicken mit Sorge auf die personelle Ausstattung für die kommende Bausaison. Nur jedes zehnte Unternehmen rechnet mit einem Beschäftigungszuwachs, während etwa 29 Prozent von einem Rückgang der Mitarbeiterzahl ausgehen.
An zweiter Stelle der Risikofaktoren steht die schwache Inlandsnachfrage, die von 58 Prozent der Unternehmen genannt wird. Es folgen hohe Arbeitskosten (52 Prozent) und steigende Rohstoffpreise (49 Prozent) als weitere zentrale Herausforderungen.
Die Geschäftserwartungen bleiben verhalten. Lediglich 14 Prozent der Bauunternehmen rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit einer Verbesserung der Geschäftslage. Rund 26 Prozent erwarten eine Verschlechterung, während 60 Prozent von einer gleichbleibenden Entwicklung ausgehen. Entsprechend zurückhaltend zeigen sich die Investitionspläne: Der Indikator für die geplanten Inlandsinvestitionen verharrt im Frühsommer bei –26 Punkten.
Angesichts der Vielzahl an Herausforderungen bleibt die Hoffnung auf bessere Geschäfte vorerst trüb. Derzeit erwartet jedes zehnte Unternehmen eine Verbesserung der Geschäfte, während 38 Prozent eine weitere Verschlechterung prognostizieren. Ein Aufleben der Nachfrage wird trotz sinkender Zinsen vorerst nicht erwartet. Die niedrige Inlandsnachfrage wird von 64 Prozent der Unternehmen als Geschäftsrisiko gesehen. Auf Platz zwei der Risiken bleibt trotz schwindender Aufträge der weiterhin bestehende Fachkräftemangel, der von etwa 59 Prozent der Unternehmen genannt wird. Auf den Plätzen drei und vier folgen Arbeits- und Energiekosten, jeweils mit 49 Prozent.
Die niedrige Nachfrage hat negative Auswirkungen auf die geplanten Investitions- und Beschäftigungspläne. Etwa 14 Prozent der Unternehmen planen in den kommenden 12 Monaten höhere Investitionen, was zwar etwa 10 Prozentpunkte mehr sind als im Herbst, jedoch planen 41 Prozent geringere Investitionen. Der Indikator der erwarteten Beschäftigung verbessert sich um 5 Punkte und liegt zum Jahresbeginn 2025 bei –11 Punkten.