Zoll-Roulette mit Folgen
Trumps Verschiebetaktik verlängert Unsicherheit bei den Unternehmen
Susanne Herre: Betriebe vor Ort senden klares Signal – Partnerschaft statt Protektionismus
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart warnt im Vorfeld der für Mittwoch erwarteten US-Zollentscheidung eindringlich vor den erheblichen Auswirkungen auf die exportorientierte Wirtschaft in Baden-Württemberg – ganz gleich, wie die Entscheidung letztlich ausfällt. „Jede Zuspitzung des Handelskonflikts – ob durch neue Zölle oder politische Unsicherheiten – kann Investitionen ausbremsen, globale Lieferketten ins Wanken bringen und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts dauerhaft beeinträchtigen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre.
„Was am Mittwoch in Washington entschieden wird, hat direkte Folgen für Werkhallen hier direkt bei uns vor Ort“, betont Herre. „Unsere Unternehmen brauchen keine neuen Hürden, sondern Verlässlichkeit und fairen Marktzugang – alles andere gefährdet Jobs und Investitionen. Denn die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Absatz- und Investitionsmarkt für die Unternehmen in Baden-Württemberg. Unsere Betriebe sind deshalb besonders auf stabile transatlantische Beziehungen angewiesen.“
Stresstest für Export, Investitionen und Planung
Der anhaltende Handelskonflikt mit den USA ist für viele Unternehmen im Land längst keine kurzfristige Irritation mehr, sondern eine dauerhafte Belastungsprobe. „Der Export – über Jahre ein verlässlicher Stabilitätsanker – gerät ins Rutschen. Bei 34,8 Milliarden Euro Ausfuhr in die USA droht ohne politischen Kurswechsel ein wirtschaftlicher Schaden von enormem Ausmaß.“
Konjunkturumfrage zeigt: Unternehmen zunehmend besorgt
Die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage unter mehr als 1.250 Industrieunternehmen in Baden-Württemberg zeigt: Die geopolitischen Risiken nehmen weiter zu. 56 Prozent der Betriebe sehen internationale Spannungen mittlerweile als ernstzunehmende Gefahr für ihre Geschäfte – gegenüber 44 Prozent zu Jahresbeginn. Damit rangieren geopolitische Unsicherheiten inzwischen auf Platz drei der größten Geschäftsrisiken – direkt hinter der schwächelnden Inlandsnachfrage (70 Prozent) und den steigenden Arbeitskosten (59 Prozent).
Stimmen aus der Wirtschaft: Der US-Markt bleibt wichtig – trotz aller Un-sicherheiten
Bei einer Delegationsreise in die USA vor drei Wochen traf IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre zahlreiche deutsche Unternehmen vor Ort. Das Bild ist differenziert: Einerseits gibt es ein klares Bekenntnis zum US-Markt – allen Widrigkeiten zum Trotz. Die USA gelten weiterhin als Wachstumsmarkt und führender Innovationsstandort. Viele Betriebe denken langfristig und lassen sich von aktuellen politischen Unwägbarkeiten nicht entmutigen.
Zugleich bereiten Zölle, Wechselkurse, Fachkräftemangel und die restriktive Einwanderungspolitik vielen Unternehmen erhebliche Sorgen. Die Unsicherheit über künftige Handelsabkommen – etwa im Klimaschutz – erschwert zusätzlich die Planung. Einige Unternehmen versuchen daher, durch duale Ausbildungsprojekte nach deutschem Vorbild in den USA die Fachkräftelücke zu schließen. „Unsere Unternehmen senden ein klares Signal“, so Herre abschließend. „Sie wollen Partnerschaft statt Protektionismus. Dafür braucht es jetzt ein starkes, gemeinsames Zeichen der EU – für verlässliche Rahmenbedingungen und faire Wettbewerbschancen im transatlantischen Handel.“
Hintergrund:
Von der Zollentscheidung am Mittwoch sind sämtliche Waren betroffen – mit Ausnahme der Sonderzölle für die Automobilwirtschaft sowie Produkte aus Eisen und Stahl. Hier gilt derzeit ein zusätzlicher Zollsatz von 25 bzw. 50 Prozent.
Ergebnisse aus der IHK-Konjunkturumfrage zu den Exporterwartungen mit den USA:
- 53 Prozent der Unternehmen erwarten rückläufige US-Exporte in den kommenden zwölf Monaten, nur 14 Prozent rechnen mit einer Zunahme.
- 47,7 Prozent gehen davon aus, dass sie durch protektionistische US-Politik weniger exportieren werden.
- Gleichzeitig ziehen zehn Prozent eine teilweise Produktionsverlagerung an bestehende US-Standorte in Betracht, weitere 5,8 Prozent planen den Aufbau zusätzlicher Produktionskapazitäten in den USA.
- 23,3 Prozent der Firmen erwarten, dass Produkte aus Drittstaaten zu-nehmend Konkurrenz auf dem europäischen Markt machen werden.
- Nur 7,6 Prozent erhoffen sich bessere Marktchancen in den USA.