Pressemitteilung 2. Mai 2025

IHK-Umfrage zum Wirtschaftsstandort – Was die Unternehmen in der Region von der Politik erwarten

Susanne Herre: Investitionen dürfen nicht an den Prozessen scheitern

Die Unternehmen in der Region Stuttgart blicken mit gemischten Gefühlen auf den Koalitionsvertrag der Regierungsparteien. Denn für sie ist klar: Geld allein macht noch keinen starken Standort. Die Ergebnisse der aktuellen IHK-Standortumfrage zeigen deutlich, worauf es neben der Ankündigung von Investitionen, von Sondervermögen und neuen Spielräumen ankommt – und wo die Erwartungen der Wirtschaft an die Politik liegen.
„Auch bei einem größeren finanziellen Spielraum der öffentlichen Hand bleibt eines entscheidend: Investitionen dürfen nicht an überkomplexen Verwaltungsstrukturen scheitern“, sagt Susanne Herre, Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart. „Wir brauchen schlanke Prozesse in Behörden und Ministerien, damit Infrastrukturprojekte schneller vorankommen und die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts nicht weiter belastet wird.“ Positiv und überfällig seien die Pläne der künftigen Regierung, ein Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung einrichten zu wollen. „Eine digitale Verwaltung mit antragslosen Verfahren oder die Möglichkeit der Unternehmensgründungen in 24 Stunden lässt uns hoffen.“

Infrastruktur: Glasfaser & Mobilfunk oben

Eine funktionierende Infrastruktur bleibt einer der wichtigsten Standortfaktoren. Knapp 92 Prozent der befragten Unternehmen stufen die Verfügbarkeit und Qualität des Mobilfunknetzes als „wichtig“ oder „eher wichtig“ ein, dicht gefolgt vom Glasfaser- und Breitband-Internet (90 Prozent). 2022 war jedes zweite Unternehmen mit den beiden Faktoren unzufrieden, aktuell haben sich die Werte minimal verbessert.

Kosten: Standortattraktivität unter Druck

Lohnkosten (90 Prozent) sowie die Höhe der Gewerbe- und Grundsteuer (86 Prozent) gehören zu den Top 10 der wichtigsten Standortfaktoren – und gleichzeitig zu denen mit der höchsten Unzufriedenheit bei den Betrieben. Rund 69 Prozent der Unternehmen sind mit den kommunalen Steuerlasten unzufrieden oder eher unzufrieden (2022: 63 Prozent), knapp 64 Prozent mit den Lohnkosten (2022: 54 Prozent). Die Abgabenbelastung werde als zu hoch empfunden. Deshalb seien die Ansätze im Koalitionsvertrag zur Absenkung der Körperschaftssteuer sowie die neuen Möglichkeiten für Sonderabschreibungen ein guter Ansatz, sagt die IHK-Chefin und warnt gleichzeitig vor zusätzlichen kommunalen Steuern wie etwa der Verpackungssteuer.

Hohe Energiekosten – Unzufriedenheit bleibt

Zu den Standortfaktoren mit den niedrigsten Zufriedenheitswerten gehören auch die Energiepreise. 69 Prozent der Betriebe sind damit unzufrieden oder eher unzufrieden. Für Herre ist daher die im Koalitionsvertrag angekündigte dauerhafte Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß ein wichtiges Signal – ebenso wie das Absenken der Netzentgelte, „einer langen Forderung der IHK, die jetzt endlich im Koalitionsvertrag festgehalten ist“, so Herre.

Bürokratie: Wunsch nach Entlastung wächst weiter

„Unbürokratische Verfahren“ landen auf dem letzten Platz der Zufriedenheitsskala – knapp 74 Prozent der Unternehmen äußern hier Kritik. Das sind nochmals knapp vier Prozentpunkte mehr als 2022. „Diese Entwicklung sehen wir mit Sorge. Bekenntnisse zum Bürokratieabbau gibt es genügend, auch im Koalitionsvertrag. Aber offensichtlich hapert es an der Umsetzung. Wir werden hier nicht lockerlassen, bis die Entlastung spürbar ist.“ Wichtig bleibt auch der Faktor „Offenes Ohr für Unternehmen“. Das sagen mit 84 Prozent heute so viele wie vor drei Jahren – bei der Zufriedenheit gibt es allerdings deutlich Luft nach oben.

Fachkräftebindung: Infrastruktur und Lebensqualität zählen

Auch der Kampf um Fachkräfte bleibt ein zentrales Thema. Besonders das Bildungs- und Betreuungsangebot hat in der Wahrnehmung der Unternehmen stark verloren – 2022 waren damit rund 38 Prozent der Betriebe unzufrieden oder eher unzufrieden, heute sind das sieben Prozentpunkte mehr. Gleichzeitig zeigt sich: Faktoren wie Wohnraum, Mobilität und Versorgungssicherheit gewinnen an Bedeutung. „Die Unternehmen brauchen ein Umfeld, das qualifizierte Arbeitskräfte nicht nur anzieht, sondern auch langfristig bindet“, so Herre. „Der Standort Stuttgart hat enormes Potenzial – aber er braucht die richtigen Rahmenbedingungen, um es zu entfalten.“

Informationen zur Umfrage:

An der IHK-Standortumfrage haben 1271 Unternehmen aller Größe und Branchen aus der Region Stuttgart teilgenommen. Sie wurden zwischen dem 18. März und 7. April 2025 befragt.