IHK-Konjunkturumfrage: Industrie in der Region Stuttgart in schwieriger Lage

Susanne Herre: „Transformation als Chance nutzen“

Die Wirtschaft in der Region Stuttgart steckt weiter in einer schwierigen Phase. Nur noch 23 Prozent der Unternehmen bewerten ihre aktuelle Lage als gut – drei Prozentpunkte weniger als im Frühjahr. 48 Prozent sehen ihre Situation als befriedigend, 30 Prozent als schlecht. Damit steht die Region deutlich schlechter da als der Landesdurchschnitt in Baden-Württemberg.
Zum Vergleich: Landesweit bewerten 26 Prozent der Unternehmen ihre Lage als gut, 25 Prozent sagen, sie sei schlecht. Weniger als ein Fünftel der Betriebe in Baden-Württemberg rechnet mit einer Verbesserung der Geschäftslage in den kommenden zwölf Monaten, knapp ein Viertel hingegen mit einer Verschlechterung.

Lage der Industrie in der Region bleibt angespannt

Vor allem die in der Region stark vertretene Industrie leidet unter der schwachen Inlandsnachfrage, hohen Kosten und geopolitischen Spannungen. 42 Prozent der Industriebetriebe sprechen von einer schlechten Geschäftslage, im Frühsommer waren das 36 Prozent. Nur 13 Prozent bewerten die Lage als gut (FS 15 Prozent). Rückläufige Aufträge, steigende Arbeitskosten und eine abnehmende Investitionsbereitschaft belasten die Betriebe.
Baden-Württemberg zum Vergleich: Hier bewerten 32 Prozent der Industriebetriebe ihre Lage als schlecht, 20 Prozent sagen, sie sei gut – deutlich mehr als in der Region.
„Kaum eine Region spürt den industriellen Wandel so unmittelbar wie Stuttgart – aber wir wissen, wie man mit Veränderung umgeht und wie man daraus neue Stärke ziehen kann,“ sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Susanne Herre. „Entscheidend ist, dass wir jetzt die Weichen richtig stellen und unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern. Dazu gehört neben einer modernen Infrastruktur auch die gezielte Qualifizierung und lebenslanges Lernen. Dazu gehört aber auch eine bessere Nutzung der Potenziale älterer Beschäftigter, von Frauen und Zugewanderten und der klare Fokus auf Zukunftstechnologien – von Digitalisierung und KI bis hin zu GreenTech und Luft- und Raumfahrt.“

Region bleibt industrielles Schwergewicht

Trotz der angespannten Lage bleibt die Region Stuttgart eine der wirtschaftlich stärksten Deutschlands. Rund 30 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Produzierenden Gewerbe – deutlich mehr als bundesweit. Fahrzeugbau, Maschinenbau und unternehmensnahe Dienstleistungen prägen die regionale Wirtschaft. Mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigem von über 100.000 Euro gehört die Region weiterhin zur Spitzengruppe in Deutschland. „Die Region Stuttgart bleibt ein industrielles Schwergewicht,“ betont Herre. „Gleichzeitig sehen wir, dass der Strukturwandel durch Digitalisierung, Dekarbonisierung und den demografischen Wandel gerade hier besonders spürbar ist. Der Fachkräftemangel wird zur größten Herausforderung – bis 2035 könnten über 100.000 Stellen unbesetzt bleiben.“

Größtes Risiko: die schwache Inlandsnachfrage

Das größte Risiko bleibt die schwache Inlandsnachfrage: 71 Prozent der Unternehmen sehen sie als Gefahr für die kommenden zwölf Monate. Besonders der Handel leidet unter der geringen Kauflaune, aktuell melden 77 Prozent der Einzelhändler, dass ihre Kunden zurückhaltend beim Geldausgeben sind. Auch die Industrie spürt die Auftragsflaute. 38 Prozent der Industriebetriebe melden einen Rückgang der Aufträge, nur zehn Prozent einen Zuwachs.
Gleichzeitig entstehen neue Wachstumsfelder: In der Informations- und Kommunikationstechnologie, im Bauwesen und bei den wirtschaftsnahen Dienstleistungen zeigen sich positive Impulse. Beratungs- und Finanzdienstleister entwickeln sich weiterhin stabil, und auch der Wohnungsbau sendet erste Erholungssignale.

Wirtschaftspolitische Trendwende bleibt aus

Von der angekündigten wirtschaftspolitischen Trendwende ist bei den Unternehmen bislang wenig angekommen. 40 Prozent der Betriebe sehen die aktuelle Wirtschaftspolitik als Risiko für ihre Entwicklung. Die IHK-Chefin fordert daher, Entlastungen und Strukturreformen endlich spürbar umzusetzen. „Der angekündigte Herbst der Reformen darf kein leeres Versprechen bleiben,“ mahnt Herre. „Was die Betriebe brauchen, sind schnellere Genehmigungen, verlässliche Energiepreise und eine Wirtschaftspolitik, die Innovation nicht behindert, sondern beflügelt. Deutschland darf sich keine weiteren Verzögerungen leisten.“

Hintergrund zur Umfrage:

An der IHK-Konjunkturumfrage für den Herbst 2025 haben sich vom 15. September bis 2. Oktober 2025 in der Region Stuttgart gut 1000 Unternehmen aller Größen und Branchen beteiligt.