Naturparadies im Gewerbegebiet

Hier brummt nicht nur das Geschäft

Grasmücke, Stieglitz und Molch sind nicht die üblichen Kunden des Ludwigsburger Werkzeugspezialisten Hahn+Kolb. Und dennoch sind sie auf dem Firmengelände anzutreffen. Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen bestätigt dem Unternehmen regelmäßig eine hohe Artenvielfalt rund um die Firmenzentrale in Ludwigsburg, darunter seltene und bedrohte Pflanzen und Tiere.
Firmengelände
134 verschiedene Pflanzen, 23 Vogelarten, elf Tagfalter und zwölf Libellenarten – wenn es jetzt Frühling wird, beginnt es auf dem Betriebsgelände wieder zu zwitschern, zu summen und zu brummen. Darunter tummeln sich auch zahlreiche Raritäten wie das Sechsfleckwidderchen, ein selten gewordener Schmetterling. Allein unter den auf dem Grundstück lebenden Vogelarten finden sich acht, die auf der Roten Liste stehen. Allein im vergangenen Jahr wurden drei neue Libellenarten nachgewiesen, darunter die in Baden-Württemberg auf der Vorwarnliste stehende, saphirblau schillernde Pokaljungfer. „Damit ist die Biodiversität in dieser Gewerbefläche eindeutig höher als vor ihrer Bebauung“, so Prof. Roman Lenz von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, der das Projekt mit seinem Team wissenschaftlich begleitet und durch regelmäßige Bestandsaufnahmen den Erfolg kontrolliert. 2019 erhielt das Unternehmen für das Projekt die Auszeichnung der UN-Dekade Biologische Vielfalt.

Auch die Menschen fühlen sich wohl

Und auch die Menschen fühlen sich auf dem Gelände sehr wohl – beim Spazierengehen oder auf einer der vielen Bänke, auf denen die Mitarbeitenden gerne ihre Pause verbringen. Erreicht wurde das alles durch die besondere Gestaltung des Geländes mit einem naturschutzfachlich angepassten Nutzungs- und Pflegekonzept.
Vor genau zehn Jahren hat sich Hahn+Kolb entschieden, bei der Gestaltung der Außenanlagen des neuen Vertriebs- und Logistikzentrums am Stammsitz Ludwigsburg vielfältige Biotope statt eintöniger Rasenflächen zu entwickeln. Beim Bau wurde deshalb der alte Baumbestand weitgehend erhalten. Hinzu kamen ein Retentionsbecken für das Regenwasser vom Dach des Logistikzentrums, einige Steinriegel, eine Streuobstwiese, Totholzstapel und verschiedene Heckentypen mit einheimischen Sträuchern.
Firmenzentrale
Auch Vorschläge der Mitarbeiter tragen Früchte – beispielsweise nach der Installation eines Nistkastens für Turmfalken: Im vergangenen Jahr nistete wieder ein Paar am Logistikgebäude, drei Jungvögel flogen aus. Auch Mauersegler, Stare und Wacholderdrosseln brüten hier – letztere auch schon mal in einer Kübelpflanze nahe dem Haupteingang. Spezielle Nisthilfen bieten zudem Höhlenbrütern, Fledermäusen, Wildbienen, Hummeln und Hornissen Quartier.

Beispiel für andere Unternehmen

Geschäftsführerin Katrin Hummel wertet das Projekt als großen Erfolg über den direkten ökologischen Nutzen hinaus. „Die Auseinandersetzung mit den Umweltthemen hat bei uns früh zu zahlreichen Veränderungen in den Abläufen und Prozessen geführt“, sagt sie. „Heute profitieren wir von unserer Vorreiterrolle: Immer mehr Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter nehmen umweltbewusstes Handeln positiv wahr und treffen dementsprechend ihre Entscheidung.“ Mittlerweile zieht sich das Thema Nachhaltigkeit bei Hahn+Kolb durch alle Bereiche. So wird bei den Produkten und Verpackungen auf nachwachsende Rohstoffe, auf kurze Transportwege und sozialverträgliche Herstellung geachtet.
Doch zurück zur Gestaltung der Außenanlagen, die gut die Hälfte des 48.000 Quadratmeter großen Firmengeländes einnehmen. „Wir würden uns freuen, wenn unser Beispiel von anderen Unternehmen aufgegriffen wird“, sagt Jan Beinecke, der bei Hahn+Kolb für das Nachhaltigkeitsimage verantwortlich ist.