Ideen für den Handel

Jobcard als win-win-win-win-Idee

Guthaben- oder Treuekarten, die die ­Kunden zum Shoppen vor Ort animieren sollen, gibt es inzwischen in vielen Kommunen. Sie alle haben einen großen Nachteil: sobald man die Gemarkungsgrenze überschritten hat, sind sie wertlos. Das ist zwar so gewollt, aber gerade in kleinen ­Gemeinden nicht wirklich attraktiv.

„Wir haben eine Idee gesucht, wie dieses Dilemma gelöst und gleichzeitig Wirtschaft und Touristik enger zusammen­gebracht werden können“, erzählt Werner Bader, Geschäftsführer des Remstal ­Tourismus e.V. Herausgekommen ist die „Jobcard“. Das ist eine Karte, mit der ­Arbeitgeber ihren Mitarbeitern jeden ­Monat ein Guthaben von bis zu 50 Euro aufladen können – steuerfrei und zusätzlich zum Gehalt. Verwendet werden kann dieses Guthaben zum Shoppen und ­Genießen im gesamten Remstal. Das sind immerhin 21 Mitgliedsgemeinden auf 80 Kilometern - von Essingen bis Fellbach.

Das Ziel: Arbeitskräfte halten

Die Idee entstand, nachdem der Verein eine Umfrage bei 200 ­Mitgliedsbetrieben durchführte, um herauszufinden, wie er sie noch besser unterstützen könnte. Einhellige Antwort: Etwas anbieten das hilft, die Arbeitskräfte im Tal zu halten und neue zu gewinnen.
„Die Liste der Angebote, die heutzutage unter Stellenanzeigen steht, ist ja immer länger geworden. Da ist es schwer, sich abzuheben“, sagt Christina Lauber, ­Personalchefin  der Klingele Papierwerke. Der Spezialist für Wellpappe fungiert als Pilotbetrieb. Überzeugt hat die Geschäftsleitung, dass die Karte - anders etwa als Tankgutscheine - etwas Nachhaltiges schafft und etwas, das die ­(potenziellen) Mitarbeiter in ihrer Freizeit erfahren lässt, wie schön es hier ist. Wer möchte schon woanders leben, wenn er das Remstal kennt?

Bei Klingele gibt es die Karte bereits

Seit August kommen die 300 Klingele-Mitarbeitern am Standort Grunbach  in den Genuss der Karte. Für die Personalabteilung bedeutete das keine Umstellungs-Überstunden, denn  das System ist so konzipiert, dass die Karte automatisch im Rahmen der monatlichen Gehaltszahlung aufgeladen werden kann - also auch für kleinere Unternehmen kein Problem. Auf die Karte kann das eigene Firmenlogo aufgedruckt werden.
Dass die Jobcard als „Goodie“ steuer- und sozialabgabenfrei ist, liegt an der gesetzlichen Regelung zum „steuerfreien Sach­bezug“. Er erlaubt es Arbeitgebern, ihren Mitarbeitern bis zu 50 Euro „brutto für netto“ monatlich zukommen zu lassen. Bei besonderen Ereignissen wie Geburtstagen oder Jubiläen kommen weitere 60 Euro anlassbezogen hinzu. Während sich also eine Gehaltserhöhung um 50 Euro auf dem Konto gegen Null auswirkt, kommt das Geld so 1:1 beim Mitarbeiter an. Das gilt auch für Minijobber und Aushilfen, für die das noch einmal extra attraktiv sein dürfte.
Dann ist der Fisch putzt

Remstal-Tourismus-Geschäftsführer Werner Bader darüber, wie einfach das Jobcard-System funktioniert

Attraktiv und unkompliziert ist es auch für die andere Seite, die sogenannten „Akzeptanzstellen“, also die Anbieter, bei ­denen man mit der Karte bezahlen kann. Sie können die Jobcard nämlich wie eine EC-Karte behandeln: einfach durch das Terminal ziehen. Nur zu Beginn ist die einmalige Einrichtung nötig, „dann ist der Fisch putzt“, lächelt Bader.
Schon gibt es um die 100 Akzeptanz­stellen, vor allem Weingüter und Gast­höfe. Aber auch Einzelhändler und Freizeit­einrichtungen sind dabei. Welche es sind, findet man unter dem QR-Code auf jeder Karte. Dabei lohnt es sich, immer mal wieder draufzuschauen, denn das Angebot soll sukzessive erweitert werden.

Der Verband Region Stuttgart gibt 100 000 Euro dazu

Für das Projekt hat der Remstal Tourismus e.V. 97.500 Euro in die Hand genommen. Dieselbe Summe kam noch einmal aus der Kasse des Verbandes Region Stuttgart hinzu. Das reichte nicht nur für die Entwicklung der Karte, sondern zusätzlich für die Schaffung einer Halbtags­stelle für eine „Kümmererin“, die die konkreten Abläufe managt.
Werbung läuft inzwischen auf zwei Seiten: einerseits sollen so viele ­Unternehmen wie möglich für die Jobcard gewonnen werden, andererseits soll es möglichst viele Akzeptanzstellen geben.
Papier war einfach nicht mehr zeitgemäß und überhaupt ziemlich aufwändig zu händeln

Christina Lauber, ­Personalchefin  der Klingele Papierwerke erklärt, warum sie die Jobcard nutzt

Die Firma Klingele jedenfalls ist von der Idee begeistert. „Wir geben ja schon lange Gutscheine zu besonderen Ereignissen, aber das Papier war einfach nicht mehr zeitgemäß und überhaupt ziemlich aufwändig zu händeln“, erzählt Lauber. Und Bader nennt die Karte eine „win-win-win-win“-Idee: für das Arbeitgebermarketing der Unternehmen, für die Mitarbeiter, für die mitmachenden Händler und Dienstleister und schließlich für das Remstal als Wirtschafts- und Tourismusregion.

Dr. Annja Maga, Redaktion Magazin Wirtschaft, für Rubrik „Menschen und Ideen”