Magazin Wirtschaft

„Bürokratieabbau ist keine Raketenwissenschaft“

Beim Frühjahrsempfang der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen machte  Gastredner Dr. Dieter Salomon deutlich, wie wichtig es ist, die überbordende Bürokratie einzudämmen.
Dr. Dieter Salomon
Zum Frühjahrsempfang der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen im Großen Saal der Nürtinger Stadthalle waren 300 Gäste geladen, darunter Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Bildung. Im Mittelpunkt stand das Thema Bürokratieabbau im Zusammenhang mit dem Normenkontrollrat.

“Wolkige Aussichten” für die Zukunft

Den Abend eröffnete die HöGy Bigband vom Hölderlin-Gymnasium Nürtingen mit „I’m still standing“ und „Don’t know why“. Im Anschluss gaben Heike Kauderer, Präsidentin der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen und  Christoph Nold, Leitender Geschäftsführer der IHK-Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, einen Überblick über das vergangene Jahr und einen Ausblick auf die Zukunft.
Dr. Susanne Herre, Heike Kauderer, Christoph Nold
Dr. Susanne Herre, Heike Kauderer, Christoph Nold © Fotoalelier Ebinger
„IHK lohnt sich, IHK bewegt was“, war Kauderers Fazit. Unter anderem hob sie die sehr erfolgreiche Praktikumswoche Baden-Württemberg hervor. Der Landkreis Esslingen hatte die meisten teilnehmenden Betriebe in Baden-Württemberg. Christoph Nold skizzierte für die Zukunft „wolkige Aussichten“: Solange es keine klaren politischen Rahmenbedingungen gäbe, blieben die Impulse aus und letzten Endes die Investitionsentscheidungen der Unternehmen zurückhaltender.

Gefahr für die Demokratie

Unter dem Blickwinkel der Bürokratie knüpfte Gastredner Dr. Dieter Salomon in seiner Rede an die „wolkige Aussichten“ an. „Es kann so nicht weiter gehen, der Bürokratismus ist ein Standortnachteil und gefährdet auch die Demokratie“, so Salomon, Vorsitzender des Normenkontrollrates und Hauptgeschäftsführer der IHK Südlicher Oberrhein. Zu den Top-3-Problemen bei den Unternehmen gehöre die ausufernde Bürokratie. Die großen Unternehmen hätten dadurch ein Kostenproblem und die kleinen litten darunter, weil sie die Last nur schwer stemmen können.
Viele Gesetze sind
handwerklich nicht gut
Salomon appellierte an die Politik: „Wir haben was verschlafen, das müssen wir nachholen.“ Insbesondere das Streben nach Einzelfallgerechtigkeit, das in Deutschland praktiziert wird, sei ein großes Problem. „Viele Gesetze sind handwerklich nicht gut“, stellte Salomon zudem fest. Der Normenkontrollrat als Beratungsgremium führt dazu sogenannte Praxischecks durch. Um dann Vorschläge zu liefern, „an welchen Stellen entrümpelt werden muss“. Letzten Endes brauche es den politischen Willen: „Der Bürokratieabbau ist keine Raketenwissenschaft“, sagte Salomon, der als ehemaliges Mitglied des Landtages Baden-Württemberg auch die Sicht der Politik kennt.
Frühjahrsempfang in Nürtingen
Frühjahrsempfang in Nürtingen © Fotoalelier Ebinger
Zum Ausklang des offiziellen Teils waren Vanessa Bachofer, Präsidiumsmitglied der IHK Region Stuttgart und geschäftsführende Gesellschafterin der Mack & Schneider GmbH sowie Dr. Dieter Salomon im Dialog und beantworteten unter anderem Fragen aus dem Publikum. „Unter besonderen Umständen wie der Covid Pandemie oder bei Lieferkettenzusammenbrüchen ist die Bürokratie eine doppelte Belastung“, erklärte Bachofer. Das frustriere die Mitarbeitenden und trübe die Stimmung.

“Österreich ist uns 20 Jahre voraus”

Salomon erklärte, dass Bürokratie auch ein Mentalitätsproblem sei. Auf eine Frage aus dem Publikum hin, wo es denn besser laufe, nannte Salomon Österreich. „Österreich ist uns 20 Jahre voraus, was das Thema angeht“, so Salomon. Dort wurde Anfang der 2000er Jahre der Bürokratieabbau durch die Politik vorangetrieben. Bachofer fügte hinzu, dass man die EU-Abgeordneten in die Pflicht nehmen müsse.